Journey Mapping ist in der digitalen Welt eine altbewährte Methode, um Nutzererfahrungen zu konzipieren und auszuwerten. Am meisten verbreitet ist es heute bei der Gestaltung digitaler Services, um beispielsweise die Customer Journey nachvollziehen zu können. Doch auch Personalabteilungen nutzen Employee Journey Mapping es schon länger, um die Erfahrungen eines Mitarbeiters bei seiner Interaktion mit dem Unternehmen zu bewerten.
Konkret handelt es sich um eine Art vorausschauende Dokumentation der gesamten Verweildauer eines Mitarbeiters im Unternehmen, von der Rekrutierung über das Onboarding und die Beförderung bis hin zum Ausscheiden. Ähnlich wie beim Customer Journey Mapping versucht die Personalabteilung dabei, Meilensteine oder "wichtige Momente" zu identifizieren und bewusst zu gestalten, um Schwachstellen in der Employee Experience zu beseitigen und die Mitarbeiterbindung zu optimieren.
Zur Erstellung einer solchen Karte (Map) erarbeiten die Personalabteilungen sogenannte "Personas" - Standardprofile, die verschiedenen Tätigkeiten entsprechen. Dem Mapping entsprechend wird dann für jedes Profil das Feedback der Mitarbeiter während jeder einzelnen Phase ihrer Beschäftigung gesammelt, vom Onboarding bis zum Ausscheiden.
Eine Employee Journey Map zeigt die wichtigsten Phasen des Lebenszyklus eines Mitarbeiters: Einstellung, Einarbeitung, Weiterentwicklung, Beförderung und Ausscheiden. Für jede Phase identifiziert die Personalabteilung kritische Momente, die sich positiv oder negativ auf das Feedback des Mitarbeiters auswirken. Zu den wichtigen Momenten gehören Erfahrungen wie Vorstellungsgespräche, Onboarding und Leistungsbeurteilungen. Auch in unserer hybriden Welt sind all diese Momente wichtig, vielleicht sogar noch wichtiger als früher.
Warum sind Mitarbeiter unzufrieden?
Früher fanden die meisten dieser Momente im Büro statt, doch immer weniger Arbeitnehmer sind heute dort anzutreffen. Vor der Pandemie arbeiteten 60 Prozent der Mitarbeiter, die ihre Arbeit auch remote hätten erledigen können, ganztags im Büro - heute sind das nur noch 22 Prozent. Vom Rest arbeiten fast 50 Prozent zum Teil von zuhause aus und 30 Prozent arbeiten komplett remote.
Ein weiterer Unterschied besteht darin, dass die neue hybride Belegschaft nicht nach einem bestimmten Muster aufgebaut ist, zumindest was der Arbeitsort betrifft: Ein beliebiger Teil der Belegschaft kann einen beliebigen Teil der Zeit remote arbeiten. Und nicht nur der Arbeitsort hat sich verändert, sondern auch das "Wie" wir heute dank neuer Technologie arbeiten. All das macht es schwieriger, die Employee Journey zu erfassen.
"Erst wenn man sich die Daten zum Mitarbeiterengagement ansieht, kann man erkennen, wo die verschiedenen Personas aufblühen oder von dem vorgezeichneten Weg abkommen", sagt Emily Connery, Vice President of People and Talent beim Softwareunternehmen ChartHop, das Personalanalysen durchführt.
"Anhand der Datenanalyse können Sie sehen, ob Remote-Mitarbeiter sechs bis zwölf Monate nach ihrer Einstellung unzufriedener sind als Hybrid- oder Büro-Mitarbeiter, und vor allem, warum." Laut Connery können diese Erkenntnisse den Unterschied ausmachen, ob ein Neueinsteiger nach einem Monat das Unternehmen wieder verlässt oder ob er über Jahre hinweg ein geschätzter Mitarbeiter bleibt.
Hybride "wichtige Momente" sind anders
Im alten bürobasierten Arbeitsmodell prägte eine Vielzahl kleinerer Momente die Erfahrungen der Mitarbeiter, vom Plausch an der Kaffeetheke bis zur Geburtstagsfeier für einen Teamkollegen. Doch solche Begegnungen sind bei hybriden Arbeitnehmern naturgemäß seltener und kommen bei Remote-Mitarbeitern überhaupt nicht vor. Für sie spielt die Technologie bei jeder Interaktion eine umso größere Rolle.
"Während der Pandemie waren wir alle isoliert", sagt Kevin Barnard, Deputy Chief Innovation Officer bei ServiceNow. "Der Aufbau von Beziehungen und die Zusammenarbeit, die natürlich stattgefunden hätte, wenn wir zum Beispiel alle auf derselben Etage gearbeitet hätten oder uns beim Nachmittagskaffee begegnet wären, war einfach unmöglich.
Das Ergebnis: Die Dienstzeit eines Mitarbeiters im Unternehmen hat sich nicht grundlegend geändert - wie früher wird jeder Mitarbeiter eingestellt, eingearbeitet und verlässt schließlich das Unternehmen. Aber da es weniger persönliche Interaktionen gibt, ist die Zahl der wichtigen Momente geschrumpft. Dafür hat jeder einzelne dieser Momente mehr Gewicht. Darüber hinaus sind diese Momente auf besondere Weise stark technisch geprägt.
Nehmen wir als Beispiel die Onboarding-Phase, die darüber entscheiden kann, ob ein neuer Mitarbeiter innerhalb der ersten sechs Monate bleibt oder geht, und die voller wichtiger Momente ist. Bedenken Sie diese wesentlichen Unterschiede zwischen den Erfahrungen traditioneller und hybrider Mitarbeiter am ersten Tag, wie sie in Bild unten aufgeführt sind:
Für die meisten neu eingestellten Hybrid-Mitarbeiter ist das virtuelle Onboarding eine ziemlich glanzlose Angelegenheit. Eine kürzlich von Eagle Hill Consulting durchgeführte Umfrage unter hybriden Arbeitnehmern - rund die Hälfte von ihnen wurde virtuell eingearbeitet - ergab, dass die Einarbeitung bei den meisten Unternehmen zu kurz kommt. 71 Prozent der neuen Mitarbeiter fühlen sich am Ende sozial isoliert, und 62 Prozent geben an, dass die Kultur nicht dem entspricht, was ihnen vor der Annahme der Stelle präsentiert wurde.
Benjamin Granger, leitender Arbeitsplatzpsychologe bei Qualtrics, führt dies auf die Art und Weise zurück, wie Menschen miteinander in Kontakt treten. "Das Hybrid Journey Mapping hat uns gezeigt, dass einige dieser Erfahrungen, wie beispielsweise das Onboarding, lieber persönlich stattfinden sollten. Da aber viele hybride Mitarbeiter in einer anderen Stadt oder auf der anderen Seite des Globus arbeiten, ist ein persönliches Onboarding meist nicht machbar", sagt Granger.
Für HR-Teams kann es schwierig sein, zu erkennen, wenn kritische Hybrid-Momente ungenutzt verpuffen, vor allem, wenn die Mitarbeiter sich scheuen, in Umfragen negatives Feedback zu geben. "Als wir noch alle zusammen im Büro saßen, konnte man sehen, wie es einem neuen Mitarbeiter geht. Das Fehlen visueller Anhaltspunkte ist eine Herausforderung bei der Beurteilung der Employee Journey", sagt Emily Connery von ChartHop.
Digitale Schwachpunkte in der Employee Journey
Das Employee Journey Mapping macht deutlich, dass es bei der hybriden Employee Experience oft an den richtigen digitalen Tools mangelt. Laut einer Qualtrics-Studie beurteilen nur 30 Prozent der Mitarbeiter die Technologie, die ihr Unternehmen zur Unterstützung von Zusammenarbeit und Kommunikation einsetzt, als gut genug, um ihre Bedürfnisse zu erfüllen. Das bedeutet, dass die Unternehmen ihre Technologie verbessern müssen, aber auch, dass sie die wichtigen Momente als digitale Erlebnisse durchdachter gestalten müssen.
Bei persönlichen Gesprächen und insbesondere bei Leistungsbeurteilungen rät Emily Connery Managern, die Interaktion mit dem Mitarbeiter vor dem Gespräch als Rollenspiel durchzuspielen. "Wenn diese Momente verpuffen, ist es wirklich schwer, sie neu zu beleben. Das trifft besonders dann zu, wenn jemand auf eine Beförderung gehofft hat und sie nicht bekommt", betont sie.
ChartHop, Connerys vollständig dezentral arbeitendes Unternehmen, hat kürzlich alle Mitarbeiter persönlich zu einer Veranstaltung zusammengebracht, um ein Gefühl der Gemeinschaft zu schaffen. "In einem hybriden Kontext muss man bei der Einstellung von Mitarbeitern seine Werte klar kommunizieren und sie dann auch einhalten", sagt sie. "Andernfalls werden die Mitarbeiter das Unternehmen verlassen."
Angesichts der Tatsache, dass 83 Prozent der Arbeitnehmer planen, bei ihrer nächsten Arbeitsstelle nach einem hybriden Arbeitsmodell zu suchen, kann diese Kommunikation darüber entscheiden, ob sich ein potenzieller Mitarbeiter für Ihr Unternehmen entscheidet oder nicht.
Die Zufriedenheit der Arbeitenden mit der neuen hybriden Arbeitswelt hat IDG übrigens von einigen Monaten abgefragt. Die Einsichten daraus finden Sie hier.