Intelligente Assistenten sorgen für Durchdringung
Für die Silicon-Valley-Unternehmen sind künstliche Intelligenz und die daraus entstandenen, intelligenten Assistenten eine neue Einnahme- und Datenquelle. Das Wetteifern - mit dem typischen "Alles oder Nichts"-Ethos - um das absolute Monopol über unsere Gedanken ist längst entbrannt. Denn diese intelligenten Helfer brauchen keine Suchleiste mehr. Wir können ihnen in natürlicher Sprache ganz direkt unsere Wünsche und Absichten mitteilen. Kein Umweg mehr über eine Suchleiste, kein Lernen von Maschinenlogik, nur einfaches Aussprechen. Und wenn die Technologie smart genug ist, dürfte es auch keine - oder zumindest deutlich weniger - Missverständnisse mehr bei der Interpretation unserer Vorstellungen aus verstümmelten Suchanfragen geben.
Die Wunder-Assistenten kommen aktuell meist in Form sympathischer Frauenstimmen daher: Erst Siri (Apple) und Cortana (Microsoft), dann Alexa (Amazon) und jetzt Google Home. Waren es erst einfache Fragen nach dem Wetter, die dank unserer mobilen "Wanzen" mit unserem aktuellen Aufenthaltsort angereichert wurden, sind aktuell auch schon komplexe Fragen möglich: "Nenne mir alle siebensitzigen Geländewagen mit einem Verbrauch von unter zehn Litern" beispielsweise. Dazu hätten wir mit dem kleinen Suchschlitz schon ein paar Interaktionen mehr gebraucht.
Ganz erstaunlich dabei ist, dass das jahrzehntelange Spiel, wie die Technologie näher an uns Menschen herankommt, eine neue Wendung bekommen hat. Es geht nicht mehr darum, ein Stück Technik noch näher an unseren Körper zu bekommen, sondern näher an unseren Geist: Mit einem Mal konnte Amazon ein paar Rivalen links überholen. Ganz ohne eigenes Smartphone ist Alexa mit Lautsprecher und Mikrofon ganz nah an uns dran. Und zwar dort, wo wir ganz ungezwungen wir selbst sind: zu Hause in der Küche oder im Wohnzimmer.
Service oder Angriff auf unsere Autonomie?
Die intelligenten Assistenten können auch in Chatbots eingebaut werden und so Klartext-Anfragen, die wir beispielsweise mit einem Unternehmen führen, beantworten und lenken. Große Fortschritte werden aktuell auf dem Gebiet der Kontextualität und der persönlichen Erinnerung gemacht. Schon heute ist die Antwort auf eine Suchanfrage nicht mehr bei jeder Person gleich (Stichwort "Filterblase"). In Zukunft wird die Antwort eines persönlichen Assistenten durch die Verwendung des persönlichen Kontextes massiv individualisiert sein.
Dabei verschwindet eine ganze Ebene unserer bisher empfundenen Autonomie, weil wir keine Auswahl aus einer Liste mehr treffen müssen, sondern das Ergebnis direkt serviert bekommen. Wir heben Maschinen und Technologie damit auf die Ebene persönlicher, individueller Kommunikation und werden das in Zukunft immer schwerer unterscheiden können. Denn wie in jeder engen Zusammenarbeit mit einem persönlichen Assistenten werden wir auch den digitalen bereitwillig Zugang zu unseren persönlichen Informationen gewähren und ihnen so erlauben, uns immer besser einzuschätzen.
Schnittstelle Mensch als Geschäftsmodell
Die Vision im Silicon Valley ist klar: Wer diese neue Technologie und die direkte Schnittstelle zu uns Menschen beherrscht, der wird es vielleicht schaffen, ein völlig neues Unternehmen aufzubauen. Tummeln sich heute Technologie- und Erdöl-Unternehmen mit Umsatz- und Marktkapitalisierungs-Zahlen jenseits der 300 Milliarden Dollar in den Börsenlisten, könnte mit diesem neuen Ansatz das erste Eine-Billion-Dollar-Unternehmen Wirklichkeit werden. Damit ließen sich auch die heutigen Umsätze von 10 Dollar pro Weltbürger (Google) oder 50 Dollar pro US-Bürger (Facebook) noch bei weitem übertreffen.
Und was kommt danach? Naja, wer unsere Absichten kennt, der wird sie in Zukunft wahrscheinlich auch beeinflussen wollen. Ob unsere Bequemlichkeit das wert ist? (fm)