Laut der IDC-Studie "Global Datasphere 2023 - 2027" werden 2027 weltweit mehr als 290 Zettabyte an Daten vorhanden sein. Zum Vergleich: Das Data Warehouse des Streaming-Anbieters Netflix umfasst nach eigenen Angaben mehrere Hundert Petabyte. Ein Zettabyte entspricht wiederum rund einer Million Petabyte.
In Zettabyte-Dimensionen müssen deutsche Unternehmen natürlich (noch) nicht denken. Allerdings wollen auch sie ihre "Datenschätze" heben, etwa indem sie datenbasierte Geschäftsmodelle entwickeln und durch die Analyse von Informationen ihre Strategie und Entscheidungen optimieren. Rund 80 Prozent der Unternehmen in Deutschland sehen sich bereits auf einem guten Weg in Richtung "Data-Driven Enterprise". Denn so viele nutzen laut der Studie "Data-Driven Enterprise 2023" von Foundry Research Services bereits Daten für die Wertschöpfung und den Aufbau datenbasierter Einnahmequellen.
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Daten statt Bauchgefühl
Also alles gut? Nicht ganz. Denn bevor ein Unternehmen sich an die Transformation zu einem Data-Driven Enterprise macht, steht eine erste Aufgabe an, so Franziska Schaefer, Senior Director Marketing & North Europa von Contentsquare: "Wir sollten zunächst definieren, was unter 'datenorientiert' zu verstehen ist. Aus unserer Sicht unterscheidet sich eine datengesteuerte Organisation vor allem dadurch, dass ihre Mitglieder Entscheidungen auf Grundlage von Daten statt auf Basis von Annahmen treffen". Dadurch werde das Antizipieren von Hypothesen oder Szenarien überflüssig. "Die Daten sprechen für sich selbst und liefern eigenständige Erkenntnisse", so die Expertin.
Das bedeutet, dass speziell Führungskräfte bisherige Analyse- und Entscheidungsmuster auf den Prüfstand stellen sollten, bevor sie sich an das Projekt "Wir werden zum datenorientierten Unternehmen" wagen. Denn gerade Geschäftsführer, Vertriebs- und Marketingleiter, aber auch CIOs und IT-Leiter, tendieren dazu, bei Entscheidungen vornehmlich auf individuelle Erfahrungen und ihr "Bauchgefühl" zu setzen. Natürlich sind eine Prise Intuition und eine fundierte Erfahrung wichtig. Noch besser ist jedoch, diese mit den Informationen zu unterfüttern, die Data-Analytics-Tools liefern.
Datenstrategie muss stimmen
Damit solche Analysen zu validen Ergebnissen führen, ist eine tragfähige Datenstrategie unverzichtbar. "Ein datenorientiertes Unternehmen zeichnet sich durch eine gut definierte Datenstrategie aus, die sowohl die Modernisierung des bestehenden Datenbestandes als auch die Integration neuer Datenquellen umfasst", erläutert Najat Messaoud, Senior Director Cloud & Enterprise bei der Microsoft Deutschland GmbH.
Und exakt an diesen Punkten hapert es, wie die Studie belegt. Denn gerade einmal ein gutes Drittel (36 Prozent) der Unternehmen in Deutschland hat eine solche Datenstrategie entwickelt und setzt diese um. Und ein Datenmanagement haben ganze 29 Prozent eingeführt. Dies gibt zu denken, denn es ist nicht nachvollziehbar, wie ein Unternehmen eine datenbasierte Wertschöpfung erreichen kann, ohne dabei auf beide Ansätze zurückgreifen. Kein Wunder also, dass Microsoft-Managerin Messaoud feststellt: "Deutschland liegt im internationalen Vergleich nicht an der Spitze in Bezug auf Datenstrategien und eine datenorientierte Unternehmenskultur."
Das bestätigt auch die Studie von Foundry Research Services. Als größtes Hindernis auf dem Weg zu einem Data-Drive Enterprise nannten die Befragten (35 Prozent) das unpassende "Mindset" der Beschäftigten. Diese Hürden zu beseitigen, erfordert mehr als Schulungen und gute Worte durch Geschäftsführer und Abteilungsleiter. Ein wichtiger Punkt ist, dass Beschäftigte in offenen Diskussionen auf die Veränderungen eingestimmt werden, die der Wandel zum datenorientierten Unternehmen mit sich bringt.
Wie wichtig dies ist, zeigen die kontroversen Diskussionen über den Einsatz von Datenanalyse-Werkzeugen und Bots, die auf KI und Machine Learning basieren. Teils sehen die Beschäftigten darin eine Bedrohung für ihre Jobs, teils Hilfsmittel, die sie von lästigen Routineaufgaben befreien. Um Irritationen auszuräumen, reichen Weiterbildungsmaßnahmen nicht aus.
Auch der Mittelstand setzt auf "Data-Driven"
Allerdings gibt es aus Sicht von Messaoud in Deutschland auch Lichtblicke, etwa die Automobilindustrie und den Maschinenbau. Hinzu kommt, dass zumindest ein Teil der kleineren und mittelständischen Firmen den Nutzen von Daten und einer Datenökonomie sieht, so die Cloud-Expertin: "Auch KMU in Deutschland erkennen die Bedeutung datenbasierter Wertschöpfungsmodelle und beginnen, entsprechende Ansätze zu entwickeln, um wettbewerbsfähig zu bleiben, neue Geschäftsmöglichkeiten zu erschließen, ihre Effizienz zu steigern und eine stärkere Kundenorientierung zu erreichen."
Das zeigt sich beispielsweise darin, dass weniger kleinere (unter 500 Mitarbeiter) und mittelständische Unternehmen (bis 1.000 Beschäftigte) beim Datenmanagement in ihrem Haus einen Nachholbedarf sehen als Großfirmen. Gleiches gilt auch für die Aktualität und Transparenz von Daten. Allerdings ist dabei zu bedenken, dass in einem großen Unternehmen viel mehr Daten aus unterschiedlichen Quellen anfallen als bei einem Mittelständler. Das Erfassen, Konsolidieren und Aufbereiten dieser Datenbestände ist somit zeit- und kostenaufwendiger.
Dass es nicht nur auf technische Lösungen ankommt, etwa Cloud-Plattformen, Data-Analytics-Software und Tools, mit denen sich die "Customer Journey" nachvollziehen lässt, unterstreicht Schaefer von Contentsquare. Sie führt als Beispiel den Onlinehandel an: "Die Konversionsraten liegen bei zwei Prozent auf dem Handy und drei Prozent auf dem Desktop - im Gegensatz zu 30 Prozent im stationären Geschäft. Hier klafft eine riesige Lücke."
Diese zu überbrücken, gehe nicht nur mit technischen, sondern auch mit dahinter liegenden Herausforderungen menschlicher Natur einher. "Am wichtigsten ist, dass die Teams aufeinander abgestimmt sind, sodass Produkt-, Technik-, Design- und UX/UI zusammenarbeiten", betont Schaefer.
Contentsquare bietet mit der Digital Experience Analytics Cloud eine Plattform an, mit der Nutzer die digitale "Customer Journey" von Kunden erfassen und analysieren können. Erfasst und analysiert werden beispielsweise die Aktivitäten der Nutzer, wenn sich diese sich auf einer Web-Seite finden, inklusive Swipen, Scrollen, Klicken und Tippen. "Vereinfacht lässt sich sagen: Um mehr Aktivität zu erzeugen, braucht es mehr Inhalte. Dies zeigt die teamübergreifende Relevanz", erläutert Franziska Schaefer.
Schlüsselrolle von Cloud und KI
Apropos Cloud: Für den Betrieb einer Datenarchitektur greift die Mehrzahl der Unternehmen in Deutschland (59 Prozent) auf Ressourcen in einer Cloud zurück. Das ist nachvollziehbar, bieten Cloud-Plattformen wie Microsoft Azure oder die Digital Experience Analytics Cloud von Contentsquare doch etliche Vorteile.
"Der Einsatz von Cloud-Plattformen kann Unternehmen dabei unterstützen, einige der Hürden im Zusammenhang mit Technologie und Infrastruktur zu überwinden, indem sie Datenmanagementfunktionen, Skalierbarkeit, Analytics -Fähigkeiten und KI, Sicherheit und Integrationsfähigkeiten bieten", sagt Messaoud von Microsoft. So bietet der Softwarekonzern mit Microsoft Fabric einen integrierten Datenanalyse-Service an. Er steht als Software-as-a-Service-Angebot bereit, inklusive Data Lake, Datenintegration und Echtzeit-Analysefunktionen. Auch KI- und Machine-Learning-Software sind über Cloud-Plattformen zugänglich. Dadurch können vor allem kleinere und mittelständische Unternehmen mit überschaubarem Aufwand prüfen, wie sich ein KI-basiertes Datenmanagement und entsprechende Analyse umsetzen lassen.
Allerdings ergab die Studie von Foundry Research Services, dass Business-Manager im Gegensatz zu den IT-Spezialisten und CIOs (zu) hohe Erwartungen in Bezug auf den Nutzen von KI haben. Wichtig ist daher, in Diskussionen zwischen Management und IT realistische Vorgaben zu definieren. Außerdem sollte, wie bei Projekten in anderen Bereichen, der Grundsatz zum Tragen kommen "klein anfangen, dann kontinuierlich steigern". Das heißt, erst Erfahrungen mit kleineren Datenprojekten und KI sammeln und diese Erkenntnisse bei Folgeprojekten nutzen.
Ein wichtiger Punkt, den datenorientierte Unternehmen berücksichtigen müssen, ist außerdem der Datenschutz. Das gilt speziell für die Europäische Union mit ihren strikten Vorgaben - siehe die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Contentsquare-Managerin Schaefer ist jedoch der Überzeugung, dass sich beide Bereiche, Datenanalyse und Datenschutz, vereinbaren lassen: "Wir glauben, dass Unternehmen nicht wissen müssen, wer ihre Kunden sind, um zu verstehen, was sie erwarten oder brauchen und wie eine gute Experience abläuft."
Das Ziel von Contentsquare sei daher, eine Lösung zu bieten, die ein Minimum an personenbezogenen Daten erfasst. "Wir streben nach digitaler Nüchternheit und Datenminimierung. Denn künftig werden Kunden noch höhere Erwartungen an den Datenschutz haben. Dem wollen wir durch neue Entwicklungen in diesem Bereich vorgreifen" ergänzt Schaefer.
Wie Contentsquare und Microsoft bei ihren Cloud-, Analytics- und Datenmanagement-Angeboten Datenschutzvorgaben umgesetzt haben, könnte auch für deutsche Unternehmen eine "Inspiration" sein. Denn nur knapp über die Hälfte verfolgt bislang eine Datenschutzstrategie. Von den Großfirmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern sind es nur 48 Prozent.
Fazit: Viel zu tun - aber der Aufwand lohnt sich
Einen Datenschatz anzuhäufen und nicht zu nutzen, ist in höchstem Maße fahrlässig. Dessen ist sich die Mehrzahl der Unternehmen in Deutschland bewusst. Doch wer mit der Analyse von Daten und datenbasierten Services einen nachhaltigen Erfolg erzielen möchte und sich zu einem Data-Driven Enterprise weiterentwickeln will, muss den richtigen Weg einschlagen: eine Datenstrategie entwickeln, Datenbestände konsolidieren, integrieren und qualitativ verbessern, Use Cases entwickeln, die passenden Tools finden et cetera, et cetera.
Doch der Aufwand lohnt sich. Oder pointierter formuliert: Es gibt keine Alternative. Positiv ist, dass Anwender den Weg zum datenorientierten Unternehmen nicht allein gehen müssen - und das tun auch 70 Prozent der Teilnehmer der Studie nicht. Sie greifen bei Datenprojekten auf Berater zurück. Mehr als die Hälfte lagert sogar das gesamte Datenmanagement aus. Diese Unternehmen haben eines verstanden: Mit externem Know-how, etwa dem von Anbietern wie Contentsquare und Microsoft, fällt die Transformation zum Data-Driven Enterprise deutlich leichter als im Alleingang.
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Studiensteckbrief
Herausgeber: CIO, CSO und COMPUTERWOCHE
Studienpartner: NICE Systems (Platin), Microsoft Deutschland (Gold), Contentsquare
Grundgesamtheit: Oberste (IT-)Verantwortliche in Unternehmen der DACH-Region: Beteiligte an strategischen (IT-)Entscheidungsprozessen im C-Level-Bereich und in den Fachbereichen (LoBs); Entscheidungsbefugte sowie Experten und Expertinnen aus dem IT-Bereich
Teilnehmergenerierung: Persönliche E-Mail-Einladung über die exklusive Unternehmensdatenbank von CIO, CSO und COMPUTERWOCHE sowie - zur Erfüllung von Quotenvorgaben - über externe Online-Access-Panels
Gesamtstichprobe: 357 abgeschlossene und qualifizierte Interviews
Untersuchungszeitraum: 14. bis 21. April 2023
Methode: Online-Umfrage (CAWI)
Fragebogenentwicklung und Durchführung: Custom Research Team von CIO, CSO und COMPUTERWOCHE in Abstimmung mit den Studienpartnern