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Wer sorgt für Durchblick im Salesforce-Dschungel?

10.05.2024
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Mit neuen Branchenlösungen und Einstein GPT lockt Salesforce die Kunden. Doch damit steigt auch die Komplexität. Für Service-Provider eine Chance zu punkten.
Im Salesforce-Ökosystem kann es an der einen oder anderen Stelle auch einmal unübersichtlich werden.
Im Salesforce-Ökosystem kann es an der einen oder anderen Stelle auch einmal unübersichtlich werden.
Foto: Quick Shot - shutterstock.com

Rund um die Salesforce-Lösungen ist über die Jahre hinweg ein reichhaltiges Ökosystem an Servicepartnern gewachsen. Damit steigt auch Der Bedarf an Beratung und Dienstleistungen auf Seiten der Anwenderunternehmen. Neben der Integration in das eigene IT-Backend geht es darum, aus dem zunehmend unübersichtlicher werdenden Salesforce-Kosmos den auf die eigenen Anforderungen passenden Mix an Applikationsservices zusammenzustellen.

Das kann durchaus komplex werden. Das Software-as-a-Service- (SaaS-)Portfolio beschränkt sich längst nicht mehr nur auf klassische CRM-Lösungen. Zuletzt forcierte Salesforce beispielsweise stark den Ausbau seiner Industry Clouds und den Einsatz von GenAI-Tools unter dem eigenen Einstein-Label

könnten deutsche IT-Dienstleister Mit ihrem Prozesswissen profitieren. Zu dieser Einschätzung kommt die Studie "ISG Provider Lens - Salesforce Ecosystem Partners". Das Marktforschungs- und Beratungsunternehmen Information Services Group (ISG) hat 42 IT-Dienstleister analysiert, die im deutschsprachigen Teil des Salesforce-Ökosystems tätig sind. Bewertet wurden dabei die Stärke des Portfolios sowie die Umsetzungskompetenz

Bedarf an Backend-Integration unterschiedlich

Salesforce hat sein Portfolio an Industry Clouds nach der Übernahme des Softwarehauses Vlocity im Jahr 2020 massiv ausgebaut. Nachdem sich das Angebot lange Zeit auf das Gesundheitswesen (Health Cloud) und den Finanzsektor (Financial Services Cloud) beschränkt hatte, adressiert der SaaS-Anbieter mittlerweile zahlreiche weitere Branchen. Dazu zählen die Fertigungsindustrie, der Automobilbau, das Bildungswesen, der Telekommunikationssektor und der Handel.

Laut ISG-Studie ergäben sich dadurch neue Marktchancen sowohl bei großen Systemintegratoren als auch bei kleineren IT-Providern. Speziell im deutschen CRM-Markt besteht Bedarf an Kundenlösungen, die nur wenige Anpassungen erfordern. In der Praxis betrifft das vor allem kleine und mittelgroße Unternehmen (KMU). Mehr und mehr Provider gingen den Analysten zufolge dazu über, Prozesse zu automatisieren und in vorkonfigurierten Angebotspaketen zu bündeln. Instanzen mit entsprechenden Grundfunktionen ließen sich dann wesentlich schneller und mit geringerem Ressourceneinsatz live bringen Das gilt vor allem dann, wenn die Salesforce-Lösung nicht umfassend mit dem bestehenden Kunden-Backend integriert werden muss

Ganz anders steht es ISG zufolge um die Großkunden. Hier zählt es zu den Kernkompetenzen der Provider, Salesforce-Lösungen nahtlos in die vorhandene Systemlandschaft einzubetten. Dies betrifft insbesondere das Zusammenspiel mit der ERP-Ebene, wo es darum geht, durchgängige Prozesse mit dem Auftragsmanagement sowie den Abrechnungsfunktionen zu etablieren. Ziel ist es, das Datenmanagement entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu automatisieren

Generative AI im CRM

Zusätzlich zu den Effizienzgewinnen in der Prozessorganisation durch die Automatisierung führt die CRM-Integration aber auch zu deutlich mehr Transparenz, konstatieren die Analysten. Beispielsweise ließen sich Kundendaten im direkten Kontext der Produktdaten auswerten. Anbieter könnten so ihren Kunden genau die Zusatzangebote machen, die im aktuellen Nutzungs- und Lebenszyklus den höchsten Mehrwert bringen. Entsprechende Analysemodelle für ihre Kunden zu konzeptionieren und umzusetzen, sei eine Aufgabe der Service-Provider.

Neben der Integration eigener Geschäftsdaten geht es beim Bau der Modelle immer mehr aber auch darum, geeignete externe Datenquellen in die Analyse mit einzubeziehen. Für diese Aufgabe offeriert Salesforce seit März 2023 das GenAI-Angebot "Einstein GPT". Es enthält ein Set an CRM-bezogenen KI-Werkzeugen, die auf den Sprachmodellen von OpenAI aufsetzen.

"Salesforce-Dienstleister werden sich schon sehr bald daran messen lassen, inwieweit sie ihren Kunden Wege zu einer sinnvollen Anwendung von GenAI aufzeigen können", sagt Heiko Henkes, Director & Principal Analyst bei der Information Services Group (ISG).
"Salesforce-Dienstleister werden sich schon sehr bald daran messen lassen, inwieweit sie ihren Kunden Wege zu einer sinnvollen Anwendung von GenAI aufzeigen können", sagt Heiko Henkes, Director & Principal Analyst bei der Information Services Group (ISG).
Foto: ISG

"Zwar befindet sich der Einsatz von generativer KI im Kundenbeziehungsmanagement derzeit noch in einer eher experimentellen Phase", erklärt Heiko Henkes, Director & Principal Analyst bei der Information Services Group (ISG). "Dennoch werden sich führende Dienstleister schon sehr bald daran messen lassen müssen, inwieweit sie ihren Kunden Wege zu einer sinnvollen Anwendung von GenAI aufzeigen können."

Hürde Lizenzmanagement

Wenn die Ökosystempartner von der Vertikalisierungsstrategie von Salesforce profitieren wollen, müssten sie den Kunden allerdings auch beim dazugehörigen Lizenzmanagement beratend unter die Arme greifen. Dies betreffe ISG zufolge vor allem die Betriebe, die bereits in früheren Jahren in funktionale Salesforce-Lösungen investiert haben. Bislang habe Salesforce noch kein Übergangsmodell dafür kommuniziert, wie sich die bereits laufenden Lizenzkosten mit neuen Investitionen verrechnen lassen.

"In dieser Situation bleibt es bis auf Weiteres dem Verhandlungsgeschick des Einkaufs überlassen, was man am Ende des Tages für eine zusätzliche Industry-Cloud-Lösung zu zahlen hat", heißt es in einer Mitteilung von ISG Angesichts dieser etwas unübersichtlichen Gemengelage könnten Service Provider mit Beratungsleistungen punkten, die Wege aufzeigen, um Lizenzen kostenschonend zu managen. Eine Option seien zum Beispiel Nutzungsmodelle, die sich stärker als bisher an den verarbeiteten Datenvolumina orientierten.

Die Studie "2024 ISG Provider Lens Salesforce Ecosystem Partners report for Germany" bewertet die Fähigkeiten von insgesamt 42 Anbietern in sechs Marktsegmenten:

  • Multicloud Implementation and Integration Services for Large Enterprises,

  • Implementation Services for Core Clouds - Midmarket,

  • Implementation Services for Marketing Automation,

  • Managed Application Services for Large Enterprises,

  • Managed Application Services for Midmarket sowie

  • Implementation Services for Industry Clouds.

Die Studie stuft Accenture, adesso SE, Capgemini, Cognizant, Deutsche Telekom und Infosys in je vier Marktsegmenten als "Leader" ein. Deloitte, DIGITALL, HCLTech, IBM, Salesfive und Wipro erhalten diese Einstufung in jeweils drei Quadranten. Factory42, Persistent Systems und Reply sind "Leader" in jeweils zwei sowie Cloud Consulting Group, DIA, PwC, TCS und Tech Mahindra in je einem Segment.

Anbieter für Implementation Services for Industry Clouds
Anbieter für Implementation Services for Industry Clouds
Foto: ISG

Zudem werden Cloud Consulting Group, Cloud Monsters, DIA, Factory42, Reply, TCS und Tech Mahindra in jeweils einem Marktsegment als "Rising Star" bezeichnet. Nach Definition von ISG handelt es sich dabei um Unternehmen mit vielversprechendem Portfolio und hohem Zukunftspotenzial.