Online-Plattformen wie Facebook können Internet-Aktivitäten von Menschen verfolgen und speichern, auch wenn diese selbst die Social-Web-Dienste gar nicht nutzen. Das hat eine Studie aufgedeckt, die Forscher der Abteilung Unternehmen und Märkte im Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) gemeinsam mit Wissenschaftlern der Universitäten Zürich, Lausanne und Yale durchgeführt haben. Dafür haben die Forscher auf Basis des Internet-Nutzungsverhaltens von knapp 5.000 Menschen berechnet, welche Daten Facebook theoretisch abgreifen und speichern könnte. Ihr Ergebnis: Facebook weiß von mehr als der Hälfte der Websites, die von den Probanden besucht wurden.
"Auch die Internet-Aktivität von Menschen, die selbst nicht auf den Plattformen angemeldet sind, kann beobachtet werden", konstatiert Hannes Ullrich, wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Unternehmen und Märkte des DIW. "Durch den Vergleich mit Daten von angemeldeten Personen können auch über sie Konsumentenprofile angelegt werden, die die Plattformen oder Dritte für gezielte Werbung nutzen können."
Wege aus dem Datenschutzdilemma
Derartige Profile seien deshalb so interessant, weil Facebook damit den Werbetreibenden sehr viel genauere Angaben über die Interessen und Bedürfnisse von potenziellen Kunden verkaufen könne. "Diese Praktiken wurden bereits durch andere Untersuchungen aufgezeigt, die jetzige Studie quantifiziert aber erstmals, wie groß der Anteil der beobachtbaren tatsächlichen Internetaktivität ist und auf welche Weise die gesammelten Daten genutzt werden können", so die Forscher.
Inwieweit Facebook & Co. derartige Praktiken anwenden, lässt sich jedoch schwer sagen. "Weil die Unternehmen kaum Auskünfte darüber geben, welche Algorithmen sie verwenden, kann niemand mit Sicherheit sagen, welche Daten wirklich gespeichert und genutzt werden", erklärt Ullrich. Die jüngste Untersuchung sei jedoch ein Beleg dafür, dass die großen Online-Plattformen über die technischen Grundlagen verfügen, einen großen Teil der Internetaktivität zu beobachten und bestimmten Personen oder Personengruppen zuzuordnen.
Der DIW-Mann plädiert deshalb für eine bessere Ausstattung der Aufsichtsbehörden. Ein weiterer Weg aus dem Datenschutzdilemma könnten aus Sicht Ullrichs unabhängige Datentreuhänder sein, die mit expliziter Zustimmung der User Daten sammeln und diese nach transparenten Richtlinien an Werbetreibende weitergeben.