Lizenz-Management in der Cloud

Wie Cloud-Anwender der Lizenzfalle entgehen

12.11.2015
Von 
Harald Lutz lebt und arbeitet als Fachjournalist und Technikredakteur sowie in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit in Frankfurt am Main. Spezialgebiete: Informations- und Kommunikationstechnik (IKT), Logistik, Informationslogistik, Wissenschaft und Forschung.

Die "alte" IT-Welt berücksichtigen

"Unnötige Komplexität in diesem Umfeld kann vermieden werden, indem man die in die alte Welt getätigten Investitionen der Nutzer beim Weg in die Cloud nachhaltig berücksichtigt“, hält Microsoft-Vertreterin Claudia Fischer dagegen. Über ein Cloud-Abonnement schlage man zwei Fliegen mit einer Klappe: Die Online-Abonnement-Lizenz beinhaltet beim Software-Riesen aus Redmond (USA) auch die On-Premise-Rechte. Fischer: "Wer beispielsweise mit Exchange Online einen E-Mail-Service als Cloud-Service über einen Volumenlizenzvertrag abonniert hat, bekommt mit diesem Abonnement auch die Zugriffsrechte auf die äquivalente Applikation im eigenen Rechenzentrum, für die normalerweise eine eigene Zugriffslizenz benötigt würde."

Über zwei gangbare Transferwege lockt Microsoft insbesondere Business-Anwender, die bestehenden Investitionen in die Cloud zu überführen:

  1. Die "alte" klassische Lizenz wird bei Online-Services aus dem Vertrag herausgenommen. Das bedeutet: Der Anwender muss sie nicht weiter zahlen. Damit verliert er nichts, gewinnt vielmehr dazu, indem er in die Cloud gehen und seine alte Welt nach wie vor abdecken kann.

  2. Add-on-Lizenzen: Die Cloud-Services werden auf die bestehende Investition der On-Premise-Lizenzen aufgesetzt. Vorteil: Der Anwender kann die Online-Services zu einem vergünstigten Preis zusätzlich nutzen.

Anwender an die Hand nehmen

"Wir unterstützen unsere Anwender dabei, sich einzelne Themen aus der SAP-Welt herauszupicken und sie in die Cloud zu stellen", betont Bert Schulze von der SAP. Konkret heiße das, dass neben dem klassischen Betrieb von On-Premise- und Cloudlösungen auch die Integrations-Middleware zur Verfügung gestellt werde. Diese benötigen Anwender, um durchgängige Prozesse zu entwickeln. Der Weg in die Cloud – sei es als komplette ERP-Mittelstandslösung oder als Hybridmodell in der großen Industrie – berge für SAP-Anwender keine großen Hürden mehr. Bereits On-Premise habe der Nutzer für die verschiedenen Einzelmodule, die er heute von der SAP beziehe, unterschiedliche Lizenzierungsmodelle. "Da überlegt man für jeden Funktionsbaustein: Wie viele User habe ich? Welche Metriken liegen zugrunde?", so Schulze. Für die zusätzlich ausgewählten Cloudlösungen werde einfach gemäß einem Mietkaufmodell ein Subskriptionspreis festgelegt, der in einem separaten Vertrag geregelt werde.

Die Anwender können mit SAP heute vollständig On-Premise bleiben, in die Cloud gehen oder hybride Modelle verfolgen. Über Umwandlungsprogramme in den einzelnen Verträgen werden bestimmte Funktionen oder Module in die Cloud überführt. Schulze: "Bestehende Verträge werden erweitert oder in den Teilen konvertiert, die fortan in der Cloud betrieben werden sollen." Den Anwendern, die neben einem klassischen On-Premise-Modell mit ihren diversen Lizenzierungsmodellen zusätzlich in die Cloud gehen wollen, bieten die Walldorfer eine sogenannte "Managed Cloud" an, die es erlaubt, mit den vorhandenen Lösungen in ein SAP-Datacenter einzuziehen und die existierenden Lizenzen in ein Subskriptionsmodell zu überführen.

Beherrschbare Komplexität?

Der Lizenzdschungel beim Übergang in die Cloud ist also aus Sicht der befragten Branchengrößen Microsoft und SAP alles in allem beherrschbar; weiterer Schritte in puncto Standardisierung bedürfe es ihren Aussagen nach nicht unbedingt. "Die Komplexität sehen wir durchaus. Mit der Umstellung auf Mietkaufoptionen haben wir jedoch den neuen Anforderungen im Lizenzmanagement bereits weitgehend Rechnung getragen", betont SAP-Vertreter Schulze.

In das gleiche Horn stößt die Lizenzierungsverantwortliche bei Microsoft Deutschland, Claudia Fischer: "Wir bemühen uns, die Lizenzmodelle weiter zu vereinfachen, beide Welten in einem Vertrag zu kombinieren und den gegenseitigen Austausch möglich zu machen." Last, but not least habe jedes IT-Unternehmen seine eigene Historie. Manche der führenden Cloud-Provider beispielsweise können auf keine On-Premise-Vergangenheit zurückblicken. Fischer: "Allein vor diesem Hintergrund wird es sicherlich sehr schwer, für alle Anbieter eine einheitliche Vorgehensweise bei der Lizenzierung zu finden." (sh)