Applikationen und Services aus der Cloud zu beziehen, ist inzwischen auch in Deutschland selbstverständlich - vordergründig zumindest. Tatsächlich sind viele Anwender über das Stadium erster Cloud-Erfahrungen als Ausbaustufe früherer Managed Services noch nicht hinausgekommen. Vorbehalte gibt es in Hinblick auf regulatorische Hindernisse, Datensicherheit sowie die Migration von Legacy-Anwendungen. Die COVID-19-Pandemie hat die Betriebe nun zu schnellem Handeln gezwungen - und dabei wie ein Brennglas den Status in puncto Transformation offengelegt. Zu dieser Einschätzung gelangten Branchenexperten im Rahmen eines Roundtables "Hybrid IT" auf Einladung der COMPUTERWOCHE.
Hat das Coronavirus die Begeisterung das Digitalisierungstempo gebremst? Für Tobias Regenfuß, Executive Partner bei Accenture, ist dies nicht der Fall: "Die COVID-19-Pandemie hat vor allem den Trend zur Cloud positiv beeinflusst. Laut den Umfragen, die ich kenne, und aufgrund der Signale, die ich aus dem Markt empfange, investieren die CIOs eher mehr als weniger in die Cloud. Man hat während des Lockdowns gesehen, wie stark der Einsatz von Cloud-Technologien zur Resilienz der IT-Systeme beiträgt. Das betrifft nicht nur den Arbeitsplatz aus der Cloud, sondern auch Aspekte der IT Security und die Fähigkeit, Lastveränderungen flexibel abzufedern."
Dominic Schulz, Vice President Hybrid Cloud für die Region Deutschand, Österreich und Schweiz (DACH) bei IBM, sieht es ähnlich: "COVID-19 hat mit Sicherheit die Digitalisierung beschleunigt. Unternehmen, die bis dato bei der Transformation noch zurückhaltend agierten, mussten quasi über Nacht mehrere Gänge hochschalten. Da waren dann Themen wie der virtuelle Desktop oder High-Speed-Datentransfer der große Renner. Es war schon interessant zu sehen, wie plötzlich riesige Datenmengen zu ganz anderen Orten unterwegs waren - mit allen Auswirkungen auf Stabilität und Netzbandbreite."
- Tobias Regenfuss, Accenture
Die Covid-19-Pandemie hat den Trend zur Cloud positiv beeinflusst. Laut den Umfragen, die ich kenne, und aufgrund der Signale, die ich aus dem Markt empfange, investieren die CIOs eher mehr als weniger in die Cloud. Man hat während des Lockdowns gesehen, wie stark der Einsatz von Cloud-Technologien zur Resilienz der IT-Systeme beiträgt – das betrifft nicht nur den Arbeitsplatz aus der Cloud, sondern auch Aspekte der IT-Security und die Fähigkeit, Lastveränderungen flexibel abzufedern. - Marcus Borchert, adesso
Wir haben gesehen, dass viele Unternehmen größte Mühe hatten, während des Lockdowns die eigenen Mitarbeiter im Home- Office so auszustatten, dass sie produktiv arbeiten konnten. Gleichzeitig sind viele strategische Themen zunächst auf Eis gelegt. Ich würde mir wünschen, dass jetzt aber vielerorts die Erkenntnis gereift ist, dass die richtige Antwort auf die Covid-19-Pandemie nicht weniger, sondern noch mehr Digitalisierung ist. - David Reher, Brockhaus
Grundsätzlich sehe ich zumindest in der Versicherungswirtschaft nicht, dass der eigene Großrechner zur Disposition steht. Die vielen zum Teil selbst entwickelten Programme zur Bestandsverwaltung sowie das Thema Datensicherheit – nehmen Sie als Beispiel sensible Patientendaten – sprechen hier eindeutig dagegen. - Dominic Schulz, IBM
Covid-19 hat mit Sicherheit die Digitalisierung beschleunigt. Unternehmen, die bis dato bei der Transformation noch zurückhaltend agierten, mussten quasi über Nacht mehrere Gänge hoch schalten. Da waren dann Themen wie der virtuelle Desktop oder High-Speed-Datentransfer der große Renner. Es war schon interessant zu sehen, wie plötzlich riesige Datenmengen zu ganz anderen Orten unterwegs waren – mit allen Auswirkungen auf Stabilität und Netzbandbreite. - Jürgen Brombacher, matrix technology
Dass sich Office365, Videokonferenzen und Collaboration-Plattformen aus der Cloud im Zuge der Pandemie als Renner erwiesen haben, würde ich unterschreiben. Anders sieht es meines Erachtens bei Kernanwendungen und bei den klassischen Infrastrukturt-Themen aus. Viele Unternehmen sind schlichtweg noch nicht reif für die Cloud, jedenfalls im Legacy-Umfeld. - Heinz Bruhn, Rackspace
Es sollte schon erlaubt sein, darauf hinzuweisen, dass der Betrieb eines eigenen Data Centers auch ein signifikantes CAPEX Thema darstellt. Die betriebswirtschaftlichen Aspekte werden angesichts der aktuellen Krise ja noch wichtiger. Ich würde insofern nicht per se unterschreiben, dass die alte Legacy-Welt und der eigene Host auf ewig eine Bestandsgarantie haben müssen. Es wird vielmehr eine Symbiose zwischen dem eigenen RZ und der Cloud-Welt geben. Die Beschleunigung der Digitalisierung führt bei Unternehmen zu wesentlich mehr Cloud- Native- Anwendungen und Software-as-a-Service-Lösungen, um die entsprechenden Benefits daraus zu generieren. - Peter Schmidt, Syntax
Alles, was ad -hoc notwendig war, um den Betrieb des Unternehmens weitgehend aus dem Home- Office heraus sicherzustellen, wurde mit höchster Priorität umgesetzt. Hier wäre vieles ohne die Public Cloud zumindest in dieser Geschwindigkeit nicht umsetzbar gewesen.
Homeoffice Enabler Cloud
Die Cloud dürfte in den meisten Unternehmen tatsächlich das Managen des Lockdowns viel leichter gemacht haben. Das gilt zumindest für die flächendeckende Verlagerung der betrieblichen Abläufe ins Homeoffice, soweit diese nicht die klassische Fertigung und die Supply Chain betrafen. Peter Schmidt, Experte für Public Cloud bei Syntax, bestätigt das: "Alles, was ad hoc notwendig war, um den Betrieb des Unternehmens weitgehend aus dem Homeoffice heraus sicherzustellen, wurde mit höchster Priorität umgesetzt. Hier wäre vieles ohne die Public Cloud zumindest in dieser Geschwindigkeit nicht umsetzbar gewesen."
Doch Office-Anwendungen und Videokonferenzen sind etwas anderes als die Portierung von Kernanwendungen. Jürgen Brombacher, Senior Strategy Consultant bei Matrix Technology, legt den Finger in die Wunde: "Dass sich Office365, Videokonferenzen und Collaboration-Plattformen aus der Cloud im Zuge der Pandemie als Renner erwiesen haben, würde ich unterschreiben. Anders sieht es meines Erachtens bei Kernanwendungen und bei den klassischen Infrastrukturthemen aus. Viele Unternehmen sind schlichtweg noch nicht reif für die Cloud, jedenfalls im Legacy-Umfeld."
IBM-Manager Schulz schlägt in dieselbe Kerbe: "Wenn man bei vielen Unternehmen, die eine Cloud-First-Strategie für sich postulieren, genauer hinschaut, stehen diese zum Teil noch in den Startlöchern. Es zeigt sich oft, dass IT-Infrastrukturen, Anwendungen und Prozesse noch nicht auslagerungsfähig sind." Hinzu kämen Bedenken hinsichtlich regulatorischer Anforderungen und Datenschutz.
Informationen zu den Partner-Paketen der Studie 'Hybrid IT Management'
- Google Meet
Google Meet ermöglicht web-basierte Video- und Telefonkonferenzen. In der ab Mai verfügbaren Gratisversion erlaubt der Dienst Konferenzen mit bis zu 100 Teilnehmern mit einer Dauer von maximal 60 Minuten - diese Einschränkung tritt aber erst ab Oktober 2020 in Kraft. Wie die meisten Google-Dienste ist Meet für Google Chrome und andere Browser auf Chromium-Basis konzipiert und funktioniert hier ohne Plugins. Daneben sind mobile Anwendungen für Android und iOS verfügbar. - Facebook Messenger Rooms
Mit Messenger Rooms können Nutzer direkt von Messenger oder Facebook aus einen Konferenzraum einrichten und bis zu 20 - später 50 - Teilnehmer zu einem Videotelefonat einladen - auch wenn sie kein Facebook-Konto haben. Eine zeitliche Begrenzung gibt es nicht. Die Teilnahme ist via Smartphone oder PC über den Browser möglich und erfordert laut Facebook keine Downloads. Nutzer der Messenger-App haben allerdings Zugriff auf diverse AR-Effekte (z.B. Hasenohren) und neue KI-gestützte Funktionen wie immersive 360-Grad-Hintergründe und stimmungsvolle Beleuchtung. - Skype
Als wohl bekanntester VoIP-Dienst bietet Sype auch eine Reihe von Video-Chat- sowie Videokonferenz-Funktionen. Skype for Business wurde inzwischen von Microsoft durch die Teams-Plattform ersetzt. - Teams
Der Nachfolger von Lync und Skype for Business ist kein alleinstehendes Produkt, sondern ein Teil der Microsoft Office 365 Suite. Allerdings ist Teams kostenlos verfügbar und eignet sich mit bis zu 300 Mitgliedern für kleine Unternehmen. Auch Gastzugang sowie Einzel- und Gruppen-Videotelefonate, Bildschirmfreigabe sind an Bord. - Google Duo
Google Duo ist als kostenloses Videotelefonie-Tool in erster Linie für Privatanwender konzipiert. Die maximale Anzahl der Teilnehmer wurde in der Android- und iOS-App erst vor kurzem von acht auf zwölf Personen erhöht und soll laut Google weiter steigen. Duo steht als Web-Applikation für PC, Mac und Chromebook sowie als Mobile App für Android- und iOS-Geräte zur Verfügung. - Jitsi Meet
Eine einfach nutzbare Lösung für Videokonferenzen, die aber dennoch viele Funktionen anbietet, ist Jitsi Meet. Die kostenlose Lösung basiert auf dem offenen WebRTC-Standard und kann auf dem PC direkt und ohne Registrierung im Browser (Chrome) genutzt werden. Für Smartphones und Tablets stehen Apps (Android, iOS) bereit. - Whereby
Kostenlos für Videokonferenzen mit bis zu vier Teilnehmern ist der norwegische Dienst Whereby (früher appear.in). . Die Lösung ist WebRTC-basiert, das heißt, die Gäste können sich einfach und ohne Registrierung über den Browser zuschalten. Optional stehen Apps für Android und iOS zur Verfügung. - Tinychat
Nach erfolgter Registrierung bietet das kostenlose Tinychat die Möglichkeit schnell und bequem eine neue Video-Konfernez zu eröffnen. Hierzu muss lediglich einen neuer "Room" erstellt und die generierte URL an die Konferenzteilnehmer verschickt werden. - Lifesize
Lifesize bietet Unternehmen, die von der Coronavirus-Epidemie betroffen sind über einen Zeitraum von sechs Monaten kostenlose Lizenzen an. Meetings und Anrufdauer sind unbegrenzt - dabei steht die Lifesize-Lösung sowohl für Desktops, als auch für Mobilgeräte zur Verfügung. - Zoom
Zoom positioniert sich als einer der führenden Anbieter für Videokonferenzen. Das Tool zeichnet sich in erster Linie durch die einfache Nutzung und ein attraktives Freemium-Angebot aus: Bereits mit der kostenlosen Version sind Videokonferenzen mit bis zu 100 Teilnehmern möglich. - GoToMeeting
LogMeIn hat seine Videokonferenzsoftware GoToMeeting Ende 2019 komplett überarbeitet und neue Funktionen implementiert. Unter anderem funktioniert die Lösung nun im Browser via WebRTC sowie über Desktop- und Mobile-Apps. Die Abopläne beginnen bei 10,75 Euro pro Monat und Host für die Professional-Version. - WebEx
Cisco bietet WebEx im Zuge der Coronavirus-Pandemie bis auf weiteres kostenlos an. Zeitlich unbegrenzte Meetings mit bis zu 100 Teilnehmern, HD-Video, Audio-Einwahl, persönlicher Konferenzraum, Bildschirmfreigabe auf Desktop- und Mobilgeräten, sowie 1GB Cloud-Speicher und Aufzeichnungen sind inklusive.
Legacy-Migration polarisiert
Warum aber sind nach mehr als einer Dekade Cloud Computing Themen wie Migration, Sicherheit und Compliance immer noch aktuell? Ein Grund dürfte sein, dass die Migration essenzieller Workloads in die Cloud nach wie vor als zu komplex und zu teuer gilt. Dies vor allem vor dem Hintergrund, dass in diversen Branchen, vornehmlich bei den Banken und Versicherungen, bis dato alte Großrechneranwendungen das Rückgrat der meisten unternehmenskritischen Transaktionen bilden, häufig in Form über Jahrzehnte gewachsener Silos.
Brombacher formuliert es so: "Gerade im Umfeld der Banken und Versicherungen nehme ich eine sehr heterogene Einstellung wahr. Einerseits sehe ich großes Interesse an den Themen Hybrid beziehungsweise Public Cloud. Andererseits gibt es weiterhin große Bedenken hinsichtlich Sicherheit und regulatorischer Anforderungen. Trotz des neu verabschiedeten Standards freunden sich derzeit nur wenige Unternehmen damit an, Teile ihrer Legacy-Anwendungen und Kernsysteme auszulagern. Sie scheuen den Aufwand, die vermeintlichen Kosten und insbesondere das Auditing."
David Reher, Berater bei der Brockhaus AG, urteilt ähnlich: "Grundsätzlich sehe ich zumindest in der Versicherungswirtschaft nicht, dass der eigene Großrechner zur Disposition steht. Die vielen zum Teil selbst entwickelten Programme zur Bestandsverwaltung sowie das Thema Datensicherheit - zum Beispiel sensible Patientendaten - sprechen hier eindeutig dagegen."
Legacy-Anwendungen bremsen also noch immer die Transformation - in einer Zeit, in der technologisch alles in Richtung agile Methoden, Microservices und Container-Technologie weist. Immerhin: Es geht heute nicht mehr um die Frage, ob, sondern wie sich die Cloud-Migration realisieren lässt. IT-Entscheider überlegen, wie sie neue Plattformen, Automatisierung, gut orchestrierte Hybrid-Cloud-Szenarien sowie eine grundlegende Anwendungsmodernisierung umsetzen können.
Laut aktuellen Umfragen - unter anderem der jüngsten IDG-Studie "Managed Services 2020" - planen immer mehr Betriebe, einen signifikanten Teil ihrer Infrastruktur- und Applikationslandschaft in die Public Cloud auszulagern. Große Konzerne wie Deutsche Bahn und Volkswagen gelten hier als prominente Vorreiter. In diesen Unternehmen wandern Altanwendungen in die Cloud-Umgebungen der Hyperscaler, gleichzeitig werden auch neue "Cloud-Native"-Anwendungen entwickelt und betrieben.
Studie "Hybrid IT Management": Sie können sich noch beteiligen! |
Zum Thema Hybrid IT Management führt die COMPUTERWOCHE derzeit eine Multi-Client-Studie unter IT-Entscheidern durch. Haben Sie Fragen zu dieser Studie oder wollen Sie Partner werden, helfen Ihnen Frau Regina Hermann (rhermann@idgbusiness.de, Telefon: 089 36086 384) und Frau Nicole Bruder (nbruder@idg.de, Telefon: 089 360 86 137) gerne weiter. Informationen zur Hybrid IT Management-Studie finden Sie auch hier zum Download (PDF). |
"Die Cloud ist kein Allheilmittel"
Doch damit die Cloud-Migration gelingt, kommen IT-Organisationen nicht drum herum, für eine ausreichende Datenqualität zu sorgen und ihr Applikationslandschaft in Ordnung zu bringen. Über all dem steht die Notwendigkeit einer verbindlichen Prozess- und Digitalstrategie. Noch einmal Jürgen Brombacher: "Es ergibt wenig Sinn, via Lift & Shift alles in die Cloud zu bringen und danach erst aufzuräumen - in der Hoffnung, dass es dann irgendwann billiger wird. Diese Hoffnung trügt und führt zu der Erkenntnis, dass die Cloud kein Allheilmittel ist und bei mangelnder Vorbereitung und fehlender Strategie zunächst eher alles teurer wird."
Er kenne keinen CIO, so der Matrix-Technology-Manager weiter, der bereit wäre, jetzt Mehrkosten in Kauf zu nehmen und sich damit auf eine sehr unsichere Wette einzulassen. Also gehe es darum, "den eigenen Transformationsprozess so zu gestalten, dass Anwendungen, Plattformen, Prozesse und vor allem auch Daten und deren Verwendung so transparent gemacht und gemäß Schutzbedarf kategorisiert werden, dass man sinnvoll die eigene IT clustern und portionsweise in eine Private, Public und/oder Hybrid Cloud auslagern kann".
Peter Schmidt von Syntax sieht das ähnlich. "Man sollte die Diskussion über die Public Cloud nicht um ihrer selbst willen führen, sondern immer fragen: Was verbinde und bezwecke ich damit? Will ich nur in Teilbereichen mit neuen Cloud-nativen Anwendungen smarter und agiler werden? Oder will ich stattdessen oder ergänzend auch das eigene Data Center zur Disposition stellen? Die Antworten fallen in jedem Unternehmen zwangsläufig unterschiedlich aus, setzen aber immer eine vorhandene Cloud-Strategie und Governance voraus. Eine Migration in die Cloud ist nicht nur ein Prozess- und Technologiethema, sondern in erster Linie eine Strategiefrage und eine Führungsaufgabe."
Auch für Heinz Bruhn, Solution Director bei Rackspace, ist in den Anwenderunternehmen noch einiges an vorbereitenden Maßnahmen für einen erfolgreichen Weg in Richtung Hybrid-IT zu erledigen. Ungeachtet dessen ist für den Experten das eigene Data Center eher ein Auslaufmodell. Bruhn: "Es sollte schon erlaubt sein, darauf hinzuweisen, dass der Betrieb eines eigenen Data Centers auch ein signifikantes CAPEX Thema darstellt. Die betriebswirtschaftlichen Aspekte werden angesichts der aktuellen Krise ja noch wichtiger. Ich würde insofern nicht per se unterschreiben, dass die alte Legacy-Welt und der eigene Host auf ewig eine Bestandsgarantie haben müssen. Es wird vielmehr eine Symbiose zwischen dem eigenen RZ und der Cloud-Welt geben. Die Beschleunigung der Digitalisierung führt bei Unternehmen zu wesentlich mehr Cloud-Native-Anwendungen und Software-as-a-Service-Lösungen, um die entsprechenden Benefits daraus zu generieren."
- Robin Parr, Neos
"Wie stark der Impact von Cloud-native ist, sieht man auch an Themen wie DevOps: Während Entwicklung und Betrieb in traditionellen Umgebungen möglichst nah zusammenwachsen, existiert diese Trennung bei Cloud-native schon gar nicht mehr: „Dev" und „Ops" sind dort ein und dieselbe Person." - Heinz Bruhn, Rackspace
"Cloud-native bedeutet mehr Freiheit, die gleichzeitig mit gestiegenen Ängsten bei den Unternehmen einher geht – auf prozessualer, auf technologischer und nicht zuletzt auf organisatorischer Ebene. Um diese zu adressieren, braucht es die Bereitschaft der Geschäftsführung, auf jeder dieser Ebenen die notwendigen Veränderungen anzustoßen." - Matthias Kranz, Red Hat
"In der Diskussion mit Kunden treten wir häufig ganz bewusst einen Schritt zurück und fragen: Warum soll es überhaupt die Cloud sein? Auf der Basis dieser Frage gilt es dann, eine klare Strategie zu formulieren und nicht einfach „Lift and Shift” zu betreiben. Das gilt auch und vor allem für die kulturelle Ebene: Gerade in großen Unternehmen führt eine allzu schnelle Migration zu Unsicherheit und auch zu Widerstand. Erst wenn der Nutzen klar wird, verschwinden die Ängste." - Rene Funk, Maturity
"DevOps ist grundsätzlich der richtige Ansatz, wenn es von der Organisation entsprechend konsequent umgesetzt wird –- strukturell und kulturell. Vergleiche mit traditionellen Methoden belegen, dass dann die Abstimmung zwischen Angebot und Nachfrage schneller läuft, Fehlerquoten sinken und unter dem Strich die Applikations-TCO reduziert wird." - Marcus Flohr, Delphix
"Wir können uns Prozesse und Technologien ausdenken, wie wir wollen: Wenn die richtige kulturelle Basis nicht da ist, dann laufen wir gegen Wände. Diese Voraussetzungen schaffen wir aber nur in einem kontinuierlichen Prozess, der die gesamte Organisation betrifft. Eine Ausgründung in Form eines Start-ups kann oft auch ein Entwicklungshemmer sein, da die generierten Innovationen es nicht in die Mitte des Unternehmens schaffen." - Simon Fleischer, ConSol
"An die Stelle von technischem Know-how tritt in Cloud-native-Umgebungen das Business-Know-how, das den Nutzen einer Technologie in den Vordergrund stellt. Vor allem mit Blick auf den Fachkräftemangel ergeben sich für viele Unternehmen so auch Chancen. Sie können sich fragen, welches Wissen sie wirklich im Haus benötigen." - Benjamin Treichel, Brockhaus
"Die gewissenhafte Analyse von Prozessen ist ein wesentliches Erfolgskriterium bei der Überführung von Unternehmensinfrastrukturen in die Cloud. Wenn von oben einfach nur die Ansage „Wir machen ab jetzt Cloud” kommt, dann kommt lediglich „Lift and Shift“ dabei heraus. Erst wenn Unternehmen verstehen, dass die Migration ein langwieriger, aber lohnenswerter Prozess ist, schaffen sie den Sprung. Ein großer Hemmschuh ist außerdem nach wie vor die Security. - Dominic Lindner, ownCloud
"Gerade in mittelständischen Unternehmen besteht häufig eine hohe Unsicherheit, ob sich die hohen Kosten und Aufwendungen der Integration von Daten in die Cloud lohnen und wo man genau ansetzen kann. Hier gilt es, mithilfe von klaren Use-Cases, erste Ansätze der Nutzung von Cloud kostengünstig zu erproben."
Von der Bedeutung der Hybrid Cloud
Der Weg zu einer Hybrid-IT ist also nicht trivial und in der Regel mehrstufig. Die Hybrid Cloud könnte dabei probates Mittel zum Zweck sein, Containertechnologie ein wichtiges Migrationsinstrument. Mit Hilfe von Kubernetes lassen sich monolithische Anwendungen zergliedern, verpacken und auf andere Plattformen transportieren. Für viele IT-Entscheider und Infrastrukturverantwortliche ist das der entscheidende Hebel für die Modernisierung der eigenen Anwendungslandschaft.
Gleichzeitig vereinfacht sich die Modernisierung von Workloads, da Entwickler diese in einer Service-orientierten Architektur neu gestalten und sukzessive durch verteilte "containerisierte" Anwendungen ergänzen oder ersetzen können. All das vollzieht sich mit dem übergeordneten Ziel, die eigene IT flexibler, schneller, kosteneffizienter und kundenorientierter aufzustellen.
Dabei stellt sich jedoch schnell die Frage nach dem Entstehen neuer Komplexität. Für Accenture-Manager Regenfuß muss das nicht zwingend der Fall sein: "Ob bei der Transformation in eine Hybrid-Cloud-Welt die Komplexität zunimmt, hängt stark vom jeweiligen Unternehmen und vom gewählten Ansatz ab. Ein sauberes Enterprise-Architecture-Management ist hier wichtig, um auf Basis von harten Daten die richtigen Weichen zu stellen. Dort, wo mit Blick auf Infrastruktur und Daten Intransparenz vorherrscht, gibt es jetzt großen Nachhol- und Beratungsbedarf. Unabhängig davon muss sich jedes Unternehmen fragen: Habe ich die nötigen Ressourcen und Skills für ein Multi-Cloud-Provider-Management?"
Grundsätzlich sieht der Accenture-Mann die hybride Cloud als wichtigen Zwischenschritt einer erfolgreichen Cloud-Migration, indem er feststellt: "Unternehmen, die die Reise in die Public Cloud erfolgreich umsetzen, wählen einen intelligenten Ansatz, der skalierte Lift & Shift-Programme mit gezielter Modernisierung kombiniert. Es ergibt ja keinen Sinn, jetzt sofort den Unternehmen zu raten, alles neu in Cloud-Native zu programmieren. Das ist fast immer zu teuer - und man muss genauer hinschauen, wo der Mehrwert liegt. Die hybride Cloud ist weiterhin erforderlich, weil nicht alles in die Public Cloud kann oder ein Business Case darstellbar ist."
IBMer Schulz pflichtet ihm bei: "Die Hybrid Cloud ist ein wichtiger Zwischenschritt, um die Migration in Richtung Cloud einzuläuten. Dies zeigen auch Studien, die belegen, dass Stand heute erst rund 20 Prozent der Mission-Critical-Anwendungen in die Cloud ausgelagert wurden."
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"Nicht weniger, sondern noch mehr Digitalisierung"
Aus IT-Management-Sicht benötigen Firmen also in jedem Fall ein einheitliches Betriebsmodell für Private und Public Clouds. Große Anbieter wie VMware, HPE oder Google adressieren diesen Bedarf mit mächtigen Hybrid-Cloud-Management-Suites, die den Anwendern ein Höchstmaß an Flexibilität und Wahlfreiheit in der Cloud ermöglichen sollen. Übergeordnetes Ziel soll es sein zu verhindern, von einer Abhängigkeit in die andere zu geraten: von der proprietären Welt des eigenen Großrechners in die der Entwicklungsumgebungen großer Hyperscaler. Unternehmen sollten vielmehr in der Lage sein, ihre Private Cloud weiterhin intern zu nutzen und für bestimmte Anwendungen oder bei saisonalen Lastspitzen in die Public Cloud auszuweichen. Außerdem bietet sich die Möglichkeit, interne Rechenzentren sowie Private Clouds zu konsolidieren und sukzessive mehr Workloads in die Public Cloud zu migrieren.
Vor allem für den Mittelstand dürfte ein Wechsel in die Public Coud vorerst keine Option sein - sowohl aufgrund der wirtschaftlichen Situation infolge der Corona-Pandemie als auch aufgrund der eigenen IT-Historie. Oft besteht eine enge Beziehung zu Systemhäusern und Anbietern von Managed Services. Dennoch beobachtet Rackspace-Manager Bruhn auch hier interessante Markttendenzen: "Ich nehme wahr, dass bei den IT-Budgets die Vergabe in kleineren Tranchen erfolgt, um den Erfolg eines Hybrid-Cloud-Ansatzes durch Proof of Concepts schnell zu überprüfen. Wir sehen daher immer häufiger, dass jetzt kleinere Schnellboot-Projekte initiiert werden, aber immer mit einem strategischen Background."
Den Kunden müssten also die richtigen organisatorischen und technischen Lösungen entlang der jeweiligen strategischen Planungen angeboten werden, um schnell das gewünschte Niveau an Modularität, Skalierbarkeit oder Automatisierung zu erreichen, so Bruhn weiter.
Auch Peter Schmidt zeichnet ein heterogenes Bild des deutschen Mittelstandes: "Viele unserer Kunden betreiben ihre IT quasi noch im eigenen Keller und hatten bisher keine Public-Cloud-Ansätze. Aber wir werden von genau diesen Firmen immer wieder überrascht, die uns nun sagen, wir haben jetzt eine Cloud-First-Strategie. Hier entwickeln wir auf dem Weg zu einem ,All-in' häufig zunächst Hybrid-Cloud-Szenarien. Die spannende Frage ist dann, wie viel am Ende von der Vision des ,All-in' übrig bleibt."
Bleibt abschließend die Frage, inwieweit die COVID-19-Pandemie und der konjunkturelle Einbruch nicht doch Bremsspuren in den Digitalisierung-Roadmaps der Unternehmen hinterlassen haben. Viele Bänder standen still, Mitarbeiter sind in Kurzarbeit, IT-Budgets stehen zumindest auf dem Prüfstand. Viele Projekte sind derzeit gestoppt, die CIOs fahren auf Sicht. Dennoch sind sich alle Branchenkenner in einem Punkt einig: Die Digitalisierung ist alternativlos.
Marcus Borchert, Managing Consultant bei Adesso, bringt es auf den Punkt: "Wir haben gesehen, dass viele Unternehmen größte Mühe hatten, während des Lockdowns die eigenen Mitarbeiter im Homeoffice so auszustatten, dass sie produktiv arbeiten konnten. Gleichzeitig sind viele strategische Themen zunächst auf Eis gelegt. Ich würde mir wünschen, dass jetzt aber vielerorts die Erkenntnis gereift ist, dass die richtige Antwort auf die COVID-19-Pandemie nicht weniger, sondern noch mehr Digitalisierung ist."
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