Personal Digital Assistant 2.0

Wer braucht schon Siri?

12.01.2018
Von  und
Mike Elgan schreibt als Kolumnist für unsere US-Schwesterpublikation Computerworld und weitere Tech-Portale.


Florian Maier beschäftigt sich mit diversen Themen rund um Technologie und Management.
Der beste persönliche, digitale Assistent der Zukunft heißt weder Siri, noch Cortana, noch Alexa.

Wünschen Sie sich nicht auch regelmäßig, sich selbst klonen zu können? Stellen Sie sich nur vor, wie viel Sie so erreichen könnten. Dabei ist der Konjunktiv überhaupt nicht angebracht, denn die Zukunft der Künstlichen Intelligenz (KI) wird das möglich machen. Wenn es soweit ist, wird Ihnen nicht mehr Siri, Cortana oder Alexa "dienen", sondern Ihr persönlicher, virtueller Zwilling. Klingt nach Science-Fiction-Schnapsidee? Mitnichten.

Wenn man nicht alles selbst macht: In der KI-Zukunft sollen uns nicht mehr Siri, Cortana und Alexa unterstützen, sondern virtuelle Klone.
Wenn man nicht alles selbst macht: In der KI-Zukunft sollen uns nicht mehr Siri, Cortana und Alexa unterstützen, sondern virtuelle Klone.
Foto: Dean Drobot - shutterstock.com

KI-Zwilling auf Knopfdruck

Ein Startup namens ObEN arbeitet derzeit im sonnigen Kalifornien an genau dieser kühnen Doppelgänger-Vision: einem 3D-Avatar mit integrierter KI.

Das funktioniert laut CEO Nikhil Jain ganz einfach: Ein Selfie, fertig ist das 3D-Abbild. Ihr virtueller Zwilling ist ab diesem Zeitpunkt bereit, von Ihnen zu lernen: Er lernt beispielsweise ihre Stimme zu imitieren und soll hiernach zu Dingen in der Lage sein, die Sie mit Ihrer Stimme bislang nicht beherrschen - etwa chinesisch zu sprechen oder (gut) zu singen.

ObEN-CEO Nikhil Jain (li.) und sein virtueller Zwilling. Sieht so die KI-Zukunft aus?
ObEN-CEO Nikhil Jain (li.) und sein virtueller Zwilling. Sieht so die KI-Zukunft aus?
Foto: ObEN

Die "Persönlichkeit" des digitalen Abziehbildes basiert allerdings nicht nur darauf, wie sie sprechen, sondern auch darauf, was Sie wissen. Und wenn einmal spezielle Fähigkeiten gefragt sein sollten, lässt sich der Avatar auch manuell mit Wissen "füttern", wie Jain versichert.

Virtuelle Avatare im Einsatz

ObEN stellt derzeit allerdings mehr eine technologische Spielerei als ein tatsächliches Produkt dar. Die ersten wirklichen Produkte, die auf der Technologie basieren, sollen Celebrity-Fanatikern in Südkorea ein virtuelles Stelldichein mit ihren Idolen (beziehungsweise deren KI-basierten Abbildern) ermöglichen.

Doch ObEN hat auch etwas seriösere Anwendungsfälle im Visier: Derzeit werkelt man beispielsweise mit dem US-Healthcare-Unternehmen Kaiser Permanente an Avataren für Mediziner, die auf virtueller Ebene mit Patienten interagieren könnten. Derzeit läuft diese Interaktion auf der Website des Unternehmens noch über ein E-Mail-Messaging-System ab. Künftig könnten dann virtuelle Avatare Ergebnisse eines Bluttests verkünden oder Termine vereinbaren.

Eine weitere Einsatzmöglichkeit der Technologie von ObEN: Marketing und Werbung. Prominente sind in diesem Bereich seit jeher ein willkommenes Zugpferd. Allerdings ist das Marketing heutzutage verstärkt von Personalisierung und Interaktivität geprägt - was sich aus Skalierungsgründen wiederum nicht mit dem Einsatz von Celebrities verträgt. Es sei denn, diese stehen als virtuelle Abbilder zur Verfügung.

Die Einsatzmöglichkeiten der ObEN-Avatare sind zahlreich und decken sowohl den Privatbereich, als auch das Unternehmensumfeld ab. In Letzterem könnte Ihr "virtuelles Ich" beispielsweise mit Geschäftspartnern interagieren oder Meetings einberufen. Ein bisschen erinnert die ObEN-Vision dabei an den Science-Fiction-Thriller "Vier lieben Dich" (OT: "Multiplicity") aus dem Jahr 1996:

Freundliche Übernahme?

Die Entwicklung der Künstlichen Intelligenz schreitet immer weiter voran, Gesichtserkennung ist bereits auf den Weg in den Mainstream und auch Augmented- und Virtual Reality werden bald allgegenwärtig sein. Vor diesem Hintergrund ist es nur logisch, dass unsere Zukunft von virtuellen Assistenten geprägt sein wird, die aussehen und klingen wie wir selbst.

Bislang ist die KI-Diskussion vor allem von der Angst vor Verdrängung getrieben. Viel wahrscheinlich ist aber, dass Künstliche Intelligenz uns dabei hilft, unsere künftigen (Arbeits-) Aufgaben wesentlich besser zu bewältigen.

Dieser Artikel basiert in Teilen auf einem Beitrag unserer US-Schwesterpublikation Computerworld.