Digital Leader Award 2017

Wenn der Postmann nicht mehr klingelt

21.06.2017
Von 
Heinrich Vaske ist Editorial Director a.D. von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO.
Renz ist der führende Hersteller von Paket- und Briefkastenanlagen. Mit der „myRENZbox“ geht man ein Problem an, das in Zeiten rasant zunehmender Paketlieferungen immer dringlicher wird: die einfache, garantierte Zustellung von Sendungen.

Wann entstehen die besten Geschäftsideen? Manchmal im Auto, etwa während einer Tour von Geschäftsführer und IT-Chef. So geschehen bei der Erwin Renz Metallwarenfabrik in Kirchberg an der Murr, einem typischen Hidden Champion aus dem Schwäbischen: Die Firma kennt kaum jemand, doch ihre Produkte nutzen viele von uns jeden Tag. Im Falle von Renz sind es Paket- und Briefkastenanlagen. Dank der "myRENZbox", die IT-Chef Stefan Würtemberger und sein oberster Entwickler Uwe Rudolph auf den Weg brachten, kommen Pakete künftig immer an.

Renz adressiert mit seinen Anlagen ein immer wichtiger werdendes Bedürfnis der digitalen Gesellschaft: sicher ausgelieferte Pakete aus dem Online-Handel.
Renz adressiert mit seinen Anlagen ein immer wichtiger werdendes Bedürfnis der digitalen Gesellschaft: sicher ausgelieferte Pakete aus dem Online-Handel.
Foto: Erwin Renz Metallwarenfabrik

Wer kennt das nicht: Die im Internet bestellte Ware kommt nicht zu Hause an, weil der Paketbote vor verschlossenen Türen stand. Auch der freundliche Nachbar war nicht daheim, weshalb der Empfänger nun den Service-Point der Post ansteuern muss. Die Paketkastenanlage von Renz, die in Ein- und Mehrfamilienhäusern oder Unternehmen installiert werden kann, löst das Problem. Renz hat dazu Vereinbarungen mit den führenden Paketdienstleistern getroffen, deren Zusteller sich mit ihren Handhelds an der Steuereinheit der Box authentifizieren. Dann wählen sie das Fach in der richtigen Größe aus und legen die Sendung hinein. Der Empfänger bekommt eine Info wahlweise über die myRENZ-App, via SMS oder Mail. Mit der App öffnet er den Briefkasten und entnimmt das Paket.

Rund um die Box entstanden weitere clevere Geschäftsideen. Bau- und Supermärkte, Handwerksbetriebe, aber auch Industrieunternehmen können die Box installieren, um für Kunden außerhalb der Öffnungszeiten online bestellte Produkte zu hinterlegen oder Sendungen auf den Weg zu bringen. Via App oder Kundenkarte können Abholer ihre Waren mitnehmen. Auch Mitarbeiteranlagen wurden bereits installiert: Damit können Beschäftigte an ihrem Arbeitsplatz private Paketsendungen empfangen und retournieren, ohne dass die Poststellen belastet werden. Als Lösung für die "Intralogistik" können Firmen den internen abteilungsübergreifenden Warenverkehr mit der myRENZbox abbilden.

Das Projekt hat Würtembergers IT-Team mit den Kollegen in der Konstruktion gemeistert. Hardwareseitig war robustes Equipment gefragt, außerdem musste ein Portal entwickelt werden, auf das die Betreiber und Nutzer der Anlagen zugreifen können und in das auch die bauseitigen Zugangssysteme eingebunden werden können. Wichtigste Komponente ist laut Würtemberger die API-Integration von Softwaremodulen der Renz-Kunden.

Die Schwaben verließen sich auf Standardsoftware von Microsoft und Red Hat, um möglichst jeden Kunden problemlos anzubinden. Mit Penetrationstests wurde die Sicherheit der Anlagen auf Herz und Nieren geprüft. Wichtige Meilensteine waren die Zusammenführung von Anlage, Portal und App, die erste Präsentation einer Demo und die letzte Abnahme vor der Messe Light & Building, auf der Renz den Vorhang lüftete.

Die Entwicklung der digitalen Paketkastenanlage war für Renz der Schritt in eine neue Ära. Würtemberger schlüpfte kurzerhand in die Rolle des Chief Digital Officer (CDO) und packte die Digitalisierung des Kerngeschäfts an. Heute ist man im Unternehmen stolz darauf, mit einem rundum erneuerten und modernen Geschäftsansatz an den Markt gehen zu können.

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