Angesichts des Hypes rund um Künstliche Intelligenz (KI), könnte man den Eindruck gewinnen, dass jede IT-Abteilung der Welt die Technologie unbedingt zum Einsatz bringen muss, um erfolgreich zu sein.
Fakt ist: Artificial Intelligence (AI) kann Ihr Geschäft voranbringen. Allerdings ist die Technologie kein Allheilmittel für (IT-)Probleme. Wir sagen Ihnen, in welchen Bereichen KI im Unternehmen wirklich Sinn macht.
Automatisierung ist nicht gleich KI
Zahlreiche Anbieter behaupten, Ihr Business mit ihren KI-geschwängerten Produkten revolutionieren zu können. Wie Forrester-Analyst Kjell Carlsson weiß, entspricht das selten den Tatsachen: "Wenn ein Angebot klingt, als könne es aus einem Science-Fiction-Blockbuster stammen, sollten Sie misstrauisch werden."
Schließlich handelt es sich in den meisten Fällen um regelbasierte Systeme, die mit Hilfe von Algorithmen in diversen Use Cases weiterhelfen können. Das definiert allerdings Automatisierungstechnologien - nicht Künstliche Intelligenz.
Automatisierung ist zwar "etwas Gutes" - auf Basis von Machine Intelligence allerdings problematisch, beziehungsweise schlicht ein Fake. "Echte" Artificial-Intelligence-Systeme erkennen selbständig, was zu tun ist - ein Umstand, der für die meisten Business Cases gar nicht erwünscht ist. Oder können Sie sich vorstellen, dass ihre Finanzen, ihre Produktplanung oder ihr Netzwerkmanagement von einer unabhängigen KI gesteuert wird, die Sie weder wirklich verstehen noch kontrollieren können?
KI verschmilzt mit Analytics
Ein echter Use Case für den KI-Einsatz stellt hingegen die Identifizierung abweichender Datenmuster dar, um menschliche Entscheidungsfindungsprozesse zu optimieren. Mit bekannten Datenmustern können Automatisierungstechnologien noch umgehen - geht es aber um bisher unbekannte Muster, empfiehlt sich der Einsatz von Machine-, beziehungsweise Deep Learning oder auch Artificial General Intelligence.
Eine KI zur Datenanalyse kann Anomalien in Datenbeständen oft auch wesentlich schneller identifizieren als Menschen. Entsprechend fähige Systeme sind sogar in der Lage, Handlungsempfehlungen auf der Basis ähnlicher Muster (falls diese vorhanden sind) vorzuschlagen. Die Entscheidung darüber, was letzten Endes getan wird, bleibt allerdings der menschlichen Intelligenz vorbehalten. Diese kann nämlich einerseits von anderen menschlichen Intelligenzen hinterfragt und überprüft werden und weist andererseits (hoffentlich) Expertise auf, die weit über die reine Datenanalyse hinausgeht.
Automatisierungstechnik (oder zumindest -Software) kann die getroffenen Entscheidungen anschließend auf der Grundlage regelbasierter Logik durchführen. Technologien wie Robotic Process Automation (RPA) sind ein gutes Beispiel für die Fortschritte, die in Sachen Automatisierung erzielt wurden: Zwar "denken" diese Systeme nicht eigenständig, aber sie übernehmen zunehmend komplexere Workflows - immer ausgefeilteren Algorithmen sei Dank. Das lässt die Software zwar intelligent erscheinen, allerdings hält diese Intelligenz durch die Arbeit der Softwareentwickler Einzug in das System und ist kein nativer Bestandteil.
- KI im Unternehmen und Personalmanagement
Künstliche Intelligenz (KI) birgt ein enormes Potenzial für Unternehmen, zum Beispiel beim Einsatz im Personalmanagement. Joachim Skura, Thought Leader Human Capital Management bei Oracle, nennt Vorteile der KI sowie wichtige Faktoren, die bei der Planung sowie Nutzung zu beachten sind. - Kooperation der Führungskräfte
Da die KI-Technologie heute alle Unternehmensebenen durchdringt, müssen HR-Verantwortliche mit den anderen Führungskräften zusammenarbeiten, um Automatisierungsstrategien für die einzelnen Teams zu entwickeln. - Intelligenz kombinieren
KI muss zu einem Umdenken in Bezug auf die Belegschaft führen: Es geht nicht mehr nur darum, Mitarbeiter einzustellen. Vielmehr müssen menschliche und künstliche Intelligenz kombiniert werden, um die Produktivität zu maximieren. - Sinnvolle Prozessautomatisierung
Ein ganz wesentlicher Aspekt der Nutzung von KI ist, das Streben nach mehr Effizienz in Relation zu den tatsächlichen Möglichkeiten zu setzen. Nur weil sich ein Prozess automatisieren lässt, heißt das noch lange nicht, dass man das auch tun sollte. Das gilt auch im Personalwesen. - Keine Big-Brother-Atmosphäre schaffen
KI kann für die Sicherheit des Unternehmens sehr hilfreich sein. Viele Betriebe nutzen KI-Technik, um Anwendungen, Systeme und Infrastruktur ständig zu überwachen und anomales Verhalten in Echtzeit zu erkennen und zu bewerten. Hier sollten Unternehmen aber unbedingt darauf achten, dass keine „Big-Brother-Atmosphäre“ geschaffen wird. Der Personalabteilung kommt dabei eine wichtige Rolle zu. - Daten und Technik ausschöpfen
KI sollte bei Einstellungs- und Besetzungsplänen zur Anwendung kommen. Der Grund: Es gilt, kontextbezogene Daten und Technologien auszuschöpfen, um Probleme wie hohe Fluktuationsraten in Angriff zu nehmen, Mitarbeiter besser zu verstehen und den vorhandenen Pool an Talenten effektiver zu nutzen. Nur so lässt sich Arbeit intelligenter, angenehmer und kollaborativer gestalten – und letztendlich auch wertschöpfender. - KI im Recruiting nutzen
Künstliche Intelligenz wird derzeit auch im Recruiting immer wichtiger. Recruiter nutzen KI, um herauszufinden, welche Skills das Unternehmen aktuell benötigt, und wo passende Kandidaten zu finden sind. - Bewerbungsmanagement automatisieren
Mit Hilfe von KI lassen sich zeitaufwendige Aufgaben wie das manuelle Screening von Lebensläufen und Bewerber-Pools automatisieren. - Candidate Experience aufbauen
Leistungsstarke und integrierte KI-Funktionen sowie klare Abläufe helfen, im Personalmanagement eine benutzerfreundliche und personalisierte Candidate Experience vom Erstkontakt bis hin zur Einstellung und Eingliederung zu schaffen. - Mehr Effizienz durch Machine Learning
Modernste Machine-Learning-Anwendungen unterstützen das Personalwesen, die Time-to-Hire zu verkürzen, indem sie proaktiv eine Vorauswahl der geeignetsten Kandidaten treffen und Empfehlungen geben. - Chatbots einsetzen
Ein Chatbot kann eine Datenquelle sein, mit deren Hilfe Unternehmen mehr über ihre Mitarbeiter erfahren. Machine-Learning-Analysen von Fragen und Gesprächen können einzigartige und bisher nicht mögliche Einblicke liefern. So lassen sich zugrundeliegende Probleme aufdecken – und das vielleicht noch, bevor sich der Mitarbeiter dieser überhaupt bewusst ist.
Der Großteil der bereits implementierten KI-Lösungen im Unternehmensumfeld sind Analytics-Systeme. Deren Integration übernehmen im Regelfall Softwareanbieter auf der Grundlage bekannter Use Cases und Geschäftsprozesse. Eigenentwickelte Systeme lassen sich nämlich nicht ohne Weiteres mit KI ausstatten, wie Carlsson weiß: "Data Science sorgt dafür, dass Analytics-Lösungen mit Intelligenz ausgestattet werden.
Leider verstehen viele Leute nur nicht, dass Datenwissenschaftler in der Regel keine Erfahrungen in Entscheidungsfindungs- und Business-Analyse-Prozessen haben." Idealerweise, so der Experte, sorge die KI für ein optimiertes Predictive-Modell, das wiederum bessere Inputs für die klassische Optimierungs-Engine liefere. "Das kann schwierig werden, weil die Teams oft nicht in der Lage sind, auf der gleichen Ebene miteinander zu kommunizieren."
Es gebe jedoch Hoffnung, befindet der Forrester-Analyst: Ingenieure fänden inzwischen besseren Zugang zu Machine Learning - beispielsweise durch Frameworks wie AutoML, die verhindern, Machine-Learning-Modelle von Grund auf neu erstellen zu müssen. Tools wie diese seien inzwischen so zugänglich, dass technisch versierte Business-Nutzer sie ohne weiteres einsetzen können. Um KI und Analytics zu verschmelzen, eigneten sich besonders cross-funktionale Teams, die Ansätze wie Six Sigma und Lean beherrschen, wie Carlsson weiß: "Sie haben die richtigen Skills, um die Change-Management-Aspekte abzubilden."
AI trifft Business-Systeme
Der Verbund aus Analytics und KI kommt in der Regel in Business-Systemen zum Einsatz, die große Datenmengen verarbeiten und sich möglichst schnell an veränderte Prozesse anpassen müssen. Zu den klassischen Einsatzfeldern gehören etwa Just-in-time Inventory Management in der Logistik, Credit Scoring oder Produktempfehlungen, aber auch Reputation und Risk Management.
Ein vielfach unterschätztes Einsatzgebiet für KI ist die automatisierte Verarbeitung von Dokumenten. Denn obwohl Verträge, Richtlinien oder medizinische Berichte auf den ersten Blick wie standardisierte und deshalb leicht zu verarbeitende Daten aussehen, ist es alles andere als leicht, Daten aus ihnen zu extrahieren. "Schon kleine Unterschiede wie Formatierungen oder Tabellen können regelbasierte Dokumentenmanagement-Systeme aus der Bahn werfen", so der Forrester-Analyst. Richtig diffizil werde es aber, wenn aus solchen Daten Zusammenhänge herausgefiltert werden sollen, die "zwischen den Zeilen" stehen.
AIOps - wenn die KI mit der IT
Geht es beispielsweise um die Identifizierung und die Diagnose von Netzwerkproblemen, stellt AIOps Fortschritte in Aussicht. "Die Reife von AIOps ist wesentlich geringer ausgeprägt, als andere Einsatzfelder der KI im Unternehmen", weiß Gartner-Analyst Charley Rich. Bei diesem Ansatz gehe es darum, Probleme mit Hilfe von Machine Learning (supervised und unsupervised) oder Deep Learning und Graphenanalyse mathematisch zu lösen.
In der Praxis bedeute das im Regelfall, Log-Dateien auf Muster oder Anomalien zu untersuchen. Die Ergebnisse helfen der IT dabei, Probleme direkt manuell oder auch automatisiert zu lösen. Die Herausforderung für AIOps bestehe darin, echte von vermeintlichen Problemen zu unterscheiden, so Rich weiter: "Das wird mit zunehmender Digitalisierung immer schwieriger. Die zugrundeliegende Technik, ist regelbasiert und existiert schon seit Jahrzehnten. Dazu kommt, dass die Datenqualität ein Problem darstellen kann, weswegen quasi jede Implementierung maßgeschneidert ist. Aber: es funktioniert, wenn Sie die Kosten stemmen können."
In der Idealvorstellung vieler Anbieter mache die Technologie künftig Datenwissenschaftler komplett überflüssig - so weit sei es aber noch lange nicht, so der Gartner-Experte.
Eine weitere wesentliche Herausforderung bei AIOps sei die Identifikation von Anomalien anhand einer Analyse zeitbasierter Muster: "Die Algorithmen hierfür gibt es seit den 1950er Jahren, aber die nötige Rechenleistung um sie auch anzuwenden, steht erst seit kurzem zur Verfügung."
Für die Zukunft stünden auch selbstheilende Systeme in Aussicht - Stichwort NoOps. Bis es soweit ist, könne AIOps den IT-Experten in Unternehmen dabei helfen, Probleme zielgerichtet zu identifizieren, schneller zu beheben und diesen in der Zukunft vorzubeugen.
KI meets User Interface
Seit Jahren gibt es Bestrebungen, menschliche Support-Dienstleistungen durch den Einsatz von Natural Language Processing (NLP) zu ersetzen. Ein Ergebnis dieser Zielsetzung sind etwa Chatbots - die allerdings im Einzelfall auch die Limitationen aufzeigen: Die deterministischen Regeln, auf denen die Softwareroboter basieren, sorgen dafür, dass die "intelligente" Interaktion mit den Chatbots allzu oft an den Bedürfnissen des Kunden vorbeigehen. Dennoch habe sich NLP in den letzten Jahren entscheidend weiterentwickelt, wenn es darum geht, menschliche Dialoge zu "verstehen" - so Forrester-Analyst Carlsson.
Auch die Machine-Vision-Technologie habe im Laufe der letzten Jahre entscheidende Fortschritte gemacht: Zwar bleiben vollautonome Autos weiterhin nur Wunschvorstellung, allerdings tragen Systeme zur Unfallvermeidung schon heute zur Verkehrssicherheit bei. Sie können die Umwelt des Fahrzeugs analysieren und automatisierte Korrekturen (beispielsweise das Betätigen der Bremse) einleiten. Wie bei NLP bildet Machine Vision dabei den KI-Part ab, die automatisierte Korrektur funktioniert regelbasiert.
Weil sich die zugrundeliegende Analyse von Datenmustern entscheidend verbessert hat, kommen "Perception"-Technologien wie Machine Vision inzwischen auch immer häufiger in industriellen Umgebungen, in der Medizin oder im Handel zum Einsatz. Dabei ist entscheidend, dass Künstliche Intelligenz den Input aus der realen Welt korrekt analysiert, und es so überflüssig macht, die spezifische Syntax oder die Einschränkungen von User Interfaces zu verstehen. Das Ergebnis: Mehr Menschen sind in der Lage, intuitiv mit den Technologien zu interagieren. (fm)
Dieser Beitrag basiert auf einem Artikel unserer US-Schwesterpublikation cio.com.