Kultur - emotionale Ebene
Wirklich rund, vollständig und aussagekräftig werden Kennzahlen erst, wenn auch die emotionale Seite der Organisation einbezogen wird. Produktivitäts- oder Umsatzzahlen lassen beispielweise darauf schließen, dass sich Profitabilität und Wettbewerbsfähigkeit auf einem positiven Niveau befinden. Erst die ergänzenden Ergebnisse einer Mitarbeiterbefragung decken auf, ob dieser Zustand aus Sicht der Mitarbeiter durch eine dauerhafte Überlastung erreicht wird.
Werden beispielsweise permanent Konfliktsituationen ausgelöst? Oder: Sind die Mitarbeiter mit ihrer Arbeitssituation tatsächlich zufrieden? Nur wenn die Sachebene der Leistungskennzahlen mit der emotionalen Ebene der Mitarbeiter übereinstimmt, kann von einem ausbalancierten und somit stabilen Zustand der Organisation ausgegangen werden. Wird die kulturelle Dimension der Organisation übersehen oder gar ignoriert, befindet man sich in einem riskanten, halb blinden Informationszustand.
- Konstruktive Konflikte und Kritik erzeugen
"Konflikt" muss nicht zwingend negativ sein. Er kann sich auch positiv auswirken, wenn er in einem agilen Team konstruktiv zur Anwendung kommt. IT-Management-Berater Ivan Kovynyov gibt Tipps, wie Führungskräfte gezielt eine positive Konfliktkultur im Team schaffen und damit Leistung und Projekterfolg verbessern können. - Heterogenes Team bilden
Man braucht ein heterogenes Team. Denn würde beispielsweise das Team ausschließlich aus weißen Männern mittleren Alters bestehen, so ist es abzusehen, dass sie alle einen ähnlichen Denkstil haben werden. - Konfliktfreies Teambuilding
Teammitglieder sollten sich bereits kennengelernt und miteinander gearbeitet haben. Es wäre kontraproduktiv, die Teambuilding-Phase mit einem konstruktiven Konflikt zu beginnen. - Hindernisse beseitigen
Barrieren für freie Meinungsäußerung im Team müssen identifiziert und beseitigt werden: irrationale Harmoniebedürftigkeit, zu starke Konsensorientierung, starke Meinungsmacher, Lagerbildung, autoritäre Projektleiter oder Product Owner, Null-Fehler-Toleranz, Zielvorgaben enthalten Lösungsweg etc. - Den richtigen Weg einschlagen
Der Mittelweg ist nicht immer der beste Weg: wenn einer links am Baum vorbei will und der andere rechts, ist der Weg durch die Mitte offensichtlich nicht der beste. - Konsensregeln definieren
Einen qualifizierten Konsens suchen: Für Situationen in denen das Team zu keiner Übereinkunft kommt, müssen Regeln definiert werden. Zum Beispiel ruft das Team einen unabhängigen Experten oder der Projektleiter oder der Product Owner entscheiden. - Gemeinsames Ziel festlegen
Gemeinsame Ziele als Nordstern: Debatten können Teilnehmer eines agilen Teams leicht weiter voneinander entfernen. Gemeinsames Verständnis des Ziels und der Mission des Teams schafft das Gegenteil und wirkt balancierend. - Humorvoller Umgang
Wenn alle Stricke reißen: Humor hilft immer!
Die Wechselwirkungen zwischen den Ebenen Innovation und Performance sind auch aus emotionaler Sicht relevant. Teams, die an innovativen Ideen arbeiten, sind oft hoch motiviert. Das mündet jedoch häufig in Selbstausbeutung. Überstunden fallen in diesen Situationen gerne an, werden von den Mitarbeitern aber positiv bewertet oder sogar als notwendig gerechtfertigt. Eine Überlastung und damit ein potenztelles "Ausbrennen" der kreativen Teams ist aber unbedingt zu verhindern.
Daher ist es wichtig, die nötige Balance zu gewährleisten. Mitarbeiter, die aus purer Euphorie Raubbau an ihrer eigenen Substanz betreiben, sind langfristig gefährdet und können ihrer Kreativität schaden. Zusätzlich verhindert die Integration der kreativen Ebene mit der Leistungsebene über die Beachtung der Kulturebene das Entstehen einer Zwei-Klassen-Gesellschaft innerhalb der Organisation. Kennzahlen, wie zum Beispiel OKRs, sind wertvolle Werkzeuge, um derartige Entwicklungen frühzeitig sichtbar zu machen und gegenzusteuern.
Nur das Nötigste messen
Nicht alles muss gemessen werden, nur weil es gemessen werden kann. Ein gesundes Augenmaß ist unerlässlich, wenn es darum geht, einen verhältnismäßigen Aufwand für die Erhebung und Auswertung von Kennzahlen zu betreiben. Die Auseinandersetzung mit Kennzahlen kostet Zeit und Energie und führt zu Frustrationen unter den Erstellern wie auch den Nutzern, wenn sie keinen Erkenntnisgewinn enthalten. Der gesunde Menschenverstand sollte als Berater stets den Nutzen von Kennzahlen bewerten und diese konsequent verwerfen, wenn sie keine Frage beantworten können oder nicht dabei helfen, Probleme zu erkennen.
Fazit
Nutzt man Kennzahlen als Quelle des Erkenntnisgewinns und nicht als Gängelbank zur Mitarbeiterkontrolle, so wandeln sie sich von einer ungeliebten Last zu einem wertvollen Werkzeug der Selbstorganisation. Das gilt vor allem in agilen, also anpassungsfähigen Organisationen.
Werden Kennzahlen zusätzlich mit Feedback-Mechanismen kombiniert und der Zustand der eigenen Kooperation im Unternehmen nicht nur aus operativer, sondern auch aus strategischer und normativer Sicht geprüft, entsteht ein umfassendes 360-Grad-Panoramabild der gesamten Organisation.
Die hier beschriebenen Ebenen können dabei unterstützen, die wesentlichen Kennzahlen von unnützen zu unterscheiden und die relevanten Fragen zum Gesundheitszustand des Unternehmens und seiner Teams zielführend zu beantworten.