Die zunehmende Komplexität trifft Business Developer und Produkt-Manger besonders. Den folgenden drei Bereichen sollten Business Developer und Produkt-Manager besonderes Augenmerk schenken:
Die Organisation und die Zulieferer: Der Business Developer nutzt die Organisationseinheiten und externe Zulieferer, um neue Geschäftsfelder zu erschließen. Die Kommunikationsbeziehungen nehmen dabei zu, und die verschiedenen Interessen der beteiligten Parteien müssen erkannt und koordiniert werden. Interne Abteilungen bedienen meist mehrere interne Kunden und müssen Ressourcen und Mitarbeiter sorgfältig einplanen.
Das Produkt: In den digitalen Geschäftsmodellen spielen die Produkte eine andere Rolle als in den klassischen Geschäftsmodellen. Die Produkte und Dienste sind abstrakter, und der Preis bezieht sich oft auf andere Aspekte. Darüber hinaus haben die Economies of Scale einen massiven Einfluss auf die Preisgestaltung.
Der Kunde und seine Bedürfnisse: Digitale Geschäftsmodelle adressieren oft keine regionalen, sondern globale Märkte und erschließen erst durch diese maximale Reichweite ein attraktives Preismodell für die Zielgruppe. Mobilität und Location Based Services ermöglichen ganz neue Anwendungsszenarien für die Kunden.
Auch die Welt des Kunden wird nicht einfacher - und seine Bedürfnisse steigen. Von ausgereiften Produkten erwartet der Kunde neben seiner Bedürfnisbefriedigung auch ein großes Nutzererlebnis. Die Fülle an Informationen, Produkten und Möglichkeiten, die einem Konsumenten heute zur Verfügung stehen, lassen das Anspruchsniveau stetig steigen.
Diese drei Welten sind eng miteinander verbunden. Es gibt vielfältige Wechselwirkungen, Beeinflussungen und Rückkopplungen, die eindeutige Prognosen, ob ein Produkt in seiner Zielgruppe erfolgreich werden kann oder nicht, nahezu unmöglich machen. Andererseits lässt sich hier ein System erkennen, das zwar schwer durchschaubar und kaum prognostizierbar ist - für das aber bereits neue Ansätze existieren, um seine Komplexität zu bewältigen. Hier sind agile Methoden und das aus dem Automobilsektor bekannte Lean Management zu nennen. Diese Ansätze stellen sich der Herausforderung, indem sie kurze Zyklen mit schnellem Feedback nutzen, Verschwendung vermeiden und kundenzentriert vorgehen, um sich adaptiv einer optimalen Lösung zu nähern.
Business Development bedeutet die Orchestrierung einer Vielzahl von Stakeholdern mit unterschiedlichsten Interessen. Die Geschäftsführung definiert die strategischen Ziele des Unternehmens, die ihrerseits Input für den Business Development-Prozess sind. Der Business Developer definiert die Maßnahmen, die für den Aufbau neuer oder die Optimierung bestehender Geschäftsfelder notwendig sind. Um die Strategieziele zu realisieren, nutzt er bestehende strategische Partnerschaften oder baut neue. Aber er verlässt sich auch auf die Beistellungen aus der eigenen Organisation und von spezialisierten Dienstleistern oder Zulieferern.
Deshalb müssen die betroffenen Linienmanager früh in die Kommunikationsstrategie einbezogen werden, um mit deren Hilfe die neuen Produkt-, Service- oder Prozessinnovationen zum Erfolg zu führen (sh. Abb. 1).
Alle beteiligten Partner müssen nahtlos in die digitale Wertschöpfungskette integriert werden, will man der Dynamik des Marktes gerecht werden. Alle Medienbrüche oder manuellen Teilprozesse erschweren es, schnell auf neue Gegebenheiten des Marktes zu reagieren.
Auch die Partner müssen sich den Kundenversprechen verpflichtet fühlen - andernfalls ist die Qualitätsaussage des Unternehmens in Gefahr. Darum definiert beispielsweise Amazon für die Amazon Market-Teilnehmer die Lieferfristen und Modalitäten und überwacht sie. Dadurch hat ein Prime Kunde die gleiche User Experience hat, als würde er von Amazon direkt beliefert.
Digitale Geschäftsmodelle sind typischerweise durch mehrere der folgenden Aspekte charakterisiert:
Produkte werden zu digitalen Gütern und können unbegrenzt kopiert werden, ohne dass dabei signifikante Kosten entstehen. Der Vertrieb der Güter erfordert dann keine teuren Logistikprozesse, der Transfer zum Kunden erfolgt über das Internet.
Schnell änderbare Prozesse, die in Software gegossen sind, ermöglichen kurzfristige Veränderungen und können zu einem großen Hebel in der Monetarisierung führen (Beispiel: UberPool). Der hohe Automatisierungsgrad sorgt dafür, dass nur wenige Servicekräfte benötigt werden, um die Hauptgeschäftsvorfälle zu erledigen.
Die nahezu grenzenlose Skalierbarkeit der Lösungen führt dazu, dass eine neue Region oder ein neues Land unabhängig von den Nutzerzahlen angebunden werden können. Viele der Geschäftsmodelle funktionieren nur, weil eine gewisse kritische Masse an Nutzern überschritten wird, wie es etwa bei eBay der Fall ist.
Eine hochwertige und markenorientierte User Experience wird aufgebaut, damit in der täglichen Nutzung eine starke Wechselwirkung zwischen Kunde und Marke entsteht und somit eine Markenbindung aufgebaut werden kann.
Hohe Investitionskosten werden nicht im Unternehmen gebunden, sondern durch Partner erbracht. Besitzstand wird verteilt (Beispiel: die Fahrer von Uber sind Eigentümer der Fahrzeuge). Das Unternehmen kann sich weiterhin schnell und wendig bewegen.
Produkte haben oft eher die Gestalt von Diensten.
Um die Investitionsverteilung, die Fremdleistungsanteile und deren Integration, die Automatisierung durch softwaredefinierte Prozesse und die User Experience so zu managen, dass daraus ein nachhaltig erfolgreiches Produkt wird, ist es notwendig, jede Partnerbeziehung aktiv zu pflegen. Nur wer auf diese Weise miteinander vernetzt arbeitet, kann agil auf Veränderungen reagieren.
- Aufruf zum Change
Die Hochschule St. Gallen und der BVDW haben typische Fehler bei der Digitalisierung analysiert. Change-Management-Expertin Claudia Schmidt gibt Tipps, wie man es besser macht. - Projekte nicht isoliert betrachen
Viele Unternehmen organisieren die digitale Transformation in isolierten Einzel-Projekten, etwa im Marketing, im Vertrieb oder als reines IT-Projekt. Das ist zu kurz gedacht, mahnen die Studienautoren. Es sei wichtig, die Zusammenhänge zwischen den Projekten aufzuzeigen und die Auswirkungen der Projekte auf das Unternehmen darzustellen. Schmidt plädiert dafür, Projekte immer als Teilabschnitt auf dem Weg zu einem zukunftsfähigen - also digitalisierten - Unternehmen zu sehen. - Teamstrukturen aufbrechen
Je unterschiedlicher die Teammitglieder sind, die gemeinsam an einem Projekt arbeiten, umso höher die Innovationsfähigkeit des gesamten Teams. Dieser These stimmen die Uni St. Gallen und der BVDW zu. Unternehmen müssen die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Abteilungen fördern. Auch Expertin Schmidt sagt, dass Projekte immer das gesamte Unternehmen beeinflussen: "Die Wirkung und die Bewegung, die sie erzeugen, gilt es zu verstehen, zu nutzen und für die Organisation und die Menschen nutzbar zu machen." - Das mittlere Management mitnehmen
Die Geschäftsleitung will Digitalisierung, die Mitarbeiter am Kunden und in der Praxis könnten Ideen liefern - wenn nicht das mittlere Management dazwischen stünde. Für Beraterin Schmidt geht es dabei um das Thema Flexibilität. Die Digitalisierung verlange von Unternehmen eine Überprüfung von Kultur und Führung: "Damit das mittlere Management sich bewegen kann, braucht es ein neues Verständnis von seiner Rolle und davon, wie sich seine Spielräume und Verantwortung verändern." - Claudia Schmidt, Mutaree
Schmidt erklärt: "Sind erst digitale Prinzipien erfolgreich verankert in Führung und Arbeitskultur, wird parallel die Anpassungsfähigkeit steigen. Soll der ROI erreicht werden, muss gewährleistet sein, dass die Menschen die Veränderung verstehen, sie dabei befähigt werden, diese umzusetzen und sich aktiv einbringen können."
Von der Theorie zur Praxis
Der Umgang mit zahlreichen Partnern verlangt entsprechendes Vorgehen. Handelt es sich um externe Partner, müssen diese Partnerbeziehungen vertraglich abgebildet werden. Preise, Leistungen und zeitliche Rahmenbedingungen werden in den Verträgen verbindlich geregelt. Klare Verhältnisse dürfen in diesem Zusammenhang aber nicht starre Strukturen bedeuten. Denn dies würde die notwendigen Handlungsspielräume einschränken, die ein agiles Unternehmen braucht.
Viel wichtiger ist es, die beteiligten Parteien so zu koordinieren, dass sie parallel an der Realisierung des Produkts arbeiten und in regelmäßigen und kurzen Zyklen bewertbare Ergebnisse produzieren. Neben den Kerntätigkeiten (sh. Abb. 2 , oberer Teil) ist es sinnvoll, an den Übergabeschnittstellen Koordinatoren einzusetzen, die die Transitionsaufgaben übernehmen (sh. Abb. 2, unterer Teil). Solche Koordinatoren leisten wichtige Übertragungsarbeiten, strukturieren die Arbeitspakete und sorgen für eine synchronisierte Taktung. Auf diese Weise können werthaltige Produktinkremente ausgeliefert werden (Launch).
Der Feedback-Kanal muss vor dem ersten Kontakt des Kunden mit dem Produkt installiert sein, sodass eine optimale Produktsteuerung möglich wird. Auch wenn hier nur von einem Feedback-Kanal die Rede ist, so handelt es sich immer um viele Wege, über die das Feedback zum Produkt-Manager oder Business Developer gelangen kann.