Buzzword-orientierte Architektur

Widerstehen Sie dem Hype!

Kommentar  28.02.2023
Von 

David Linthicum ist ein US-amerikanischer Technologieexperte und Buchautor. Zu seinen Schwerpunktthemen gehören unter anderem Cloud Computing, SOA, Enterprise Application Integration und Enterprise Architecture.

Manche Unternehmen "sammeln" Hype-Konzepte wie Elon Musk Facepalms und schlechtes Karma. Das ist (nicht nur, aber auch) in Sachen Cloud-Architektur eine wirklich schlechte Idee.
Heute schon auf einen Hype-Zug aufgesprungen?
Heute schon auf einen Hype-Zug aufgesprungen?
Foto: Studio Romantic - shutterstock.com

Buzzwords prägen seit jeher die IT-Branche - unabhängig davon, ob es um strukturierte oder objektorientierte Programmierung, verteilte Objekte, die Integration von Unternehmensapplikationen, Data Warehousing, Service-orientierte Architekturen oder Cloud Computing geht. Das bleibt nicht ohne Folgen: Viele Unternehmen lassen sich dazu verleiten, blind den neuesten Trends zu folgen.

Diese branchenweite Praxis habe ich früher gerne als "manage by magazine" bezeichnet: Die "Coolness" eines Konzepts oder Begriffs wird in einem solchen Fall wichtiger als der tatsächliche Anwendungswert. Heute bevorzuge ich den Begriff "Buzzword-orientierte Architektur" (BOA). Es bleibt ein höchst ungünstiger Ansatz, bei dem ein Problem zwingend mit einer bestimmten Lösung bewältigt werden soll, unabhängig davon, ob diese überhaupt dazu geeignet ist. Mit anderen Worten: Man "kennt" die Antwort schon, bevor das Problem wirklich verstanden ist.

Gängige Beispiele für eine Buzzword-orientierte Architektur manifestieren sich beispielsweise im übermäßigen Einsatz von Containern und entsprechenden Orchestrierungs-Tools. Obwohl beides wirksame Ansätze darstellen, um neue und bestehende Anwendungen in wertvollere und skalierbare Workloads zu verwandeln, passen sie nicht zu jeder Anwendung oder jedem System. Das führt häufig zu vermeidbaren Fehlern: Etwa, dass manche Unternehmen Geld für die Modernisierung eines Workloads ausgeben, der eigentlich gar nicht containerisiert werden müsste. Und das alles nur, weil irgendjemand "Container" in seinen Lebenslauf aufnehmen wollte?

So steigt die Cloud-Rechnung

Eventuell fragen Sie sich gerade, warum ich an dieser Stelle ein lange bekanntes Problem anspreche. Das kommt in erster Linie daher, dass ich immer öfter beobachte, dass BOA heutzutage viele Cloud-Architekturen "antreibt" - und die meisten Unternehmen, die diesem Ansatz erliegen, teuer für diesen Fehler bezahlen. Zwar "funktionieren" diese Architekturen, weisen aber eine vielfach geringere Kosteneffizienz auf. Das führt dazu, dass Unternehmen (im Vergleich zu einer besseren Lösung) in der Regel zwei- bis dreimal mehr investieren müssen. Fehlanwendungen von Containern sind das beste Beispiel für solche teuren Probleme.

Ich habe in meiner Laufbahn viele IT-Architekturkonzepte und Buzzwords kommen und gehen sehen. Gefährlich wird es immer dann, wenn Konzepte und Schlagworte falsch angewendet werden. Dann wird die Schuld oft beim Konzept selbst gesucht - statt bei demjenigen, der für die falsche Anwendung verantwortlich ist. Das ist frustrierend genug, hat aber noch größere Auswirkungen: Die Erwartungen des Unternehmens werden nicht erfüllt. Schließlich sollten IT-Experten die bestmögliche und kostengünstigste Lösung im Sinne ihres Arbeitgebers ermitteln. Vielen IT-Mitarbeitern fehlt es jedoch am für die Cloud-Optimierung erforderlichen Knowhow und Erfahrungsschatz - oder sie haben schlicht nicht die Zeit und die Ressourcen, um sich diese Kenntnisse anzueignen. Die Geschwindigkeit, mit der Cloud-Lösungen heutzutage bereitgestellt werden können, verschärft das BOA-Problem noch.

Eine Buzzword-orientierte Architektur ist in der Regel deutlich weniger effizient und führt in der Folge zu höheren Cloud-Rechnungen. Ganz generell gilt, dass ressourceneffiziente Cloud-Systeme kostenseitig belohnt werden. Das ist auch der Grund, warum die meisten Unternehmen den erwarteten Return on Investment in Sachen Cloud nicht erreichen. Das beste Gegenmittel: Lassen Sie sich nicht von Hypes vereinnahmen. (fm)

Dieser Beitrag basiert auf einem Artikel unserer US-Schwesterpublikation Infoworld.