Data Management

Wie Unternehmen ihre Daten verwalten

27.04.2020
Von 
Alexander Freimark wechselte 2009 von der Redaktion der Computerwoche in die Freiberuflichkeit. Er schreibt für Medien und Unternehmen, sein Auftragsschwerpunkt liegt im Corporate Publishing. Dabei stehen technologische Innovationen im Fokus, aber auch der Wandel von Organisationen, Märkten und Menschen.
Data Management ist die Keimzelle der Datenverarbeitung, der IT und der Digitalisierung. Eine aktuelle COMPUTERWOCHE-Studie zeigt aber: Viele Organisationen haben dafür keine Strategie.

Vor über 130 Jahren entwickelte Herman Hollerith seine erste Tabelliermaschine und leitete damit die Industrialisierung der Datenverarbeitung (DV) ein. Schon bei der US-Volkszählung 1890 bekam sein System gute Bewertungen: "Dieser Apparat arbeitet unfehlbar wie die Mühlen Gottes, aber er schlägt sie in Bezug auf die Geschwindigkeit." Auch heute noch versuchen Unternehmen, das Diktum bestmöglich zu erfüllen - mehr Daten effizient zu verarbeiten, in hoher Qualität, aus verschiedenen Datenquellen, in "Echtzeit" und über die eigene Organisation hinaus. Data Management kann hierbei gute Dienste leisten.

Data Management ist die Keimzelle der Datenverarbeitung, der IT und der Digitalisierung.
Data Management ist die Keimzelle der Datenverarbeitung, der IT und der Digitalisierung.
Foto: spainter_vfx - shutterstock.com

Zur Studie "Data Management 2020"

Datenkultur? Läuft!

Die Studie "Data Management & Data Quality 2020" von COMPUTERWOCHE und CIO in Kooperation mit Tableau Deutschland und Datavard hat nun untersucht, wie es um das Datenmanagement in deutschen Unternehmen des Jahres 2020 bestellt ist. Schließlich stellen Daten speziell in der digitalen Welt einen wichtigen Wettbewerbsvorteil dar, wenn man ihr Potenzial zu nutzen weiß. In der vorliegenden Umfrage zeigt sich, dass Firmen und Institutionen aktiv an der Umsetzung und Optimierung des Data Managements arbeiten - nur ein kleiner Teil der Befragten kann dem Thema gegenwärtig nichts abgewinnen. So hat die Disziplin für über 80 Prozent der Organisationen zumindest eine eher größere Bedeutung, in jeder fünften Unternehmung ist die Relevanz sogar sehr groß. Klare Tendenz: steigend. Viele Firmen teilen Daten mit externen Partnern, sie betrachten ihre Datenkultur als gut, schätzen die Sichtbarkeit der Datenquellen für Endanwender positiv ein und haben Data Management mit Tools für künstliche Intelligenz (KI, auch Artificial Intelligence, AI) gekoppelt. Und nicht zuletzt arbeiten sie daran, die Datenqualität hoch zu halten oder zu verbessern.

Der Großteil der Unternehmen schreibt dem Thema Data Management eine große Bedeutung zu.
Der Großteil der Unternehmen schreibt dem Thema Data Management eine große Bedeutung zu.

Kein Wunder, denn seit jeher stehen handfeste und zeitlose Ziele hinter der Nutzung von Daten. Sie sollen in erster Linie bestehende Prozesse und Produkte verbessern, Geschäftsmodelle und Verwaltungs-Workflows optimieren, die IT selbst überwachen sowie die Sicherheit in den geschäftlichen Entscheidungen erhöhen. Lediglich 7,6 Prozent der Studienteilnehmer geben an, mit Daten die "FTE-Kosten" optimieren zu wollen. Überdurchschnittlich häufig wurde dieser Punkt von größeren Organisationen sowie von IT-Mitarbeitern unter den Befragten genannt.

Offene Baustellen en masse

Allerdings treten in der Studie auch Schwachstellen zutage. Beispielsweise ergibt sich angesichts der vielfachen Forderungen nach disruptiven Geschäftsmodellen kein klares Bild. So möchten knapp 27 Prozent der Befragten ein neues Business Model auf Basis von Daten entwickeln. Ob dies überraschend viele oder auffällig wenige Stimmen sind, hängt von der eigenen Perspektive ab. Zudem zeigt die Studie, dass Vertreter aus Fachbereichen weitaus weniger optimistisch antworten als Studienteilnehmer aus dem Top-Management - dabei sind es gerade Business-Nutzer, deren Entscheidungen durch Daten beschleunigt und verbessert werden sollen. Hinzu kommen Baustellen wie die Suche nach passenden Kompetenzen, dem richtigen "Mindset" und einer modernen Unternehmenskultur. Diese Herausforderungen lassen sich nicht mit einer Software lösen, sondern brauchen vor allem Zeit und Engagement.

Nicht zuletzt bestehen Zweifel an der übergreifenden Vision: Nicht einmal 38 Prozent der Unternehmen haben Anfang 2020 eine Digitalisierungsstrategie. Weniger als die Hälfte der Firmen verfügt über eine IT-Strategie - kaum zu glauben. Da überrascht es nicht, dass auch die Frage nach der Datenstrategie keine Euphorie hervorrufen kann: Eine allgemeine Datenstrategie haben knapp 30 Prozent der Firmen, und über dezidierte Data-Management- beziehungsweise Data-Analytics-Strategien verfügt gerade einmal jedes fünfte Unternehmen. Die Daumenregel: je größer die Organisation, desto eher. Dabei wird in fast allen Unternehmen die Integration der Data- beziehungsweise Data-Analytics-Strategie in die übergreifenden Digitalisierungsvorhaben als stark eingeschätzt.

Die Integration der Data- bzw. Data-Analytics-Strategie in die Digitalisierungsvorhaben wird von den Unternehmen als stark eingeschätzt.
Die Integration der Data- bzw. Data-Analytics-Strategie in die Digitalisierungsvorhaben wird von den Unternehmen als stark eingeschätzt.
Foto: Foto: IDG Business Media / Jutta Weber-Vidal

Showstopper Datensilo?

Datensilos hingegen, eine der größten Herausforderungen auf dem Weg zur Digitalisierung, sind nicht der erwartete Show Stopper - dezentrale Datenhaltung wirkt wie eine beherrschbare Herausforderung für das Data Management. Immerhin 85 Prozent der Unternehmen lagern ihre Daten (überwiegend) zentral, gut 30 Prozent speichern sie komplett zentral. Allerdings ist die Grauzone bei "überwiegend zentral/dezentral" recht groß, sie umfasst mehr als zwei Drittel der Organisationen. An ihren Rändern können sich Silos bilden und aushärten. Dennoch bezeichnen nur 23,5 Prozent der Studienteilnehmer das Phänomen als (sehr) hinderlich für Data Management; 60 Prozent sind es in Summe mit den Stimmen, die Silos "eher hinderlich" finden. Demgegenüber sehen 39,2 Prozent der Befragten Datensilos als kaum oder als nicht hinderlich an. Dies sind überdurchschnittlich häufig IT-Leiter und -Mitarbeiter sowie Unternehmen mit einem geringeren IT-Budget. Bei IT-Budgets über zehn Millionen Euro überwiegt hingegen die Meinung "eher hinderlich".

Dazu passt aber, dass viele Prozesse rund um die Daten noch nicht automatisiert ablaufen. Vier von zehn Unternehmen arbeiten manuell an der Datenverknüpfung (zumindest teilweise), und 28 Prozent der Organisationen setzen Software-Tools ein. Jedoch ist davon auszugehen, dass sich die Ansätze nicht ausschließen, sondern ergänzen. Dies gilt besonders für größere Unternehmen, die vor allem interne Meta-Datenbanken und Tools etwa für Data Discovery im Einsatz haben. Bei der Anbindung des Data Managements an KI-Systeme herrscht hingegen fast Gleichstand bei den Integrationsverfahren. Auch hier greifen größere Organisationen tendenziell eher auf Software zurück als kleine Firmen. Dabei nutzen knapp 72 Prozent der Unternehmen KI/AI für die Datenerfassung und 65 Prozent für die Datenanalyse/-auswertung. Predictive Analytics hat sich hingegen noch nicht auf breiter Front etabliert, hier liegt der Einsatzschwerpunkt ebenfalls in der Tendenz auf größeren Organisationen.

Angesichts der geforderten Time-to-Market müssen gerade kleine und mittlere Firmen den Automatisierungsgrad steigern, damit die Daten (im Rahmen der Gesetze) zwischen den Instanzen fließen können. Zudem hat sich in der Studie gezeigt, dass kleinere Organisationen oftmals in Reifegrad und Umsetzung hinter die großen Unternehmen zurückfallen. Letztere haben tendenziell mehr Ressourcen, und sie setzen konsequenter auf Tools sowie die Unterstützung durch externe Dienstleister. Zudem binden sie - wo vorhanden - die Data-Strategie enger in die Digitalisierung ein.

Eine Frage der Datenqualität

Leichte Entwarnung gibt es an einer traditionell hart umkämpften Front, der Datenqualität. Geht es nach der vorliegenden Umfrage, haben Unternehmen ihre Hausaufgaben gemacht. Knapp 58 Prozent der Befragten sind mit der Datenqualität in ihrer Organisation zufrieden oder sehr zufrieden. Nicht zufrieden ist im Durchschnitt gerade einmal jeder achte Studienteilnehmer. Lediglich bei den Befragten aus Fachbereichen fällt die Unzufriedenheit höher beziehungsweise die Zufriedenheit geringer aus. Ähnlich eindeutig sind auch die Werte für die Relevanz der Datenqualität. Diese soll zudem noch steigen, das Thema wird immer wichtiger: Mit Blick auf die Zukunft bezeichnen fast zwei Drittel der Studienteilnehmer die Bedeutung der Datenqualität als groß oder sehr groß.

Der Großteil der Befragten ist mit der Datenqualität ihrer Organisation zufrieden oder sehr zufrieden.
Der Großteil der Befragten ist mit der Datenqualität ihrer Organisation zufrieden oder sehr zufrieden.
Foto: Foto: IDG Business Media / Jutta Weber-Vidal

Der Status quo laut COMPUTERWOCHE-Studie stimmt zumindest optimistisch, was das Bewusstsein der Unternehmen für den Wert der Daten in der Digitalisierung und die damit verbundenen Aufgaben betrifft. In den kommenden Jahren muss die Vision in einen festen Bestandteil des Geschäfts verwandelt werden. Die organisatorischen Herausforderungen sind groß, Data Management erstreckt sich neben den Tools über kulturelle, strukturelle und personelle Qualifikationen. So klagt jede dritte Firma über Fachkräftemangel im Data Management, einen Innovationsstau sowie unpassendes oder fehlendes "Mindset" der Mitarbeiter. 130 Jahre nach Holleriths weltbewegender Erfindung wäre es also wieder einmal Zeit für einen neuen Durchbruch.

Zur Studie "Data Management 2020"

Die aktuelle Studie "Data Management 2020" gibt es jetzt im COMPUTERWOCHE-Studienshop.
Die aktuelle Studie "Data Management 2020" gibt es jetzt im COMPUTERWOCHE-Studienshop.
Foto: spainter_vfx - shutterstock.com

Studiensteckbrief

Herausgeber: COMPUTERWOCHE, CIO, TecChannel und ChannelPartner

Platin Partner: Tableau Deutschland GmbH

Gold-Partner: Datavard AG

Grundgesamtheit: Oberste (IT-)Verantwortliche von Unternehmen in der D-A-CH-Region: strategische (IT-)Entscheider im C-Level-Bereich und in den Fachbereichen (LoBs), IT-Entscheider und IT-Spezialisten aus dem IT-Bereich

Teilnehmergenerierung: Stichprobenziehung in der IT-Entscheider-Datenbank von IDG Business Media; persönliche E-Mail-Einladungen zur Umfrage

Gesamtstichprobe: 349 abgeschlossene und qualifizierte Interviews

Untersuchungszeitraum: 5. bis 14. Februar 2020

Methode: Online-Umfrage (CAWI)

Fragebogenentwicklung: IDG Research Services in Abstimmung mit den Studienpartnern

Durchführung: IDG Research Services