Schlechter Umgang mit Legacy-Apps

Wo IT-Budgets sinnlos versickern

04.04.2023
Von 
Heinrich Vaske ist Editorial Director a.D. von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO.
Viele Unternehmen verschwenden IT-Gelder, weil sie schlecht mit ihren Altlasten umgehen, kein ordentliches Applikations-Management betreiben und ihre Cloud-Lizenzen ungenügend managen.
Viele Unternehmen verschwenden Geld, weil sie ihre IT-Budgets nicht im Griff haben.
Viele Unternehmen verschwenden Geld, weil sie ihre IT-Budgets nicht im Griff haben.
Foto: canbedone - shutterstock.com

Dass Unternehmen ihre IT-Budgets zu einem bestimmten Anteil verschwenden, ist nicht neu. Weniger bekannt ist, wo konkret das Geld versickert. Dieser Frage ist LeanIX in der Studie LeanIX Cost Optimization Survey nachgegangen, für die 150 internationale Kunden des Softwareanbieters befragt wurden.

Es zeigt sich, dass die befragten IT-Entscheider - bei knapp 70 Prozent handelt es sich um Enterprise Architects - verschiedene Bereiche in ähnlicher Häufung als zentrale Herausforderungen bezeichnen:

Technische Schulden sind das größte Problem

In jedem Unternehmen haben diese Aspekte eine unterschiedlich große Bedeutung. Die größte Übereinstimmung unter den Befragten gibt es aber in der Einschätzung, dass veraltete Technologie und technische Schulden überproportional stark für die Verschwendung von IT-Budgets verantwortlich seien. Manche Experten stellen fest, dass in den vergangenen zehn Jahren zwar massiv in die IT-Portfolios investiert, Altsysteme aber viel zu selten außer Betrieb genommen worden seien.

LeanIX zitiert Sven Blumberg, Senior Partner bei McKinsey, mit der Einschätzung, dass während der Corona-Pandemie schnelle Lösungen erforderlich geworden seien. Das habe technische Schulden noch einmal deutlich begünstigt. Unternehmen wüssten, dass diese existieren, aber sie zu finden und zu quantifizieren sei eine große Herausforderung.

Ein Problem sind laut Untersuchung auch redundante Applikationen im Portfolio. In 42 Prozent der Unternehmen tragen sie stark oder sehr stark zur Verschwendung bei und rangieren damit auf dem zweiten Platz der unnötigen Kostenverursacher. Dagegen sind ungeplante Cloud-Ausgaben und überhöhte Ausgaben für SaaS-Lizenzen nach Meinung der Mehrheit weniger stark an den ungeplanten Kosten beteiligt.

Vor allem der Umgang mit veralteter Software und die technischen Schulden, die sich im Laufe der Jahre auftürmen, belasten die Budgets.
Vor allem der Umgang mit veralteter Software und die technischen Schulden, die sich im Laufe der Jahre auftürmen, belasten die Budgets.
Foto: LeanIX

Cloud-Ausgaben nicht im Griff

LeanIX weist allerdings auf eine IDC-Analyse hin, der zufolge sechs von zehn Unternehmen einräumen, mehr für die Cloud auszugeben als ursprünglich geplant. Die Analysten bezeichnen sogar 30 Prozent der Cloud-Ausgaben als Verschwendung. Will Forrest, Senior Partner bei McKinsey, verweist auf Untersuchungen, denen zufolge sich große Konzerne oft erst dann mit den Cloud- und SaaS-Kosten befassten, wenn diese die 100 Millionen-Dollar-Grenze überschritten hätten.

Die Studienautoren wollten auch wissen, welche Ziele Unternehmen konkret verfolgen, wenn sie ihre IT-Landschaft optimieren wollen. 27 Prozent erhoffen sich ein effizienteres IT-Portfolio, weitere 25 Prozent möchten durch Einsparungen ihre Profitabilität steigern. Technologische Risiken abzubauen, treibt 21 Prozent der Befragten an, und 15 Prozent wünschen sich mehr finanziellen Spielraum, um Innovationen und Wachstumsvorhaben voranzutreiben.

Als Hindernis auf dem Weg eines effizienten IT-Betriebs nennen die meisten die getrübte Übersicht über die IT-Landschaft und die technischen Abhängigkeiten. Ein großes Problem ist auch weiterhin die schlechte Zusammenarbeit von IT und Business: Die ITler haben oft keine klare Vorstellung davon, wie sich technologische Entscheidungen im geschäftlichen Kontext auswirken. Weitere Aspekte sind der Zeitdruck, unter dem entschieden werden muss, die fehlende Transparenz über technische Schulden und End-of-life-Systeme sowie Nachlässigkeiten in der Governance (Zuordnung der Applikationen). Last, but not least fehlt es oft an Kostentransparenz.

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Abstimmung mit dem Business bleibt problematisch

Besonders problematisch ist - wie erwähnt - immer noch die Schnittstelle zwischen IT und den Geschäftseinheiten. Nur 30 Prozent der Befragten bezeichnen sie als ausreichend. Beinahe ebenso viele, nämlich 26 Prozent, stellen dem Miteinander ein schlechtes Zeugnis aus. Noch negativer fällt das Urteil aus, wenn es darum geht, die IT in Abstimmung mit dem Business zu optimieren: Knapp die Hälfte der Befragten bewertet die Kollaboration in diesem Zusammenhang als schlecht.

Viele Unternehmen denken zu wenig darüber nach, ihre Anwendungslandschaft zu rationalisieren. Hier ließe sich eine Menge Geld sparen.
Viele Unternehmen denken zu wenig darüber nach, ihre Anwendungslandschaft zu rationalisieren. Hier ließe sich eine Menge Geld sparen.
Foto: LeanIX

Bleibt die Frage, welche Methoden und Verfahren Unternehmen gegenwärtig für die IT-Optimierung nutzen. Die Antwort: Die meisten tun zu wenig. Derzeit verzichtet die Mehrheit sowohl auf ein strukturiertes Cloud-Controlling als auch auf die Überprüfung technologischer Risiken, ein professionelles SaaS-Management und eine regelmäßige Rationalisierung der Applikations-Landschaft. Am häufigsten geben die Unternehmen noch an, Lösungen für das Cloud-Management einzusetzen (44 Prozent).

Gut 70 Prozent verzichten aktuell noch auf Methoden, um ihre technologische Risiken zu ermitteln. 80 Prozent haben kein SaaS-Management implementiert. Dass sich angesichts des gegenwärtigen Kostendrucks nur 15 Prozent regelmäßig mit der Rationalisierung ihrer Applikationen befassen, finden die Studienmacher besonders "bemerkenswert", gelten solche Programme doch als besonders effizient, um Kosten zu senken.

Zu den Maßnahmen gehören in diesem Zusammenhang etwa ein gutes Management von Software-Lizenzen, die ständige Bewertung von Applikationen sowie die Abschaltung veralteter, ungenutzter oder wertloser Apps. Ebenso geht es hier um die Projektrationalisierung, das Optimieren von Servern und Datenspeichern, den Einsatz standardisierter Technologieplattformen und generell um das Beseitigen von Redundanzen im Portfolio. Immerhin gibt in der Umfrage mehr als die Hälfte der Interviewten zu Protokoll, solche Maßnahmen einführen zu wollen. (hv)