Softwarelizenzierung in der Automobilindustrie

Wie vernetzte Fahrzeuge neue Geschäftsmodelle ermöglichen

19.07.2016
Von   IDG ExpertenNetzwerk
Als Product Specialist Connected Services (IOT Services) bei der Bobst Meerbusch GmbH unterstützt Manfred Bauer Kunden der Verpackungsindustrie in Europa bei der Einführung digitaler Prozesse. Dabei kann er auf tiefgreifende Erfahrungen in der Informations- und Betriebstechnik aus seinen leitenden Positionen im Vertrieb und Service von Siemens, Compaq Computer, Microsoft, Cisco und Flexera Software zurückgreifen.

Freischalten und Aktivieren von Funktionen (Features):

Jeder kennt die Situation: Nach langen Überlegungen wird ein Fahrzeug mit einer bestimmten Konfiguration gekauft. Bei der Nutzung stellt sich jedoch nach einiger Zeit heraus, dass bestimmte Funktionen fehlen oder der Hersteller verbessert sein Angebot und stellt Funktionen bereit, die es zum Kaufdatum schlicht noch nicht gab. Früher war dies nicht bzw. nur durch den Kauf eines neuen Wagens zu lösen, heute ist die nachträgliche Freischaltung oder Ergänzung von Funktionen denkbar und in vielen Branchen bereits Realität.

Die einzige Anforderung dafür ist, dass der Hersteller bereits bei der Entwicklung berücksichtigt, dass Funktionen später per Lizenz aktiviert werden können. Sind Hardware und Software entsprechend vorbereitet, können bereits vorhandene Funktionen auf Kundenwunsch aktiviert werden oder gänzlich neue Funktionen per Update zur Verfügung gestellt werden. Die Bestellung kann dank der fortschreitenden Vernetzung in Zukunft direkt durch den Kunden erfolgen und direkt eine Online-Aktivierung auslösen. So können sie z. B. Spielfilme oder Videospiele kurzfristig freischalten und zahlen dabei statt einem monatlichen Abopreis lediglich für die Dauer der nächsten Ferienfahrt. Das einzelne Softwareprodukt (Infotainmentsystem) wird damit in seine Leistungsmerkmale aufgeteilt und in individuellen Paketen zu unterschiedlichen Preisen angeboten, ohne dass Herstellungskosten für die Hardwareausstattung anfallen.

Regelmäßige Update von Softwarekomponenten im Fahrzeug werden damit zum Standard und werden künftig kontinuierlich durchgeführt und nicht mehr ausschließlich beim Werkstattbesuch. Erste Beispiele sehen wir bereits heute beim Update von Kartenmaterial oder Entertainment-Funktionen. Automatische Helfer können mit verbesserter Software im Auto erneuert werden, wie zum Beispiel Personen-Erkennung auf der Straße, Abstandswarner, Autopilot-Funktionalitäten.

Nutzen von Daten, um Kunde und Hersteller näher zusammenzubringen

Erfolgreiche Kundenservices setzen eine Kenntnis des Nutzungsverhaltens und der Kundenpräferenzen voraus. Neue servicebasierte Geschäftsmodelle, die mit dem Internet der Dinge in viele Branchen Einzug halten, sind darauf ausgelegt, das Kundenerlebnis zu optimieren indem der Zugang zu einem Produkt und dessen Nutzung so einfach und komfortabel wie möglich gestaltet werden und gleichzeitig Transparenz hinsichtlich Verbrauch und Nutzung für Kunde und Anbieter hergestellt werden. Das Gerät wird zum Service, die Bezahlung erfolgt nicht mehr für das Gerät selbst, sondern vielmehr für den Verbrauch oder sogar für das erzeugte Ergebnis. Beispiele gibt es etwa im Bereich medizinischer Geräte, die pro Einsatz bezahlt werden. Das zugrundeliegende Geschäftsmodell basiert auf den zur Verfügung gestellten Nutzungsdaten.

Mit veränderten Mobilitätsanforderungen haben wir das gleiche Thema "Vehicle-as-a-Service", das entsprechend der Kundenbedürfnisse unterschiedliche Ausprägungen annehmen kann. Denkbar sind etwa fahrerlose Transportsysteme, sowohl im LKW- als auch im PKW-Bereich.

Von dieser Entwicklung profitieren Kunden und Hersteller gleichermaßen. Kunden werden neue Services sehen, die maßgeschneidert für ihre Ansprüche sind und Hersteller werden durch die Analyse von Nutzungsdaten ein sehr viel besseres Verständnis davon haben, wie das Endprodukt eingesetzt wird und können mithilfe dieser Informationen gezielt an Produktverbesserungen und -erweiterungen arbeiten. (mb)