Mit 25 Jahren Erfahrung im Bereich Digitalisierung, davon jeweils zwölf Jahre auf OT-Seite und - in der Rolle als CIO - bei IT/OT, ist Holger Ewald gut positioniert, um als Vermittler zwischen den Welten zu agieren und diese zusammenzuführen. Notwendig wurde der Schritt, so stellte der Dekra-CIO in seiner Keynote auf den Hamburger IT-Strategietagen 2022 klar, um auch in der automatisierten Welt von morgen Sicherheit und Standards gewährleisten zu können.
Vision 2025: Globaler Partner für eine sichere und nachhaltige Welt
Egal, ob es darum geht, eine Windkraftanlage zu prüfen, bei einem Unfallgutachten Bilder zu bewerten und Daten des Autos zu entnehmen oder in Tests die Produkteigenschaften zu bewerten: Bei sämtlichen Aktivitäten der Dekra spielten Daten eine zunehmend wichtige Rolle, führte Ewald in seinem Vortrag aus. Neben der starken Affinität zu IoT kämen in Zukunft noch Themen wie ein neues datengetriebenes Geschäftsmodell, Remote Services sowie KI-gesteuerte Algorithmen hinzu, die für die Analyse riesiger Datenmengen massiv auf den Austausch von IT und OT angewiesen seien.
Der ganze Bereich Connected Car sei ein Riesengebiet, angefangen von der Batterie über die Daten der zahlreichen Sensoren bis hin zu den OTA-Updates der verschiedenen Anbieter, erklärte Ewald. All diese Informationen müsse man zur Verfügung haben, um daraus Rückschlüsse zu ziehen zu können.
Aber es gehe noch einen Schritt weiter, fuhr der Dekra-CIO fort: Abläufe, die sich normalerweise manuell abspielen, würden künftig auch in Virtual Reality (VR) durchgespielt, also etwa Arbeitssicherheitsmaßnahmen, Schulungen oder Vorbereitungen für sehr heikle Inspektionen.
Herausforderung von OT und IT
Um die optimalen Systeme für all diese Aufgaben bereitstellen zu können, sei es erforderlich, bei der Dekra die beiden Welten zusammenführen, so Ewald: Zum einen die klassische, operative Systemwelt, geprägt von gewachsenen Strukturen, mit historischen, in die Abläufe integrierten Systemwelten und lokalen Spezialteams. Auf der anderen Seite die Corporate IT mit Rechenzentrumsbetrieb, Helpdesk, Office, dem Fokus auf Nachhaltigkeit und Sicherheit und Applikationen wie ERP, CRM und E-Commerce.
Es stellte sich bei Dekra die Frage, wie man die beiden Welten zusammen auf neue Herausforderungen und Themen ausgerichtet bekommt, sagt Ewald. Schließlich sei die (von außen herangetragene) Erwartungshaltung nicht niedrig: eine durchgängige Digital Customer Experience, neue Technologien wie Blockchain, Data Analytics, Cyber-Security, IoT, KI - alles Themen, die nicht von kleinen Bereichen einzeln aufgebaut werden können.
Auch das Thema Datenzentrierung spiele dabei eine Rolle: Es darf keine Silos mehr geben, das Unternehmen müsse sich immer stärker in Richtung Bereitstellung und Offenheit von Daten bewegen - Stichwort data-driven culture. Nur so sei man in der Lage, eine digitale und datengetriebene Organisation auf die Beine zu stellen, erklärt Ewald.
Datenzentrierung und Plattform-Orientierung
Diese Anforderungen waren der Anlass, bei Dekra eine Datenzentrierung und Plattform-Orientierung voranzutreiben. Letztendlich erfordere Datenzentrierung eine zentrale Ablage der Daten mit Integration und Plattform für die Kunden, Devices, IoT-Themen, Partner und die interne Landschaft, so der Dekra-CIO.
Das Konzept: Die Bereiche mit globalen Lösungen für die unterschiedlichen Produkte, also die OT-Produkte Fahrzeuginspektion, Industrie-Inspektion, Gutachten und Produkt-Testing, sowie der Bereich für die Corporate-IT-Aktivitäten bauen auf digitalen Plattformen und der IT-Infrastruktur auf. Gleichzeitig stellt eine Governance sicher, wie die Basis gesichert und genutzt wird.
Resultat sei ein Lösungsportfolio, das aus Wiederverwertbarkeit der gleichen Elemente besteht, erklärt Ewald. So könne man auf der einen Seite Flexibilität der OT-Themen bewerkstelligen sowie eine Einheitlichkeit der globalen Themen im IT-Portfolio sicherstellen. Gibt es eine neue OT-Anforderung, könne man diese zusammenbauen, indem man verschiedene Bestandteile zusammensetzt. So lassen sich entsprechende Prozesse, Abläufe und Projekte bündeln und synchronisieren und in Abhängigkeit untereinander so managen, dass am Schluss ein gemeinsames, konvergentes IT/OT-Portfolio entsteht.
Global Integrated IT
Für das Konstrukt wurde die klassische Organisation für den Corporate-Bereich mit IT und Infrastruktur mit den Entwicklungsteams verschmolzen. Die etwa 700 Teammitglieder der innerhalb von zwölf Monaten geschaffenen Global Integrated IT sind in 30 Ländern präsent und betreuen zirka 40.000 User, 800 IT-Projekte, 1.400 Apps und 2.000 virtuelle Server allein in einem Rechenzentrum.
Das große Learning bei dem Projekt, so Ewald, war die Abhängigkeit voneinander: Man brauche strikte Entwicklungsvorgaben im Rahmen des Joint Development Frameworks, um das integrierte Werk zusammenzuführen. Außerdem müssten Steuerung, Data Governance, Architektur in jedem Prüfpunkt unter die Lupe genommen werden. Ewald riet den zugeschalteten CIOs, jetzt mit der Zusammenführung von IT/OT zu starten - und die Sache durchzuziehen. Getreu dem Motto von Master Yoda: "Do or do not. There is no try".