Als Frank Loydl im Februar 2018 als CIO bei Audi anfing, war die Situation in der Enterprise IT eine andere, als er sie davor in seiner Zeit in der Konzern-IT von Volkswagen kannte. "Wir haben 2018 mit NEXT:IT angefangen und über mehrere Schritte innerhalb von vier Jahren erst die Fähigkeit erarbeitet, eine Transformation durchzuführen", berichtete er in seiner Keynote auf den Hamburger IT-Strategietagen.
Ganz am Anfang hätten sie sich dabei nur mit sich selbst beschäftigt, so der studierte Informatiker, also Themen wie Struktur und Agilität behandelt sowie die Frage, wie man so etwas aufbaut? "Ich bin relativ lange schon mit dem Thema unterwegs und insofern Überzeugungstäter, wir haben in Wolfsburg relativ viel in Scaled Agile gearbeitet", erklärte Loydl den vor Ort in Hamburg oder remote zugeschalteten Zuschauern. "Als ich zu Audi gekommen bin, war klar: Wir müssen mit der Transformation der Enterprise IT in kleinen Schritten starten."
Trotz dieser Ausgangsposition ging es schnell voran: Ein Monat nach Dienstantritt bekam Loydl das Zielbild, grob umrissen geht es um den Wechsel von einer Domain-orientierten zu einer technologie-orientierten Ausrichtung der IT, freigegeben. Im März 2019 eröffnete Audi das erste eigene Software Development Center, was quasi die erste Welle der Transformation auslöste.
Im Jahr 2020 wurde dann in Heilbronn als erstes Joint Venture in Heilbronn mit Capgemini die XL2 gegründet, wo mittlerweile über 120 Mitarbeiter fest angestellt sind. "Dabei handelt es sich um eine Riesen-Erfolgsgeschichte", bekundete Loydl, "wir können dort New-Work-Modelle implementieren, losgelöst von allen Themen, die es in einem großen Industrie-Unternehmen einfach gibt. Außerdem haben wir eine enge Verbindung zu den Fachbereichen. Also ein wirklich schönes Thema."
Ein weiteres Joint-Venture gründete Audi 2022 mit der Lufthansa Industry Solutions namens Amplimind. So berichtete Loydl: "Hier findet die erste Transformation, die gerade läuft, für ganz wichtige IT-Systeme statt, die wir dort nachhaltig verordnen wollen."
Schließlich in den Flow gekommen
Als wesentlicheren Punkt verweist der Audi-CIO jedoch auf die Entwicklung, die er in den vergangenen sechs Monaten in der IT-Organisation beobachtet hat. "Wir vermuten, dass wir tatsächlich jetzt in der IT-Organisation eine intrinsische Reife erreicht haben, um in die nächste Iteration, nennen wir es mal eine agile Organisation, zu gehen."
Um diese These zu untermauern, verweist er auf eine Diskussionsrunde zum Thema Agile Flow, in der 120 Teilnehmer über so konkrete Fragen wie die Abstimmung mit den Fachbereichen, die Erstellung von Synchronisationspunkten oder die Definition von Rollen diskutierten.
"Das Thema hat jetzt tatsächlich eine Phase erreicht, wo es für uns real wird", erklärt Loydl. Der nächste Punkt sei dann entsprechend eine Strategie-Überprüfung, um den Mitarbeitern Werte oder eine Zielrichtung zu geben, anhand derer die Entscheidungen in den Teams zu treffen sind: Welche Themen sind wichtiger? Wie allokiere ich meine Ressourcen? "Wenn ich nicht weiß, wo ich hin will, ist das in einer ganzheitlichen Struktur schwierig", konkludiert Loydl.
Alles auf Prio Eins
Sein Lösungsansatz: Da sein Portfolio komplett mit 1 durchpriorisiert sei, dreht er das Vorgehen jetzt um, im Sinne von "Ich will von Dir eine Architekturvorgabe". Ausgehend von der Digitalisierung als strategisches Hauptthema habe man dann für die IT Themen wie eine durchgehende, vernetzte Architektur, die Verfügbarkeit von Daten und Cybersecurity genommen und auf der strategischen Ebene dann sieben Handlungsfelder abgeleitet: Lieferfähigkeit, IT-Security, IT-Bebauung, Projektqualität, Prozessqualität, Produktorganisation und User Experience, berichtete Loydl.
Aus diesen Aktionspunkten wurden dann direkt jeweils zehn Themenfelder abgeleitet und die Leitungsrunde trifft sich regelmäßig, um anfallende Aufgaben in die nächsten drei Kadenzen einzuplanen und zu schauen, ob man das Tempo halten kann.
Was die Pläne für die Zukunft angeht, verweist Loydl darauf, dass der Flow entsprechend auch in den Key Results 2023 aufgeführt ist. Geplant ist außerdem eine Neuausrichtung der IT Security, die Architektur für Domänen- und Plattform-Bebauung sei abgeschlossen, dagegen habe man mit bei der Bebauung mit den ersten zehn MVPs noch einiges vor.
Weitere Punkte seien die Überführung von Kontrollen in den Kadenz-Kalender, ein ganzheitliches Dashboard, die Weiterführung der Produkt-Organisation und eine noch engere Abstimmung mit der Gruppe.