Dass sich Narzissmus ausbreitet, diskutieren wir gegenwärtig intensiv. Gerade auf Social Media gilt es, sich in Szene zu setzen - und genau dies fördert narzisstische Züge, von denen wir alle nicht frei sind. Gleichwohl ist die Bandbreite groß: Sie reicht von gut verträglichen bis hin zu kaum auszuhaltenden narzisstischen Verhaltensmustern. Dazu gibt es eine Fülle an Material von profunden Experten. Im Berufskontext ist vor allem folgendes relevant: Ausgeprägte Narzissten sind für Kritik und Feedback nicht offen, beides empfinden sie als Kränkung. Sie sind gut darin, Schwachpunkte anderer zu erkennen und sie vorzuführen. Alles, was sie leisten, ist exzellent. Klappt etwas nicht, sind die anderen schuld.
Wie gehen wir mit diesen Verhaltensweisen um? Das hängt von der beruflichen Rolle narzisstisch geprägter Menschen ab. Sind Sie Führungskraft, stellt sich die Frage, ob sie sich ihnen aussetzen möchten? Jedenfalls ist die Hoffnung, irgendwann schleife sich vieles ab, genauso eine Illusion wie umgekehrt der Wunsch, narzisstische Führungskräfte würden lernen, mit Kritik konstruktiv umzugehen.
Jeder sollte daher im Zwiegespräch mit sich selbst (und mit Dritten) klären, ob sein Fell dick genug ist, narzisstisches Verhalten auszuhalten. Fällt die Antwort negativ aus, sollte man dieses Umfeld schnell verlassen sich beruflich neu orientieren. Eine - allerdings heikle - Alternative wäre, die nächsthöhere Führungskraft zu informieren, möglichst gemeinsam mit anderen Leidtragenden. Dabei muss allen aber auch klar sein: ein solcher Schritt sollte wohl überlegt sein und kann auch gewaltig nach hinten losgehen.
- Der Über-Versprecher
Speziell in Situationen, in denen immenser Druck herrscht, neigen manche Mitarbeiter dazu, alle möglichen, absurden Versprechungen zu machen. Entweder um Aufmerksamkeit zu erringen oder um dem Vorgesetzten beziehungsweise dem Management zu gefallen. Versprechungen machen ist immer einfach, aber wenn das Mega-Projekt dann eben nicht in den versprochenen zweieinhalb Wochen abgeschlossen ist, ist das ungünstig. <br><br/> Alexander Maasik empfiehlt: "Wenn es ein Teammitglied gibt, das am laufenden Band falsche Versprechungen gibt, von denen bereits vorher klar ist, dass sie unmöglich einzuhalten sind, sollten Sie seine Worte nicht mehr für bare Münze nehmen. Wenn Sie können, verlängern Sie den Zeitrahmen und/oder erhöhen Sie Budget oder Ressourceneinsatz, um Engpässe in anderen Bereichen kompensieren zu können." - Der Verantwortungsschieber
Dann gibt es diese Kollegen, die das Collaboration-Prinzip der geteilten Verantwortung auf ihre ganz eigene Weise interpretieren. Getreu dem Motto: "Die anderen werden es schon richten." Experte Maasik rät in einem solchen Fall dazu, dem betreffenden Mitarbeiter eine definierte Rolle und spezifizierte Verantwortlichkeiten im Team zuzuweisen. Alternativ könnten Sie den Verantwortungsschieber auch fragen, ob es Bereiche gibt, die ihn besonders interessieren. Eventuell könnten Sie so seine Leistungs-Leidenschaft neu entflammen. <br><br/> "Manchmal können Sie solche Leute motivieren, indem Sie ihnen Führungsverantwortung übertragen oder ihnen die Verantwortung für ein bestimmtes Gebiet/Thema übertragen, das ihnen am Herzen liegt. Sollte betreffender Kollege allerdings für ausschweifende Arbeitsunlust bekannt sein, hilft unglücklicherweise nur, ihn (oder sie) im Auge zu behalten und sich wenn nötig an höhere Instanzen zu wenden." - Der Fremdfeder-Connoisseur
Es ist nur menschlich, nach Wertschätzung und Anerkennung zu streben. Aber einige Menschen übertreiben das in einem Ausmaß, dass sie fast schon selbst daran glauben, wenn sie sich fälschlicherweise die Erfolge anderer zuschreiben. <br><br/> Maasik: "Leider nimmt der Enthusiasmus dieser Leute rasant ab, wenn es darum geht, die Verantwortung für Misserfolge zu übernehmen. Um solchen Entwicklungen entgegenzuwirken, empfiehlt es sich, genau festzuhalten, wer für welchen Part der Projektarbeit zuständig ist. So können auch alle Beteiligten sehen, wer welchen Beitrag leistet. Sollte jemand auf das Einheimsen von Lorbeeren bestehen, stellen Sie sicher, dass derjenige auch im Fall des Misserfolgs sein Fett abbekommt." - Der Makel-Magnat
Nicht führt die Team-Moral schneller und geradliniger in den Abgrund, als einer, der ständig nur kritisiert, auf Fehler "hinweist" oder sich über jeden Aspekt eines Projekts nur beschwert. Egal, ob es um Zuständigkeiten, Workloads oder die Strategie geht, der Makel-Magnat hat einfach immer was zu meckern. <br><br/> "Dieses Verhalten ist absolutes Gift für das Teamwork. Diese Leute verbringen mehr Zeit damit, sich zu beschweren, als mit der Erfüllung ihrer Aufgaben. Der beste Weg solche Menschen zu handlen: 1. Ignorieren Sie das Gemecker, 2. Geben Sie ihm so viel Verantwortung, dass er (oder sie) keine Zeit mehr hat rumzujammern." - Der Aussteiger
Manche Leute arbeiten besser alleine. Ist auch gar kein Problem. Außer es handelt sich um Personen, die in Team-Projekte eingebunden sind. Dann könnte jemand, der Anweisungen aus Prinzip ignoriert und affin für Alleingänge ist, das ganze Projekt auf's Spiel setzen. <br><br/> Deswegen empfiehlt auch Alexander Maasik, solche Leute lieber aufs "Abstellgleis" zu befördern: "Finden Sie einen Bereich im Projekt, an dem ein solcher Mitarbeiter alleine arbeiten oder sich selbst verwirklichen kann. So holen Sie das Maximum an Produktivität aus diesem Kollegen heraus und stellen gleichzeitig sicher, dass der Rest des Teams intakt bleibt."
Glasklare Spielregeln festlegen
Aber was tun, wenn man mit Narzissten zusammenarbeitet? Meist ist es so, dass man es fürs Erste gelassen hinnimmt, wie sie anfangs mit ihrer blendenden Art punkten. Diese Haltung legt sich jedoch schnell. Dann gilt es, glasklare und kaum interpretierbare Spielregeln und Absprachen mit ihnen zu treffen - idealerweise mit der Führungskraft im Boot. Ein Tipp: Halten Sie alles schriftlich fest und informieren das ganze Team. So ist am besten zu verhindern, dass Narzissten mit ihrer Geltungssucht durchkommen, wenn sie anderen Schuld zuweisen und Sie schlechter Arbeit bezichtigen.
Feedback ist kontraproduktiv
Was dagegen nicht hilft, ist offenes Feedback. Nur homöopathisch dosiert, denn alles andere kommt destruktiv zurück, weil Narzissten sehr nachtragend sind. Ansonsten sollte man den direkten persönlichen Kontakt meiden und inhaltlich nur in dem Korridor der geregelten Absprachen mit ihnen zusammenarbeiten. So werden Angriffsflächen vermieden. Außerdem sollte man einiges im Raum stehen lassen, ohne in den Clinch zu gehen.
Die letzte Variante: Sie sind Führungskraft und haben Narzissten im Team. Wenn deren Verhaltensweisen den Teamspirit belasten, hilft nur die Notbremse, der Abschied aus dem Team. Denn die Schäden, die Narzissten anrichten, sind teils immens. Darüber hinaus gilt wie oben gesagt: Treffen Sie eindeutige Absprachen über ihre Aufgaben und über die Spielregeln im Team, dokumentieren sie diese und geben Sie nur darüber Feedback. Alles andere, erst recht Kritik vor anderen Teammitgliedern, lassen Sie lieber bleiben.