Künstliche Intelligenz im Alltag

Wieviel Maschine wollen wir?

15.09.2017
Von 
Matthias Schorer ist Lead Business Development Manager IoT EMEA beim Virtualisierungs- und Cloud-Anbieter VMware.
Sie hat viele Gesichter und zeigt sich auf unterschiedliche Weise: Von Chatbots über Big Data Analytics hin zu Smart Home. Doch wieviel Künstliche Intelligenz vertragen und wollen die Deutschen? Dies zeigt eine neue Studie von Bitkom im Auftrag von VMware.

Das Smartphone als Finanzanalyst, der Roboter als Chirurg und der Chatbot als Einkaufsberater: Szenarien, die vor nicht allzu langer Zeit als Science Fiction abgeschrieben wurden, haben längst Eingang in den Alltag gefunden. Die Entwicklungen im Bereich der künstlichen Intelligenz überschlagen sich. An immer mehr Stellschrauben des alltäglichen Lebens scheinen Roboter der bessere Mensch zu sein. Indem Elon Musik unlängst mit großem medialen Echo gegen Künstliche Intelligenz gewettert hat, hat er eine muntere Debatte über deren mögliche Gefahren losgetreten.

Doch wie viel künstliche Intelligenz braucht es im Alltag? Und ist das von den Verbrauchern überhaupt gewünscht? Dieser Frage widmete sich VMware gemeinsam mit dem Marktforschungsunternehmen Bitkom Research. Bei der repräsentativen Umfrage im Juni dieses Jahres unter Konsumenten in Deutschland ab 18 Jahren standen der Einzelhandel, das Gesundheitswesen und die Finanzbranche im Fokus. Branchen und Bereiche, in denen vermehrt Künstliche Intelligenz zum Einsatz kommt, etwa in Form von Chatbots oder vollautomatisierten Dienstleistungen, die vollkommen ohne menschliches Eingreifen ausschließlich auf Basis von Technologien, Informationen, Daten und technischen Geräten durchgeführt werden.

Smart Home-Geräte bringen größten Vorteil

Die Ergebnisse spiegeln eine große Ambivalenz gegenüber KI-Technologien wider. Positiv bewerten die Befragten etwa vollautomatisierte Dienstleistungen im Bereich des Einzelhandels und in der Finanzbranche. Hier erwarten 23 Prozent deutliche Vorteile für sich als Verbraucher. Vorne liegen auch Smart Home Geräte, also intelligente vernetzte Geräte. Ihnen schreiben 45 Prozent aller Befragten die höchste Erleichterung im Alltag zu. Grundsätzlich sehen Befragte jüngeren Alters zwischen 18 und 29 Jahren eine höhere Alltagstauglichkeit und persönlichen Mehrwert in der Nutzung von künstlicher Intelligenz.

Chatbots können Mensch nicht ersetzen

Im Bereich des Einzelhandels kann die technische Personalisierung den persönlichen Service-Kontakt nicht ersetzen. Eine schnelle Weiterleitung zum richtigen Ansprechpartner, kurze Wartezeiten und der Kontakt mit einer realen Person bei Service-Anfragen sind für jeweils über 90 Prozent der Befragten in der Kundenkommunikation am wichtigsten. Einer Chatbot-Kommunikation stehen die Verbraucher skeptisch gegenüber und würden dies sogar als Grund für einen Wechsel zu Konkurrenzanbietern sehen.

Sorge um persönliche Finanzdaten ist groß

Im Bereich der Finanzindustrie sehen die Konsumenten den größten Vorteil von künstlicher Intelligenz vor allem in verringerten Wartezeiten bei Banken. Dennoch stehen die Verbraucher der künstlichen Intelligenz im Finanzsektor eher skeptisch gegenüber: 72 Prozent befürchten einen schlechteren Service durch weniger menschlichen Kontakt, 51 Prozent erwarten ein erhöhtes Risiko, dass Finanzdaten in die falschen Hände geraten könnten. Lediglich sieben Prozent der Befragten wären überhaupt bereit, finanzspezifische Daten für einen besseren Kundenservice herauszugeben.

Jedem Zweiten sagen Operationen von Dr. Robot zu

Im Bereich der Gesundheit sind die Verbraucher im Umgang mit ihren Daten offener und jeder Fünfte wäre bereit, seine medizinischen Daten herauszugeben. Altersunabhängig geht jeder Zweite (47 Prozent) davon aus, dass künstliche Intelligenz einen hohen Einfluss auf zukünftige Leistungen aus dem Gesundheitswesen haben wird. Die Hälfte aller Befragten (53 Prozent) wäre bereit, sich von Robotern operieren zu lassen. Dennoch sind sich mit 93 Prozent fast alle einig: Das Vertrauen in den Arzt wird auch weiterhin größer sein als in ein computerbasiertes Informationssystem.

Vorherrschendes Gefühl: Mensch sticht Maschine

Egal wie groß die maschinelle Intelligenz auch werden mag: Am Ende steht die Erkenntnis, dass sich der Durchschnittsverbraucher in Deutschland nach wie vor ebenso menschliche Intelligenz wünscht. So sehr Künstliche Intelligenz menschliche Arbeit heute und in Zukunft stark unterstützten kann, völlig ersetzen darf, soll und kann sie uns eben nicht. Dazu passt wohl auch die Antwort des Präsidenten der Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI) Wolfgang Wahlster, der die Mahnung von Elon Musik mit den Worten zurückgewiesen hat: "Elon Musk erklärt, dass Roboter alles werden besser machen können als wir - als jeder von uns. Aber damit unterschätzt er den Menschen und die Komplexität, die Menschen tagtäglich dank ihrer sozialen und emotionalen Intelligenz bewältigen."