Atos Technology Days 2019

Wie sich Atos auf die Post-Cloud-Ära vorbereitet

23.05.2019
Von 


Manfred Bremmer beschäftigt sich mit (fast) allem, was in die Bereiche Mobile Computing und Communications hineinfällt. Bevorzugt nimmt er dabei mobile Lösungen, Betriebssysteme, Apps und Endgeräte unter die Lupe und überprüft sie auf ihre Business-Tauglichkeit. Bremmer interessiert sich für Gadgets aller Art und testet diese auch.
Als Konsequenz auf den bevorstehenden Daten-Tsunami kündigte der französische IT-Dienstleister Atos in Paris neue Produkte und Lösungen rund um die Bereiche IoT/Edge, KI, Super-Computing und Cybersecurity an.

"Wir stehen vor einem klaren Paradigmenwechsel", begann Atos-Chef Thierry Breton die Pressekonferenz zur Hausmesse Atos Technology Days 2019, zu der gut 500 Hauptkunden erwartet wurden. Die Aufgabe seines Unternehmens sei es, mit den Daten zu arbeiten, die unsere Kunden generieren, also sie zu speichern, abzusichern oder zu verarbeiten, holte Breton aus. Stand heute lägen davon 80 Prozent in Rechenzentren und der Cloud, die restlichen 20 Prozent befänden sich außerhalb dieser und wären überall verteilt. Bis 2025 zeichne sich jedoch nach Meinung von Experten und Analysten ein umgekehrtes Bild ab, künftig würden 80 Prozent der Daten außerhalb der Rechenzentren und der Cloud produziert, gespeichert und verwaltet: Aus dem Verhältnis 80 Prozent zu 20 Prozent würden 20 Prozent zu 80 Prozent.

Atos-CEO Thierry Breton erwartet einen klaren Paradigmenwechsel, was den Ort der Datenspeicherung und -verarbeitung betrifft.
Atos-CEO Thierry Breton erwartet einen klaren Paradigmenwechsel, was den Ort der Datenspeicherung und -verarbeitung betrifft.

Dies bedeute allerdings nicht, dass Datenmengen in der Cloud und RZ rückläufig sind, vielmehr steige die Menge der Daten pro Jahr um 60 Prozent, so der frühere Chef von France Télécom. Der Grund dafür sei die wachsende Zahl an vernetzten Devices, diese soll innerhalb der nächsten fünf Jahre von 23 Milliarden in 2018 auf 75 Milliarden anwachsen. "Wir müssen auf den Tsunami an Daten vorbereitet sein, der auf uns zurollt - jetzt und für die nächste Dekade", sagte Breton. Konkret sieht der Topmanager verbunden mit dieser Entwicklung drei große Aufgaben auf seine Company zukommen, nämlich:

  • 1. Highend Computing wird überall benötigt

  • 2. Daten müssen sich in Geschäftswert verwandeln

  • 3. Trust und Security müssen überall sichergestellt werden

Data Everywhere - Computing Everywhere

Als Reaktion auf diese Herausforderungen stellte Atos auf der im Rahmen der Innovationsmesse VivaTech stattgefundenen Veranstaltung den Edge-Computing-Server BullSequana Edge vor. Der laut Atos weltweit leistungsstärkste Edge-Computing-Server - praktisch die Edge-Version des HPC BullSequana - soll es Unternehmen ermöglichen, Herausforderungen wie begrenzte Bandbreite, instabile Netzwerkverbindungen, Datensicherheit am Edge und Netzwerkkosten zu bewältigen. Dazu verwaltet und verarbeitet das Gerät IoT-Daten sicher in der Nähe ihres Entstehungsortes und sorgt so dafür, dass sie sofort aufbereitet werden. Damit soll er sich insbesondere für Bereiche eignen, in denen schnelle Antwortzeiten entscheidend sind. Einsatzszenarien sieht Atos etwa in der Industrie 4.0, bei autonomen Fahrzeugen, im Gesundheitswesen sowie bei der Sicherheit im Einzelhandel und an Flughäfen - also überall dort, wo Daten am Edge in Echtzeit verarbeitet und analysiert werden müssen.

Der Atos BullSequana Edge ist mit einem Xeon-D-Prozessor mit 16 Kernen, bis zu 512 GB RAM und zwei SATA-Laufwerken ausgestattet. Optional können bis zu zwei Nvidia Tesla T4 oder andere Field Programmable Gate Array (FPGA) verbaut werden.
Der Atos BullSequana Edge ist mit einem Xeon-D-Prozessor mit 16 Kernen, bis zu 512 GB RAM und zwei SATA-Laufwerken ausgestattet. Optional können bis zu zwei Nvidia Tesla T4 oder andere Field Programmable Gate Array (FPGA) verbaut werden.

Der BullSequana Edge ist ab sofort verfügbar und unterstützt bereits drei Hauptkategorien von Einsatzfeldern. Mit der KI-Lösung Atos Edge Computer Vision sollen sich etwa Merkmale wie Gesichter, Emotionen oder Verhaltensweisen aus den Aufnahmen von Überwachungskameras extrahieren und analysieren lassen. Atos Edge Data Analytics wiederum soll es Unternehmen ermöglichen, über eine Big-Data-Analyse am Entstehungsort der Daten ihre Geschäftsmodelle mit vorausschauenden und präskriptiven Lösungen zu verbessern.

Außerdem lässt sich damit auch die All-in-One-Containerlösung Atos Edge Data Container (EDC) betreiben. Dabei handelt es sich um ein dezentrales oder autonomes IT-System, das aus einem einzelnen Rack oder sogar einem kompletten Rechenzentrum mit Datencontainern bestehen kann. Zur Anbindung an ein Rechenzentrum oder die Cloud ist dabei nicht zwingend ein Ethernet-Kabel erforderlich, die Verbindung kann laut Atos auch über Funk (LoRa), Mobilfunk oder WLAN erfolgen, der Edge Computing Server fungiert dabei als eine Art IoT-Gateway.

Lernumgebung für Quanten-Programmierung

Neuigkeiten verkündete Firmenchef Breton auch rund um das Thema Quantencomputer: Achtzehn Monate nach der Präsentation der Atos Quantum Learning Machine (QLM) mit bis zu 41 simulierten Quantenbits (Qubits) stellt die Company nun mit myQLM eine kostenlose Lernumgebung für angehende Entwickler von Quantenalgorithmen zur Verfügung. Mit der vom Atos QLM-Simulator abgeleiteten Python-Umgebung sollen QLM-Kunden und Endanwender in den Sprachen AQASM (Atos Quantum Assembly Language) und pyAQSM programmieren und ihre Programme durch digitale Simulation auf dem eigenen Computer testen können.

Die Atos Quantum Learning Machine simuliert die Vorgehensweise eines echten Quantencomputers und hilft dabei, Anwendungen zu entwickeln.
Die Atos Quantum Learning Machine simuliert die Vorgehensweise eines echten Quantencomputers und hilft dabei, Anwendungen zu entwickeln.

Außerdem besteht die Möglichkeit, mit myQLM entwickelte Programme auf einer echten Atos Quantum Learning Machine Appliance über ein eigenes gebührenpflichtiges Portal auszuführen. Die Franzosen kündigten zusätzlich an, Open-Source-Übersetzer von myQLM in andere wichtige Quantenprogrammierumgebungen bereitzustellen, um so eine Interoperabilität zu gewährleisten. "Quantencomputing ist eine Technologie, die die Zukunft des Computers für die kommenden Jahre prägen wird", sagte Breton: "Wir wissen nicht genau, wann die Technologie voll einsatzfähig und im erforderlichen Umfang verfügbar sein wird, aber wir müssen vorbereitet sein."

KI-Anwendungen im Edge

Um aus den erwarteten Massen an Daten einen Geschäftswert generieren zu können, bedarf es allerdings nicht immer Quanten-Computer, führte der Atos-Chef weiter aus: Viele Daten würden nur produziert, damit eine Aufgabe erledigt werden kann, müssten also nicht in die Cloud, sondern könnten lokal verarbeitet werden, etwa durch KI auf der Maschine. Dank der Übernahme von Syntel im Oktober vergangenen Jahres sei Atos in der Lage, KI und spezifische Algorithmen (Tensorflow) auf eine geschützte und sichere Art und Weise überall hinzubringen, wo die Daten sind, erklärte Breton. Außerdem habe man im Rahmen einer Partnerschaft mit Google Cloud bereits ein erstes AI Lab in London eröffnet, weitere seien für Paris und Dallas geplant.

Auf seiner vierten Hausmesse präsentierte Atos Lösungen für Bereiche wie Smart City, Healtcare, Fertigung, Einzelhandel oder Versorgung.
Auf seiner vierten Hausmesse präsentierte Atos Lösungen für Bereiche wie Smart City, Healtcare, Fertigung, Einzelhandel oder Versorgung.

Der Atos-CEO verwies in diesem Zusammenhang auch auf die exklusive Vereinbarung mit Siemens, die IoT-Plattform Mindsphere on Premises bereitzustellen und von Atos als Managed Services betreiben zu lassen. Damit liefe Mindsphere als lokale IoT Plattform im Edge, die Daten würden über Mindsphere Connect auf den Edge-Computer portiert und nur die Metadaten wanderten in die Cloud.

Hardware Security Modul für IoT-Devices

Was die dritte Herausforderung im Rahmen der vorhergesagten Datenflut - Cybersecurity - anbelangt, erklärte Atos-Chef Breton, dass sich sein Unternehmen über Jahre hinweg darauf vorbereitet habe, die Daten der Kunden zu schützen. Atos verfüge über mehr als 5000 Security-Spezialisten, betreibe 14 Security Operation Center (SOC) weltweit und sichere bereits 3,2 Millionen Endpoints und 3,5 Millionen IoT-Geräten ab.

Parallel zu seiner Hausmesse zeigte Atos auf der benachbarten Innovationsmesse VivaTech Lösungen von Startups aus seinem Ökosystem.
Parallel zu seiner Hausmesse zeigte Atos auf der benachbarten Innovationsmesse VivaTech Lösungen von Startups aus seinem Ökosystem.

Da jedoch gerade bei den vernetzten Devices ein starkes Wachstum und damit ein höherer Schutzbedarf erwartet wird, kündigte Atos auf seiner Hausmesse an, mit dem Hardware-Sicherheitsmodul (HSM) Horus HSM for IoT ein neues Layer of Trust für IoT einzuführen. Neben den klassischen HSM-Funktionen bietet das Horus HSM for IoT dabei eingebettete IoT-Sicherheitsdienste wie die Authentifizierung von Kommunikationsgeräten und die Verarbeitung und Vertraulichkeit der übertragenen Daten. Diese Dienstleistungen sind laut Atos auf verschiedene Branchen zugeschnitten und folgten den neuesten IoT-Sicherheitsprotokollen, wie z.B.: LoRAWAN 1.0/1.1 für die Telekommunikation, DLMS/COSEM für Utilities und Smart Meter oder LWM2M/OSCORE für Machine-to-Machine-Kommunikation und Gerätemanagement im Industrial IoT-Umfeld.