Alles neu macht die CIO

Wie Carhartt Daten fokussiert

29.11.2022
Von 
Paula Rooney schreibt für unsere US-Schwesterpublikation cio.com.
Die neue CIO von Carhartt will aus der Cloud Kapital schlagen und mit KI-Unterstützung den Datenbetrieb optimieren.
Carhartts Datenstrategie wächst und gedeiht - auch ein Verdienst der neuen CIO.
Carhartts Datenstrategie wächst und gedeiht - auch ein Verdienst der neuen CIO.
Foto: Ralf Liebhold - shutterstock.com

Kleidung von Carhartt wird geschätzt - ob im Workwear- oder Lifestyle-Bereich. Das hat der 133 Jahre alte US-Traditionskonzern auch seiner digitalen Transformation zu verdanken, bei der Technologien wie Cloud, Analytics und Künstliche Intelligenz eine Schlüsselrolle spielen. Das Unternehmen, das all seine Produkte an seinem Haupsitz in Dearborn, Michigan entwickelt, startete seine Transformationsinitiative vor etwa vier Jahren. Inzwischen laufen über 90 Prozent der Anwendungen in der Cloud - das Gros der Daten wird im unternehmenseigenen Data Warehouse gespeichert.

Vor kurzem ernannte Carhartt Katrina Agusti - seit 19 Jahren in der Firma tätig - zur neuen CIO. Sie hatte schon unter Vorgänger John Hill eine entscheidende Rolle dabei gespielt, den Bekleidungshersteller fürs digitale Zeitalter umzurüsten. Ihre Laufbahn bei Carhartt hatte sie als Senior Programmer Analyst gestartet. Nun ist sie damit betraut, die Transformation des Unternehmens in die nächste Phase überzuleiten. Was das konkret bedeutet, bringt die Managerin ohne Umschweife auf den Punkt: "Sich täglich mit einer Flut komplexer Technologien auseinanderzusetzen, die die globalen Lieferketten und Geschäftspraktiken nachhaltig verändern."

Eines von Agustis zentralen Vorhaben ist dabei, einen Data Lake in die Architektur von Carhartt zu integrieren. Die CIO rechnet damit, dass im Laufe der nächsten vier Monate zwei entsprechende KI-Proof-of-Concepts produktionsreif sind. Darüber hinaus setzt auch Carhartt - wie alle produzierenden Unternehmen im Digitalzeitalter - in seinen Service- und Fullfilment-Centern zunehmend auf Automatisierung und Robotik. Die Firma stößt dabei auch auf Herausforderungen, insbesondere wenn es darum geht, Mitarbeiter - nicht nur auf Technologieseite - zu finden, um die wachsende Nachfrage der Kunden zu befriedigen. Carhartt verzeichnet derzeit eine zweistellige Wachstumsrate in allen Geschäftsbereichen - Direct-to-Consumer, Direct-to-Business und Großhandel.

Transformations-Tuning mit Datenfokus

Carhartt startete seine Cloud-Initiative im Rahmen einer grundlegenden Transformation, um die 220 Applikationen des Unternehmens auf Microsoft Azure zu migrieren. Derzeit laufen noch zwei Legacy-Anwendungen bei Carhartt On-Premises - die Software für Warehouse Management und für Lohn- und Gehaltsabrechnungen. Laut der Managerin könnten auch diese beiden bald zugunsten von Cloud-Native-Lösungen ersetzt werden.

Der Umstieg auf die Cloud sei für Carhartt - trotzdem er inmitten der Pandemie erfolgt ist - ein großer Gewinn gewesen, berichtet die CIO. Dabei kann das Unternehmen - abgesehen von den offensichtlichen Vorteilen bei Time-to-Market und Skalierbarkeit - auch von zahlreichen weiteren Verbesserungen profitieren. Zum Beispiel in den Bereichen:

  • Performance,

  • Stabilität,

  • Betriebszeit,

  • Wartung,

  • Failover-Monitoring und

  • Alerting.

"Mit Hilfe der Cloud konnten wir viele kostspielige und zeitaufwändige IT-Tasks automatisieren und dem Team den Rücken freihalten, damit es sich mit fortschrittlichen Datenanalysen und neuen Technologien beschäftigen konnte", unterstreicht Agusti und ergänzt, dass Carhartt langfristig sehr wahrscheinlich auf eine Multi-Cloud-Architektur setzen werde. Momentan genieße jedoch der Ausbau der Cloud-Expertise - auch über den Austausch mit anderen CIOs über Best Practices - höchste Priorität: "Wir sind immer noch dabei zu lernen und intern die Muskeln aufzubauen, um die Cloud richtig zu nutzen und zu managen. Ich beschäftige mich dabei auch mit Datenarchitektur und Storage-Strategien. Workloads in der Cloud zu managen, ist etwas völlig anderes als On-Premises."

Katrina Agusti, Chief Information Officer beim US-Traditionsunternehmen Carhartt.
Katrina Agusti, Chief Information Officer beim US-Traditionsunternehmen Carhartt.
Foto: Carhartt

Dabei ist sich die Managerin natürlich darüber bewusst, dass Daten der Schlüssel dazu sind, neue Technologien richtig einzusetzen: Carhartt baut deswegen nicht nur ein eigenes Enterprise Data Warehouse auf, sondern kooperiert parallel auch mit Microsoft und Databricks in Sachen Data Lake. So will das Unternehmen sicherstellen, dass seine (wenigen) Datenwissenschaftler beide Engines nutzen können, um sowohl mit strukturierten als auch unstrukturierten Daten zu arbeiten.

"Heute leiten wir unseren Data Lake über unser Data Warehouse zurück. Architektonisch möchten wir die Daten zuerst in den Data Lake bringen, unabhängig davon, ob sie strukturiert oder unstrukturiert sind, und sie dann in unser Data Warehouse einspeisen", erklärt Agusti und fügt an, gerade an einer Datenarchitektur zu arbeiten, die sich für verschiedenartige Datensätze eignet. Das hauseigene Data Warehouse zugunsten des Data Lake aufzugeben, stehe hingegen nicht zur Debatte: "Der Data Lake wird eher unserem Data-Science-Team und den Teams mit Kundenkontakt dienen, die Customer Journeys mit unstrukturierten Daten personalisieren", sagt Agusti und verweist darauf, dass die sechs Data Scientists im Dienst von Carhartt mehrere Machine-Learning-Modelle erstellt haben, die derzeit getestet werden.

"Zwei dieser Projekte stehen kurz vor der Produktion. Das erste unterstützt und dabei, unser Inventar für unsere fünf Vertriebszentren und drei Geschäftsbereiche zu replizieren. Wir wollen das auch dazu nutzen, unsere Entscheidungsfindung und Bestandsplanung auf Grundlage von Service Levels neu auszurichten", offenbart die Carhartt-CIO und fährt fort: "Der zweite Proof-of-Concept zielt darauf ab, unsere Datenwissenschaftler dabei zu unterstützen, Consumer-Daten zu sammeln, um die Customer Journey weiter zu personalisieren."

Die Macht der Technologie

Wie für viele ihrer Kollegen heißt die größte Herausforderung auch im Fall der IT-Entscheiderin von Carhartt Change Management - speziell, wenn es darum gehe, die Mitarbeiter davon zu überzeugen, dass die KI-Modelle ihres Unternehmens wirklich funktionierten: "Viele Teams sind skeptisch, ob Decision-Making- und Automatisierungs-Technologien so gut funktionieren, wie sie das selbst tun. Wir lassen diverse Anwendungsfälle im POC-Modus laufen, um unseren Endanwendern und der Business-Community zu beweisen, dass diese Modelle in der Lage sind, Entscheidungen für sie zu fällen. Ich gehe davon aus, dass sich derzeit viele Unternehmen in dieser Übergangsphase befinden. Es gibt verschiedene Funktionen entlang der KI-Reifekurve und eine Vielzahl potenzieller Anwendungen - insbesondere im Bereich der Datenanalyse."

Um ihre Entschlossenheit in Bezug auf die Macht der Technologie zu untermauern, muss die CIO sich nur vorstellen, wie ihr Unternehmen in der Pandemie ohne Investitionen in Technologie und IT-Talente performt hätte: "Das hätte unser Business zum Erliegen bringen können", meint die Managerin.

Speziell in der Anfangszeit der Pandemie, als Betriebseinstellungen im Zuge der Lockdowns in vielen Ländern an der Tagesordnung waren, habe das Unternehmen viel gelernt: "Das ermöglichte uns einen seltenen Einblick in unsere Lieferkette - unsere Datenanalysten konnten sie bis ins kleinste Detail zerlegen. Die Pandemie hat uns verdeutlicht, dass wir mehr tun müssen in Sachen Lieferkettentransparenz und proaktives Ausnahmemanagement." (fm)

Dieser Beitrag basiert auf einem Artikel unserer US-Schwesterpublikation CIO.com.