Ob im eigenen Unternehmen oder in der Cloud: Die IT-Landschaften werden komplexer. Dies ist ein wichtiger Grund dafür, dass Firmen Aufgaben wie IT-Sicherheit, Wartung von Anwendungen oder das Monitoring von IT-Infrastrukturen en bloc als klar definierte Services von Dienstleistern beziehen.
Genau das steckt hinter Managed Services: Service-Provider erbringen wiederkehrende, teilweise standardisierbare IT-Dienstleistungen im Kundenauftrag. In Serviceverträgen werden Service Level Agreements (SLAs) formuliert, die Art, Umfang und Qualität der Leistungen festlegen. Doch was über Jahre gut funktionierte, wird nun mit den Anforderungen durch die Cloud-Migration schwieriger. Die Herausforderungen dabei liegen - nicht nur, aber auch - im technologischen Bereich.
So scheitert aktuell immer noch bei manchem Unternehmen die Migration in die Cloud ganz banal daran, dass am Firmenstandort eine Breitbandlücke klafft. Eine von der COMPUTERWOCHE geleitete Diskussion mit verschiedenen Managed-Services-Providern zeigte aber, dass es ein noch viel größeres und grundlegenderes Problem gibt: Viele Firmen wissen nicht, wohin sie wollen, ihnen fehlt eine klare Digitalstrategie.
Nicht selten glauben die Verantwortlichen, mit einem vage formulierten "Cloud-first-Ansatz" alle Fragen beantwortet zu haben, doch dabei bleibt oft unklar, was sie eigentlich erreichen wollen. Ihnen fehlt die Vision, wie ihr Geschäft in ein paar Jahren aussehen soll. In der Folge haben solche Betriebe auch keinen detaillierten Überblick über die Prozesse, die angefasst werden müssten, um die digitale Transformation voranzutreiben.
Die Managed-Services-Provider stehen damit vor der Aufgabe, ihre Kunden intensiver zu beraten, als das früher nötig war. Dabei geht es auch um die Frage, welcher Cloud-Ansatz der richtige ist. Noch immer herrscht große Unsicherheit darüber, welche Daten und Anwendungen den großen Hyperscalern überlassen werden können. Auch die großen Konzerne haben hier weiterhin Vorbehalte. Da gibt es unbeantwortete Sicherheitsfragen, aber auch unterschiedliche Sichtweisen darauf, wie sich Business und IT aufstellen sollten, um Cloud-Angebote und -Lösungen end-to-end effizient zu nutzen.
Ganzheitlicher Umbau erforderlich
Dass der Umbau des IT-Betriebsmodells Unternehmen herausfordert, mag ein einfaches Beispiel verdeutlichen: Nahm die Bereitstellung eines virtuellen Servers on-premises mitunter mehrere Wochen in Anspruch, so lässt sich das in der Cloud binnen weniger Stunden realisieren. Diese hohe Verfügbarkeit klingt nach einem eindeutigen Vorteil, aber tatsächlich bringt sie die klassischen Unternehmens- und IT-Prozesse komplett durcheinander, weil das Business dafür oft noch nicht bereit ist.
- Heinz Bruhn, Rackspace
„Start-ups agieren Cloud-native und haben einen anderen Anspruch als ein gestandenes Mittelstand- oder Enterprise-Unternehmen, das noch klassische und/oder heterogene IT-Landschaften hat. Der schwierige Schritt für viele Unternehmen ist es, die Kernkompetenzen nach draußen zu geben. Und sie können mit der Geschwindigkeit nicht mithalten, weil sie eben Vorarbeit leisten müssen wie zum Beispiel das Einholen von komplexen Security-Freigaben. Wichtig ist es, Cloud Tower Excellence zu bilden – also nicht nur Devops, sondern alle involvierten Organisationseinheiten an einen Tisch zu holen. Aufgrund des Fachkräftemangels und der typisch hohen Auslastung der hausinternen IT ist diese Kernkompetenz häufig nicht vorhanden. Daher ist Beratung unabdingbar.“ - Christopher Eichermüller, Datto
„Managed-Services-Provider oder IT-Dienstleister sind mit den Endkunden oft nicht auf gleicher Augenhöhe. Entweder kommt der Kunde zum Dienstleister, damit dieser die Aufgaben übernimmt, die ihm zu viel sind, oder der IT-Dienstleister kommt von oben und sagt, wie der Kunde was zu machen hat. Man muss diese Beziehung umstrukturieren und dahingehend umdenken, dass man kein Managed-Services-Provider ist, sondern eine Co-managed-IT-Abteilung. Damit ist man auf derselben Ebene, denn wird eine Geschäftsentscheidung für die nächsten zwei Jahre getroffen, dann muss die IT vorrangig dabei sein.“ - Norbert Fiebig, Medialine
„Im Mittelstand ist das Thema Public Cloud immer noch nicht richtig angekommen. Gerade was die Prozesssteuerung betrifft, muss der Kunde erst einmal verstehen, welchen Weg er gehen möchte, und auch, wie sein Geschäftsmodell in den nächsten drei bis fünf Jahren aussieht. Bei der digitalen Transformation haben wir keine Start-to-End-, sondern eine rotierende Start-to-Start-Geschichte mit einer fortlaufenden Optimierung. Wir werden nie zum Stillstand kommen, weshalb eine Transformation auch nicht ohne die Bereitschaft funktioniert, Budget dafür einzuplanen und Prozesse umzusetzen.“ - Carsten Grunert, Axians
„Man muss am Anfang herausfinden, was der Kunde will. Tragen ihn finanzielle Themen, will er nur Geld sparen, hat er wirklich eine Cloud-Strategie, hat er Arbeitskräftemangel oder ist er prozessgetrieben? Es gibt viele Ansätze, warum sich ein Kunde einen Managed-Services-Provider holt, aber die Frage nach dem Warum muss klar beantwortet werden. Dem klassischen „Plan-Build-Run-Ansatz“ muss deshalb die Advise-Phase fast immer vorgeschoben werden. Eine wesentliche Aufgabe für uns als Managed-Services-Provider besteht darin, Unternehmen in der Analyse professionell zu unterstützen.“ - Bartlomiej Kluska, Comarch
„Obwohl deutsche Unternehmen schon sehr weit beim Einsatz von digitaler Technologie sind, ist der Weg in die Cloud für viele noch eine Herausforderung. Vor allem wenn es um das Thema Vendor Lock-in geht, greift das deutsche Sicherheitsdenken. Kunden haben Angst davor, sich an einen Anbieter zu binden und keine Wahl zu haben, sollte sich ihr Geschäft in eine andere Richtung entwickeln. Auch gegenüber den Managed-Services-Providern besteht ein starkes Sicherheitsbedürfnis. Deshalb ist es wichtig, dass Unternehmen die strategische Führung bei sich lassen und das Ganze steuern. Und diese Strategie fehlt bei vielen.“ - Sebastian Löw, Accenture
„Trotz stark steigender Public Cloud Adoption werden wir in Deutschland aufgrund von Compliance-Anforderungen, Datenträgheit oder möglichen Investmentschulden absehbar noch einen nennenswerten Anteil an Workloads in der Private Cloud haben. Ein Betrieb dieser Private-Cloud-Workloads muss dann in einer hybriden Welt zusammengebracht werden mit dem Betrieb von Workloads in der Public Cloud. Spezielle Hybrid-Cloud-Managed-Services können Unternehmen dabei helfen, die Vorteile der Cloud zu erschließen und gleichzeitig die Managementkomplexität solcher Szenarien zu limitieren, zum Beispiel durch Automatisierung, Self-Service Enablement oder Kostentransparenz.“ - Dr. Robert Scholderer, Scholderer
„Beim Cloud-Management gibt es drei Themen: den Technologie-Stack, die Kommissionierung und die Haftung. Die Technologie beherrschen wir, die Herausforderung steckt in den anderen beiden. Die Kommissionierung ist jetzt schneller, was bedeutet, dass man noch mehr Technologieschulden aufbauen oder sinnlose Server produzieren lassen kann, die früher aufgrund der Langfristigkeit nicht entstanden sind. Die Prozesse sind da, aber deren Steuerbarkeit ist in den Köpfen noch nicht so richtig angekommen. Das Haftungsproblem entsteht, wenn mehrere Dienstleister auf einem Tenant arbeiten. Früher gab es für einen Provider einen Leistungsübergabepunkt, der sich heute kaum noch beschreiben lässt. Beide Schmerzpunkte erfordern sehr gute Konzepte: Bei dem einen geht es um Geschwindigkeit, bei dem anderen um die Orchestrierbarkeit der Dienstleister.“
Trotz solcher Widrigkeiten hat die Transformation in den meisten Betrieben begonnen - manchmal auch nur deshalb, weil ein digital affineres Unternehmen aufgekauft wurde und nun den digitalen Wandel treibt. Managed-Services-Provider spüren die Unsicherheit ihrer Kunden. So wollen viele Unternehmen einerseits keine Outsourcing-Verträge mehr abschließen, die über fünf Jahre angelegt sind, andererseits wollen sie aber doch auslagern. Auch stellt sich die Frage, ob und in welchem Ausmaß geschäftskritische Aufgaben an einen IT-Dienstleister abgegeben werden sollen. Das sind Grundsatzentscheidungen, die Geschäftsführung, Business und IT-Abteilung gemeinsam treffen müssen.
Dienstleister für die Cloud
Vom Cloud-Trend profitieren vor allem die Hyperscaler Amazon, Microsoft, Google und Alibaba. Anwender wählen diesen Weg, um neue Geschäftsprozesse zu etablieren und vorhandene zu beschleunigen. Auch wollen sie flexibler auf sich verändernde Wettbewerbssituationen reagieren können. Zu den Vorteilen einer cloud-basierten Infrastruktur gehören Self-Services für Einzelnutzer, ein hoher Automatisierungsgrad sowie ein transparentes Finanzmanagement.
Für Managed-Services-Provider ergeben sich damit neue Chancen, aber auch Herausforderungen: Um Consumption-Services anbieten zu können, benötigen sie eine Cloud-Management-Plattform, die ihnen hilft, das Optimum aus dem gesetzten IT-Budget herauszuholen. Und sie müssen Verträge richtig managen, um ihre Verpflichtungen einzuhalten und einen Ausgleich für die nicht verfügbaren Skills zu schaffen.
Im Endeffekt handelt es sich dabei um ähnliche Dienstleistungen wie in On-Premises-Zeiten, doch wird gut ausgebildetes Personal gebraucht, das die Cloud-Welten von Amazon, Microsoft, Google oder Alibaba kennt. Damit die Orchestrierbarkeit funktioniert, sind auch die Abhängigkeiten dieser Systeme untereinander wichtig. Und schließlich geht es darum, den Überblick zu behalten und Schatten-IT zu verhindern.
Viele Fachabteilungen verfügen über ein eigenes Budget und haben kein Problem damit, mal eben bei einem Hyperscaler einen Service zu buchen. So entsteht Unwissenheit darüber, wo welche Daten liegen, die Gefahr der Angreifbarkeit wächst. Hier mit Managed Services gegenzusteuern, ist eine echte Herausforderung.
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Wer steuert Managed Services?
Nach Meinung der Diskutanten müssen ihre Kunden das Cloud-Management keineswegs in der internen IT platzieren. Die einzelnen Services müssen gesteuert werden. Doch von wem? Künftig werden die Fachabteilungen ihre eigenen Applikationen cloud-native entwickeln und an Lieferanten herausgeben, um dann konsumbasiert abrechnen zu können. Entstehen hierbei differenzierende Services, so muss dies ebenso die Kernkompetenz der Kunden bleiben wie die strategische Führung. Eines der Probleme dabei ist, dass viele nicht in der Lage sind, die Security Services, das Financial-Management oder auch den Betrieb über eine Cloud-Plattform skalierbar zu nutzen.
In Sachen Steuerung ist auch wichtig, ob es sich um systemkritische Anwendungen in Produktionsbereichen handelt. Mit deren Ausfall würde neben dem finanziellen auch ein Imageschaden einhergehen. Deshalb ist es eine Vertrauensfrage, ob die Steuerung solcher Services nach außen vergeben werden soll. Sobald vernetzte Fabriken die Fertigungslandschaft besiedeln, wachsen OT und IT zusammen, und die Frage nach der Verantwortung stellt sich erst recht. Nicht zuletzt spielt beim Servicemanagement die Geschwindigkeit eine wichtige Rolle. Wenn der Druck vom Markt eine Änderung der Geschäftsprozesse erfordert, muss direkt gehandelt werden. Dies gelingt am schnellsten, wenn sich die IT-Abteilung zusammen mit einem Netzwerk von Partnern auf das Managen der Services konzentriert.
Studie "Managed Services": Sie können sich noch beteiligen! |
Zum Thema Managed Services führt die COMPUTERWOCHE derzeit eine Multi-Client-Studie unter IT-Entscheidern durch. Haben Sie Fragen zu dieser Studie oder wollen Sie Partner werden, dann hilft Ihnen Frau Regina Hermann (rhermann@idgbusiness.de, Telefon: 089 36086 384 ) gerne weiter. Informationen zur Managed-Services-Studie finden Sie zum Download (PDF). |
Wer also letzten Endes die Hoheit über die Steuerung der Managed Services haben wird, hängt maßgeblich vom Reifegrad des Unternehmens ab. Noch sind viele Betriebe weit davon entfernt, diese Verantwortung in die Fachbereiche zu verlagern. Bis es dazu kommt, muss entweder die interne IT-Organisation diese Aufgabe übernehmen und den Geschäftseinheiten Services liefern, oder man setzt auf ein externes Provider-Management. Hinter jeder Variante steckt eine organisatorische Herausforderung, geschuldet der vorherrschenden Hierarchie. Um diese aufzubrechen, braucht es eine klare Strategie und sorgfältige Kosten-Nutzen-Kalkulationen. Eines ist klar: Cloud ist nicht automatisch billiger.
Auch die neue Welt bleibt hybrid
Der Bedarf an Managed Services hängt also auch davon ab, ob ein Unternehmen bereit ist, sich organisatorisch neu aufzustellen, zusätzliches Budget einzuplanen und sich eventuell von einem Cloud-Anbieter abhängig zu machen. Erzeugt eine Notsituation Veränderungsdruck? Oder möchte das Unternehmen schlicht innovativer werden?
Man muss heute kein Start-up sein, um in die Cloud zu gehen. Lediglich unternehmenskritische Daten oder solche, bei denen der Gesetzgeber eine lokale Datenhaltung verlangt - etwa bei Patientendaten -, machen weiterhin eine hybride Welt notwendig. In einer Cloud-first-Welt wird es künftig zwei parallele Entwicklungen geben. Die eine ist die Steuerung dezentraler Strukturen aus der Cloud heraus. Die andere betrifft die Flexibilität, Daten von einer Cloud in die andere zu schieben.
Je mehr Firmen Cloud-native gehen, desto weiter werden sie ihre Integrationsmöglichkeiten ausbauen. Und dass diese Multi-Cloud-Lösungen die technologischen und die finanziellen Abhängigkeiten von den Cloud-Anbietern reduzieren, kommt nicht nur den Kunden zugute, sondern auch den Managed-Services-Providern. Sie haben dadurch noch mehr Möglichkeiten, ihren kontinuierlichen Service stetig zu optimieren.
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