IoT-Hausmesse SAP Leonardo Live

Wie SAP Kunden durch die digitale Transformation begleiten will

14.07.2017
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Manfred Bremmer beschäftigt sich mit (fast) allem, was in die Bereiche Mobile Computing und Communications hineinfällt. Bevorzugt nimmt er dabei mobile Lösungen, Betriebssysteme, Apps und Endgeräte unter die Lupe und überprüft sie auf ihre Business-Tauglichkeit. Bremmer interessiert sich für Gadgets aller Art und testet diese auch.
Warum sollte ich jetzt mit der Transformation meiner Prozesse beginnen? Wie schaffe ich es, dass mein neues Business skaliert? Was für Auswirkungen hat die digitale Transformation auf mein Unternehmen? Auf der Kundenmesse SAP Leonardo Live versuchte SAP Antworten auf diese zentralen Fragen zu geben – und seinen Claim im IoT-Bereich gegenüber Wettbewerbern abzustecken.

"No thanks! We are too busy" - Die Kernaussagen einer neuen Umfrage der SAP zusammen mit Oxford Economics erinnern ein wenig an den Cartoon rund um den Erfinder des Rads, der seine Entdeckung vergeblich an den Steinzeitmann zu bringen versucht: Obwohl fast jeder CEO zustimmt, dass die digitale Transformation für das Überleben seines Unternehmens essentiell ist, hat nur ein geringer Prozentsatz von ihnen ein entsprechendes Projekt bereits zu Ende gebracht. Der Grund, so die Studie: Die meisten von ihnen haben zu viele andere Baustellen, wo sie nachbessern müssen.

Zur IoT-Hausmesse SAP Leonardo Live in Frankfurt/Main kamen rund 1600 Besucher.
Zur IoT-Hausmesse SAP Leonardo Live in Frankfurt/Main kamen rund 1600 Besucher.

Im Rahmen der Kundenmesse SAP Leonardo Live in Frankfurt/Main wollte der Walldorfer Softwareriese Unternehmen den rund 1600 Besuchern entsprechend aufzeigen, welche Möglichkeiten neue innovative Technologien bieten, welche Auswirkungen sie auf das Geschäft haben, sowie - wenig überraschend-, welchen Beitrag SAP mit Hilfe von Produkten und Services dazu leisten kann.

"Es ist wichtig, die Vorteile für das Business zu teilen. Die Resultate machen einen sprachlos", erklärte Tanja Rückert, President von IoT & Digital Supply Chain bei der SAP, während der Eröffnung des ersten Plenumsvortrags auf der Veranstaltung. "Der Leiter eines Kundenprojekts, mit dem ich sprach, sagte zu mir: 'Das ist das wichtigste Projekt meines Lebens. Es ist keine weitere IT-Implementierung, sondern die Transformation meines Geschäfts."

Auslöser für die nächste industrielle Revolution

Auch Henning Kagermann, Ex-SAP-Chef und Vorsitzender der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften e.V. (acatech), betonte, dass die derzeit stattfindende digitale Transformation eine ähnliche Bedeutung wie die zweite Welle der Digitalisierung vor 50 Jahren habe - sie werde zur Trägerin der nächsten industriellen Revolution. Die Technologies seien dabei nicht neu, so Kagermann: digital erweiterte Objekte, Sensortechnologie, Machine Learning, Robotics. Neu sei dagegen, dass man nun für nahezu keine Kosten Zugriff auf Echtzeitdaten habe.

Damit Kunden (und das Unternehmen selbst) besser von den Möglichkeiten der digitalen Transformation profitieren, hatte SAP im vergangenen Jahr angekündigt, bis 2020 zwei Milliarden Euro in IoT-Lösungen zu investieren. Als Resultat wurde im Januar 2017 mit SAP Leonardo ein Bundle aus IoT-Lösungen und -Beratungsleistungen vorgestellt. Auf der Sapphire im Mai gaben die Walldorfer dann bekannt, dass Leonardo erweitert werde und künftig Lösungen für maschinelles Lernen, IoT, Big Data, Analysen, Data Intelligence und Blockchain auf der SAP Cloud Platform mit SAPs Prozess- und Branchenwissen und Design-Thinking-Methoden zusammenfasse.

Kein schlechter Schachzug, denn abgesehen vom klingenden Namen Leonardo (verglichen mit dem früheren Namen Kea für Machine Learning) beschäftigen sich viele Kunden mit all diesen Themen bzw. grundsätzlich mit der digitalen Transformation als Oberbegriff, Technologie ist - zumindest auf oberster Managementebene - eher Mittel zum Zweck.

Die Grenzen zwischen den Branchen verschwinden

Auf der nun folgenden Veranstaltung rund um Leonardo wurden die SAP-Manager nicht müde zu betonen, dass die digitale Transformation jetzt stattfinde und enorme Vorteile für die Unternehmen biete. "Wenn Sie dem Kunden folgen, bringt Sie das in neue Industriefelder, da die Grenzen zwischen den Branchen verschwimmen", so der Hinweis von Pat Bakey.

Der President von SAP Industries verwies zur Erläuterung auf die Pläne von Volvo, ab 2020 autonome Fahrzeuge auf den Markt zu bringen. Wenn die Insassen damit ihre Aufmerksamkeit nicht mehr dem Verkehr widmen müssten, ergäben sich völlig neue Geschäftsmöglichkeiten, die auch Volvo aufgreifen könne - als Anbieter von Unterhaltung, Schulungen, Telekommunikation, Versicherungen oder gar Consumer-Produkten.

Mit der Digitalisierung verschwinden die Grenzen zwischen Branchen.
Mit der Digitalisierung verschwinden die Grenzen zwischen Branchen.

Der Softwareriese stellte auf der SAP Leonardo Live auch etliche Anwendungsfälle von Referenzkunden vor. So nutzt etwa Red Bull die IoT-Lösung von SAP, um mit Hilfe von Sensordaten die Nutzung von 30.000 Verkaufskühlschränken weltweit zu optimieren. Der österreichische Brausehersteller kann remote Standort, Temperatur, Stromversorgung und sogar das Öffnen und Schließen der Tür tracken und bei Diebstahl und Störungen zeitnah reagieren.

Bei der italienischen Bahngesellschaft Trenitalia wiederum kommt SAP Predictive Maintenance and Service auf Basis von SAP Hana zum Einsatz, um mithilfe von Sensordaten Rückschlüsse auf anstehende Ausfälle und Wartungsmaßnahmen zu ziehen. Ein anderer Vorzeigekunde ist der Baumaschinenhersteller Caterpillar, der in seiner Live Factory Digital Manufacturing Insights, Vehicle Insights und Predictive Maintenance nutzt, um Fertigung, Supply Chain Management und nicht zuletzt die Zufriedenheit seiner Kunden zu verbessern.

SAP Leonardo Innovation Services - Starthilfe für Innovationen

Im Rahmen der Veranstaltung gab es auch etliche Neuankündigungen. So stellte das Walldorfer Unternehmen mit SAP Leonardo Innovation Services drei neue Bündel an Beratungsleistungen vor, mit deren Hilfe Kunden schneller von den Innovationen aus dem Leonardo-Portfolio profitieren sollen. Jeder der neuen Services erlaubt es Kunden zu untersuchen, welche innovativen Technologien, Geschäftsmodelle und Prozesse für ihre Digitalisierung in Frage kommen, bevor sie sich für die am besten geeignete SAP-Lösung entscheiden. Abhängig von ihren Anforderungen stehen Kunden dabei die folgenden Editionen zur Auswahl:

Die Express Edition ermöglicht es Kunden, vordefinierte Szenarien, beispielsweise von IoT-Szenarien für den Handel oder maschinellem Lernen für die Konsumgüterbranche in weniger als acht Wochen einzuführen und auf die speziellen Anforderungen des Unternehmens zuzuschneiden, sodass der Kunde schneller von der Lösung profitieren kann. Beispiele dafür sind etwa Asset-Tracking in Echtzeit oder der 3D-Druck von Ersatzteilen in der Fertigung.

Mit der Open Innovation Edition der SAP Leonardo Innovation Services wiederum unterstützt SAP Kunden dabei, neue Lösungen für ihre spezifischen Anforderungen zu entwickeln - und zwar vom Konzept zum klickbaren Prototyp innerhalb von neun Wochen. Unternehmen erhalten dabei Zugriff auf die SAP Cloud Platform und tiefe Unterstützung im digitalen Designbereich.

Die Enterprise Edition letztendlich soll Unternehmen Kunden dabei helfen, mehrere maßgeschneiderte Lösungen gleichzeitig zu entwickeln. Neben der SAP Cloud Platform und dem digitalen Designbereich bietet die Enterprise Edition Schulungen und Zugang zum Leonardo Innovation Services Showroom, wo Kunden Anregungen für innovative Einsatzszenarien erhalten und sich inspirieren lassen können. Die Enterprise Edition richtet sich ausschließlich für Kunden mit dem Supportangebot SAP Premium Engagement (SAP MaxAttention, SAP ActiveEmbedded und SAP Value Assurance).

Digitale Kommandobrücke für Betriebsleiter

Bei der ab September verfügbaren Leonardo IoT Bridge wiederum handelt es sich um eine Kommandozentrale, in der sich IoT-Sensordaten mit Geschäftsprozessen zusammenführen und in Beziehung setzen lassen - und zwar für strukturierte und unstrukturierte Daten. Auf diese Weise erhalten etwa Betriebsleitern über ein zentrales Dashboard Informationsgrundlagen für fundierte Entscheidungen und sofortiges Handeln.

Die SAP Leonardo IoT Bridge bietet über ein zentrales Dashboard Informationsgrundlagen für fundierte Entscheidungen und sofortiges Handeln.
Die SAP Leonardo IoT Bridge bietet über ein zentrales Dashboard Informationsgrundlagen für fundierte Entscheidungen und sofortiges Handeln.

Die Leonardo IoT Bridge ist dabei je nach Rolle und Aufgabengebiet konfigurierbar, der Input kann von verschiedenen IoT-Produkten aber auch Backend-Systemen kommen. So lassen sich in einem ersten Schritt etwa Daten aus dem - ebenfalls neu zum SAP-Leonardo-Portfolio hinzugekommenen - Cloud-Angebot SAP Global Track and Trace mit SAP Connected Goods, Angaben über Transportstandorte aus SAP Vehicle Insights und Bestelldaten aus SAP S/4 Hana kombinieren.

Außerdem präsentierte SAP mit Digital Manufacturing Insights eine zentralisierte, Cloud-gestützte, datengesteuerte Lösung für das Management der Produktionsleistung, die unter Zuhilfenahme von KPIs Produktionssteigerungen ermöglichen soll.

Mit Leonardo IoT Edge und Edge Services will SAP außerdem das Problem adressieren, dass ein Großteil der gesammelten Daten aus Gründen wie Geschwindigkeit und Kosten bereits an der Peripherie verarbeitet und analysiert werden müssen, anstatt sie gleich zur zentralen IoT-Plattform zu schicken.

Produktankündigungen ohne viel Substanz?

Das Feuerwerk an neuen Produkten und Services (beziehungsweise Ankündigungen) auf der SAP Leonardo Live blieb allerdings nicht ohne Kritik. Insbesondere der Plan der Walldorfer, mit SAP Leonardo IoT Edge in den für sie eher fremden Peripheriebereich vorzustoßen, wurde von Branchenkennern bekrittelt.

SAP Leonardo Edge Services auf der SAP Cloud Platform Gateway
SAP Leonardo Edge Services auf der SAP Cloud Platform Gateway
Foto: SAP

Es sei keine Frage, dass der Kontext zwischen Sensordaten und der transaktionalen Welt in der klassischen SAP Anwendung einen immensen Wert für viele Kunden darstelle, führte etwa Stefan Ried von Crisp Research im Firmen-Blog aus, "aber ist SAP die richtige Wahl, um die IoT-Welt mit der bisherigen SAP-Domäne zu verbinden?" Ried kritisiert außerdem, dass SAP auf der Veranstaltung die Gelegenheit verpasst hat, Klarheit über die Lizenzsituation im IoT- und Industrie-4.0-Umfeld zu schaffen - Stichwort Indirekte Datennutzung.

Die Empfehlung von Crisp: Solange verlässliche und öffentliche Aussagen zur Verfügbarkeit, GA, Public Beta, First Customer Shipment und besonders Pricing und Lizenzbedingungen fehlen, sollten Chief Digital - oder Chief Innovation Officer nicht auf die Verfügbarkeit von SAP's IoT Produkten warten.