IT-Freiberufler haben wieder viel zu tun. Der Grund: "Die IT-Industrie hat sich durch eine zügige Konsolidierung und Neubewertung der offenen IT-Positionen schnell auf die COVID-19-Situation eingestellt", weiß Simon Alborz, Director beim Personaldienstleister Hays. Es gab, so der Markexperte, IT-Projekte, die zeitlich unverändert weiterliefen, während andere Vorhaben temporär zurückgestellt wurden. Diese Differenzierung lässt sich an der veränderten Beauftragungsart der IT-Spezialisten ablesen. In den Bereichen IT-Security, Cloud oder SAP hat laut aktuellem "Hays Fachkräfte-Index" besonders die projektbasierte IT-Beratung die Nase vorn. Temporäre Beauftragungsformen im Rahmen von Arbeitnehmerüberlassung, aber auch von Dienst- und Werkverträgen, seien, so Alborz, im vergangenen Quartal deutlich angewachsen und würden verstärkt nachgefragt.
Das zeigt, dass insbesondere Personalentscheidungen, wo es bisher hauptsächlich um die schnelle Verfügbarkeit von qualifizierten IT-Ressourcen ging, nicht mehr nur auf konjunkturellen Schwankungen basieren. Vor dem Hintergrund fundamentaler Veränderungen in punkto Digitalisierung der Geschäftsprozesse wird der Einkauf dieser Experten immer mehr Teil strategischer Überlegungen, meist zwischen IT und Fachbereich. Viele Unternehmen haben zudem verstanden, dass es nicht nur die Beschäftigungsstruktur ist, die sie aufgrund externer Markteinflüsse dauerhaft flexibel halten müssen. Vielmehr machen sie sich zunehmend bewusst, dass die fundierte Digitalisierung ihrer Arbeitsabläufe vor allem eine Frage des passenden Skillsets an der Schnittstelle zwischen Technologie und Organisation ist.
Fachübergreifende Beratung statt IT-Projektmanagement
Diese Erfahrungen haben auch die IT-Freiberufler Thomas Boscheck, Ingke Jenning und Anne Fiedler in ihren Projekten gemacht. Alle drei wurden jahrelang von Unternehmen für dieselbe Aufgabenstellung eingekauft, nämlich temporär das interne IT-Projektmanagement zu verstärken. Bedingt durch den anhaltenden Fachkräftemangel scheinen sich die Arbeitsansprüche auf beiden Seiten mittlerweise aber verändert zu haben. "Was mit bestimmten Rechneranwendungen anfing, ist heute vielfältiger und kleinteiliger geworden. Die Moderation zwischen einzelnen Bereichen fehlt", so Boscheck, der als Senior Consultant für PC-Anwendungen arbeitet.
Auch Anne Fiedler hat vor Jahren einmal als externe Unterstützung im IT-Projektmanagement angefangen. Heute, so Fiedler, schaffe sie die Voraussetzungen dafür, dass Unternehmen digital werden können. Grund dafür sei nicht allein deren fehlendes IT-Know-how. Der Beratungsbedarf der Betriebe reiche unterdessen weit über das rein technologische Wissen hinaus. Gefragt sei eine neue Vielfalt - gewissermaßen von der Programmierzeile bis hin zur Organisationsentwicklung.
"Genau genommen wissen viele Unternehmen aktuell gar nicht, was sie eigentlich brauchen. Sie beauftragen mich für eine bestimmte Aufgabe, und dann stellt sich im Projektverlauf heraus, dass ein Workflow fehlt", beschreibt Ingke Jenning, langjährige Prozess- und SAP-Beraterin, ihre derzeitigen Erfahrungen und nennt auch den Grund dafür: "Die Fachbereiche reden nicht miteinander." Auch die Digital-Beraterin Fiedler sieht an dieser Stelle großen Bedarf: "Gemeinsam mit dem beauftragenden Fachbereich mache ich zuerst eine Analyse, um zu wissen, wo sie stehen. Dabei stellt sich tatsächlich häufiger heraus, dass sich die Abteilungen untereinander besser strukturieren müssen."
Freiberufler werden zur hybriden Instanz
Veränderte Marktanforderungen, Digitalisierungs-Push, abteilungsübergreifender Ressourcen- und Know-how-Mangel verlangen vielen Unternehmen eine signifikante Umorientierung ihrer Personalplanung ab. Damit werden auch die Vermittlungsprozesse ein Stück weit anspruchsvoller. "Wir sehen hier vor allem die Herausforderung der digitalen Akzeptanz, also das schnelle Einarbeiten in unterschiedliche Technologien. Das können wir mit unseren Freiberuflern adressieren", sagt Alexander Raschke, Vorstand des Personaldienstleisters Etengo.
Besonders schwierig scheint sich die Zusammenarbeit zwischen Fachbereichen wie Human Resources und IT bei gemeinsamen Digitalisierungsvorhaben zu gestalten. Da braucht ein externer Berater ein sehr gutes Verständnis der jeweiligen Interessenlagen, um fachübergreifende Projekte zum Erfolg zu bringen. "Häufig müssen Führungskräfte und Teams erst einmal befähigt werden, digital zu denken. Das geschieht anhand gezielter Fragestellungen, um anschließend sauber herausarbeiten zu können, ob und wo genau digitalisierte Prozesse Sinn machen", beschreibt Fiedler ihre Vorgehensweise. Dabei ist die Verständigung zwischen den Fachbereichen essentiell. Soll beispielsweise für das Bewerbermanagement ein neues Software-Tool eingeführt werden, benötigt die IT einen fachlich korrekten Anforderungskatalog. Hier agiert Fiedler als eine Art hybride Instanz, die kommunikativ zwischen den Bereichen vermittelt. Anders ausgedrückt, sie gleicht den Bedarf der HR-Abteilung mit dem Anforderungsmanagement für die IT ab.
Beratungsleistungen vor Projektbeginn konkret machen
Stark nachgefragte Skills wie etwa Business Consulting und Organisationsberatung, wie sie ebenfalls innerhalb der Marktsegment-Studie 2020 von Lünendonk aufgeführt wurden, könnten demnach immer häufiger bei einem IT-Freiberufler abgefragt werden. Allerdings sollte diese Aufgabenstellung dann auch von Anfang an adressiert werden. "Es ärgert mich, wenn ich anfangs für das Beheben einer Fehlermeldung im SAP-System beauftragt werde, sich dann aber während des Projektes der Aufgabenschwerpunkt ändert, und ich die Kommunikation und Beratung zwischen Fachbereich und IT übernehmen soll", beklagt Jenning. Da jede Aufgabe andere Schwerpunkte, Umsetzungszeiten und demnach auch Kosten mit sich bringe, sollte die Aufgabenstellung vor Projektbeginn so konkret wie möglich beschrieben werden. Um gar nicht erst in diese Problematik zu laufen, sollten der Steuerung, der Kandidatenauswahl, deren Skill-Bewertung und der Kosteneffizienz eine gleichwertige Bedeutung beigemessen werden. "Wer hier für Transparenz auf ganzer Linie sorgt, ist klar im Vorteil", meint Etengo-Chef Raschke.
Zudem muss man wissen, dass ein Großteil der IT-Freiberufler Quereinsteiger sind. Das heißt, diese externen Spezialisten verfügen ohnehin meist über vielfältige Erfahrungen aus ganz unterschiedlichen Fachbereichen, und haben im Vergleich zum klassischen Informatiker damit ohnehin die besseren Karten für den "hybriden" Einsatz.
- Softwareentwickler und Cloud-Spezialisten besonders stark nachgefragt
Trotz Nachfragerückgangs können IT-Freelancer Agenturen gute Aussichten genießen. Nach der Lünendonk Marktsegmentstudie 2020 sind besonders Spezialisten in Softwarentwicklung und Cloud-Services gefragt. Lesen Sie hier das Ranking der Top 10 Vermittler. - Die Aufnahmekriterien für das Ranking
Die eigenen Angaben der Unternehmen wurden von einem unabhängigen Wirtschaftsprüfer nachgewiesen oder mussten aus öffentlich verfügbaren Quellen hervorgehen. Lagen die Bilanzen zum Zeitpunkt der Veröffentlichung noch nicht vor, musste eine detaillierte Ehrenerklärung unterzeichnet werden. - Platz 10: Neusta Consulting
Nachdem Neusta Consulting 2018 erstmals in das Ranking eingestiegen ist, wuchs die Mitarbeiterzahl 2019 auf 55. 2019 verzeichnete Neusta jedoch mit 51 Millionen Euro leichte Umsatzeinbußen (66 Millionen im Vorjahr). - Platz 9: Top itservices
Der Personaldienstleister Top itservices aus Unterhaching, München, schrumpft auf eine Mitarbeiterzahl von 444 (2018 waren es 506) und macht einen Gesamtumsatz von 93,5 Millionen Euro in Deutschland. - Platz 8: Ferchau
Neu im Ranking: Ferchau beschäftigt 7.142 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen und verzeichnet im Jahr 2019 einen Gesamtumsatz von 665 Millionen Euro, im Jahr zuvor waren es 671 Millionen. - Platz 7: Westhouse Group
Immer noch auf dem siebten Platz: Die Westhouse Gruppe aus Garching bei München verzeichnet, wie im Vorjahr, 112 Millionen Euro Umsatz - und das mit 228 Mitarbeitenden. - Platz 6: Solcom
Solcom hält den sechsten Platz: Die Firma aus Reutlingen machte im Jahr 2019 125 Millionen Euro Umsatz und beschäftigte rund 250 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. - Platz 5: Etengo
Wie im Vorjahr bleiben die ersten Plätze von den Platzhirschen belegt: Etengo hält seine Mitarbeiterzahl von 148 und bleibt bei einem Gesamtumsatz von 134 Millionen Euro. - Platz 4: Allgeier Experts
Das Wiesbadener Unternehmen minimiert die Mitarbeiterzahl um rund 500 Mitarbeitende und beschäftigte im Jahr 2019 1.408 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Der Gesamtumsatz betrug 2019 255 Millionen Euro. - Platz 3: SThree
Sthree schafft es 2020 auf Platz 3, der Frankfurter Personaldienstleister beschäftigte 2019 837 Mitarbeitende und verzeichnete einen steigenden Umsatz von insgesamt 385 Millionen Euro. - Platz 2: Gulp
Auch 2020 auf Platz 2: Gulp beschäftigte rund 290 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und machte 2019 einen Gesamtumsatz von 403 Millionen Euro. - Platz 1: Hays
Auch 2020 bleibt Hays die Nummer eins der Personaldienstleister: Mit einem Gesamtumsatz von 1.935 Milliarden Euro im Jahr 2019 und 2.540 Beschäftigten ist der Abstand zum Zweitplatzierten groß.