Jobs für Softwareentwickler

Wie Sie der Developer-Hölle entkommen

18.02.2021
Von 
Josh Fruhlinger ist freier Autor in Los Angeles.
Traumjob Softwareentwickler? Nur wenn es gut läuft. Wenn nicht, gehen auch Developer durch die Hölle.
Einige Softwareentwickler sind weit vom Traumjob entfernt. So entkommen Sie schlechten Developer Jobs.
Einige Softwareentwickler sind weit vom Traumjob entfernt. So entkommen Sie schlechten Developer Jobs.
Foto: LightField Studios - shutterstock.com

Sie haben sicher schon gehört, dass Programmierkenntnisse einem Freifahrtschein für eine tolle IT-Karriere gleichkommen. Inzwischen ist es schon fast zum politischen Klischee geworden, Beschäftigten in dahinsiechenden Branchen nahezulegen, doch endlich coden zu lernen. Wer diesen Rat befolgt - so die gängige Annahme - den erwarten ein erfüllender Job und lukrative Verdienstmöglichkeiten. Egal, wen Sie auch fragen - Softwareentwickler sind die Gewinner auf dem heutigen Arbeitsmarkt.

Die Realität sieht jedoch leider oft völlig anders aus, so Alex Yelenevych, Mitbegründer und CMO von CodeGym, einem Anbieter für Online-Java-Kurse. Viele seiner Kunden wollen sich neue Skills aneignen, um aus ihren aktuellen Developer-Jobs zu entkommen: "Sie gehen in endlosem Unit Testing und Legacy Code unter und fühlen sich wie Fließbandarbeiter."

Tatsache ist: Viele Jobs im Bereich Softwareentwicklung können sich wie die "Verliererseite" anfühlen. Wir haben einige Tech- und Karriereexperten dazu befragt, wie man solche Jobangebote vorab erkennt, vermeidet oder ihnen wieder entkommt, wenn es schon zu spät ist.

Wie Entwickler Verliererjobs erkennen

Grundsätzlich ist es eine rein subjektive Einschätzung, ob sich ein Job nach "Verliererseite" anfühlt - was für den einen ein Albtraum ist, ist für den anderen unter Umständen die totale Erfüllung. "Doch manchmal enden Menschen in Entwicklerjobs, die überhaupt nicht zu ihnen passen", meint Sanket Shah, CEO von InVideo. "Troubleshooting und die Überarbeitung von schlecht geschriebenem Code mit noch schlechterer Dokumentation oder ein Übermaß an Bulk Coding sind Aufgaben, die viele Developer als nervig oder langweilig empfinden."

Glücklicherweise gibt es einige Alarmsignale, auf die Softwareentwickler achten können, um nicht im falschen Job zu landen. Eines davon hängt direkt mit dem Status der IT innerhalb eines Unternehmens zusammen, erklärt Ryan Maxwell, CTO bei FirstRate Data: "Wenn die IT-Abteilung ausschließlich als Cost Center und nicht als strategisches Asset gesehen wird, sollten die Alarmglocken schrillen." Er würde Softwareentwicklern immer empfehlen, von solchen Unternehmen Abstand zu nehmen, meint Maxwell, denn: "Die Qualität der IT wird hier niemals im Fokus stehen und den Developern kommt für gewöhnlich nur die Aufgabe zu, die Systeme am Laufen zu halten. Zu minimalen Kosten versteht sich."

Wenn Sie ein Jobangebot in Betracht ziehen, gilt generell: Konzentrieren Sie sich nicht nur auf die Aspekte der Programmierarbeit, sondern achten Sie darauf, welchen Wertbeitrag Sie für das gesamte Unternehmen leisten und ob dessen Ziele für Sie erstrebenswert sind. "Wenn Sie sich in Ihrem derzeitigen Job nicht gut aufgehoben fühlen, sollten Sie sich fragen, was Sie wirklich gerne machen wollen", empfiehlt Tom Winter, Mitbegründer von DevSkiller. "Wenn Sie von den Produkten des neuen Unternehmens überzeugt sind, ist das der erste Schritt zum Gewinnerjob."

Wie Developer der Hölle entkommen

Wenn Ihr Developer-Job Sie bereits zu erdrücken droht, sollten Sie sich bewusst machen, dass im Bereich der Softwareentwicklung teilweise erhebliche Skill Gaps zu finden sind. Das bringt Arbeit mit sich - aber wenn Sie einen Bereich im Blick haben, indem Sie künftig gerne arbeiten möchten, müssen Sie auch die Motivation aufbringen, sich die nötigen Programmiersprachen oder Technologien anzueignen. Das bedeutet nicht, dass Sie in kürzester Zeit zum absoluten Crack mutieren müssen. Aber Sie sollten die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten - beispielsweise Online-Kurse und Video-Tutorials - nutzen, um weiterzukommen. "Besonders jetzt im Jahr 2021, wo Remote-Einstellungen nicht mehr außergewöhnlich sind und räumliche Distanz immer seltener eine Rolle mehr spielt", meint Winter.

Wenn es um Berufserfahrung geht, die im neuen Job abgefragt wird, wird die Sache schon diffiziler. Eva-Marie Costello ist Chief of Staff bei Springboard, einem Anbieter von Online-Kursen für Data Science, Machine Learning, Design und Analytics, und weiß, worauf es bei der Lebenslauf-Optimierung ankommt: "Jede Form der Erfahrung lässt sich gewinnbringend nutzen. Es kommt dabei auf die Präsentation und Perspektive an. Wir vermitteln unseren Kunden, ihre Berufserfahrungen so zu präsentieren, dass potenzielle Arbeitgeber darin einen Mehrwert erkennen können."

"Jeder Job ist eine Lernerfahrung", meint Sander Tamm, Gründer und CEO von E-Student. "Sie müssen sich bei jeder neuen Möglichkeit die Frage stellen: 'Was kann ich daraus lernen?' Skills, Prozesse, Software? Das gilt auch in ungünstigen Situationen: Von jemandem, der alles falsch macht, kann man eine Menge lernen."

Ein weiterer Weg, Ihre Karriere voranzubringen: Arbeiten Sie umsonst. Zum Beispiel für eine Nonprofit-Organisation oder eine Community. "Bieten Sie technische Hilfe oder Unterstützung an und testen Sie in diesem Umfeld neue Skills, die Sie sich angeeignet haben", rät Mark A. Herschberg, Autor von "The Career Toolkit: Essential Skills for Success That No One Taught You".

Skills jenseits der Programmierarbeit

Bei allen technischen Skills sollten Sie Ihr Augenmerk auch auf Soft Skills legen, die in technisch orientierten Berufen allzu oft unter den Tisch fallen. Dennoch sind Soft Skills bei Arbeitgebern genauso gerne gesehen wie technische Fähigkeiten - insbesondere, wenn es um besser bezahlte Jobs in höheren Positionen geht.

"Von einer Programmiersprache zur anderen zu wechseln, ist ehrlich gesagt kein besonders großer Sprung", meint Herschberg. "Kennen Sie sich mit interdisziplinärer Teamarbeit aus? Wissen Sie, wie man mit Budgets umgeht? Oder können Sie vielleicht technische Sachverhalte auch für Außenstehende leicht verständlich erklären?"

Nach Meinung von Fahim ul Haq, CEO und Mitbegründer von Educative.io, sind Bewerbungsgespräche für einen Technik-Job die perfekte Gelegenheit, Skills zu präsentieren, die Sie sich durch ungewöhnliche Erfahrungen angeeignet haben. Zudem spiele die Persönlichkeit eines Bewerbers für Recruiter eine immer wichtigere Rolle, so der Experte: "Die Wichtigkeit einer gesunden Unternehmenskultur hat sich herumgesprochen. Persönliche Eigenschaften und 'Cultural Fit' sind deshalb auch in Bewerbungsgesprächen erfolgskritisch."

Zwischenmenschliche Fähigkeiten sind jedoch auch im Alltagsleben wichtig. Zum Beispiel, wenn es darum geht, ein Netzwerk aufzubauen. Das kann extrem hilfreich sein bei der Suche nach einem neuen Job. Allerdings sollte das Netzwerk mehr umfassen als nur die nächsten Kollegen, wie Autor Herschberg weiß: "Auch ein Netzwerk braucht Diversität. Vernetzen Sie sich auch mit Menschen aus anderen Fachgebieten. Ich kenne viele Leute, die auf der Suche nach einem 'Tech Guy' sind - das könnten Sie sein."

So bleiben Softwareentwickler Gewinner

Haben Sie einen Developer-Job ergattert, der Ihnen wirklich Freude bereitet? Dann sollten Sie sich nicht auf Ihren Lorbeeren ausruhen. Vielleicht wendet sich das Blatt in einigen Jahren, weil Routine Einzug hält, ein neues Management eingesetzt wird oder sich Aufgaben und Prozesse verändern.

Deshalb sollten Sie immer bereit sein, sich nach etwas Besserem umzusehen. Herschberg, der neben seiner Autorentätigkeit auch am renommierten MIT unterrichtet, ist überzeugt davon, dass Vorbereitung und Lernen nicht mit dem Diplom, Bachelor oder Master enden: "Wir als Gesellschaft müssen viel regelmäßiger lernen. Für Unternehmen heißt das, umzudenken und beispielsweise Sabbaticals zu ermöglichen, die zur Skill-Optimierung genutzt werden." (fm)

Dieser Beitrag basiert auf einem Artikel unserer US-Schwesterpublikation Infoworld.