Arbeitsressourcen teilen

Was Sharing Economy für die Arbeitswelt bedeutet

09.12.2023
Von 
Julia-Eva Seifert ist freie Journalistin in Mainz.
"Sharing is caring"! Nicht nur privat, sondern auch in der Berufswelt setzt sich das Modell der Sharing Economy immer mehr durch. Lesen Sie hier, was es für Unternehmen und Arbeitgeber bedeutet und welche Risiken zu beachten sind.
Sharing Economy wird nicht nur im Privatleben, sondern auch in der Arbeitswelt mehr und mehr zur Realität. Das birgt auch Gefahren für Arbeitnehmer.
Sharing Economy wird nicht nur im Privatleben, sondern auch in der Arbeitswelt mehr und mehr zur Realität. Das birgt auch Gefahren für Arbeitnehmer.
Foto: Batshevs - shutterstock.com

Sharing Economy, auch Shareconomy oder Share Economy genannt, beschreibt ein Modell, in dem sich Privatpersonen, Communitys und/oder Firmen zusammenschließen, um vorhandene Ressourcen zu teilen. Dabei kann es um Dinge wie

  • Wohnungen (bei Airbnb vermieten Privatpersonen Teile ihrer Wohnung oder ihres Hauses für einen bestimmten Zeitraum unter),

  • Autos (Car Sharing oder Mitfahrgelegenheiten) oder

  • Werkzeuge (analog wie digital) gehen.

Auch Streaming-Anbieter gehören zur Sharing Economy dazu, obwohl Netflix gegen das Teilen von Passwörtern vorgeht. Nahezu alle Dinge lassen sich mit anderen teilen oder tauschen, daher ist das Anwendungsgebiet der Sharing Economy sehr groß.

Doch weil die Themen Nachhaltigkeit und Konsumverzicht immer wichtiger werden, gewinnt auch die Sharing Economy an Bedeutung. Statt neue Dinge zu kaufen, die zunächst hergestellt werden müssen und dabei Ressourcen und Energie verbrauchen, teilt man in der Sharing Economy einfach diese Dinge.

Das Teilen oder der Tausch lässt sich über Online-Plattformen wie Uber, Fiverr oder Airbnb recht einfach und schnell managen. Die Anbieterseite verdient Geld oder erhält eine andere Vergütung (Tauschartikel oder -dienstleistung), während diejenigen Personen, die über die Plattform oder die App eine Wohnung oder eine Mitfahrgelegenheit buchen, dabei im Vergleich zu herkömmlichen Angeboten Geld sparen. Da dabei auch noch die Umwelt geschont werden soll, ist es nicht nur eine Win-win-, sondern sogar eine Win-win-win-Situation.

Die Modelle der Sharing Economy

Modelle der Sharing Economy lassen sich in drei Kategorien einteilen:

B2B: Im Business-to-Business wenden sich Unternehmen an andere Betriebe. Denkbar ist beispielsweise, dass ein Unternehmen freie Büroflächen hat, weil mittlerweile viele Mitarbeiter im Home-Office arbeiten und diese Büroflächen nun an andere Firmen oder Einzelunternehmer vermietet werden können.

B2C: Im Business-to-Customer wendet sich ein Unternehmen dagegen direkt an Kunden. Eins der bekannteren Modelle in dieser Kategorie ist das Carsharing. Eine Firma besitzt eine Fahrzeugflotte, wobei sich Kunden der Firma stunden- oder tageweise ein Auto aus dieser Flotte ausleihen können.

P2P: Damit ist Peer-to-Peer, also eigentlich Gleichgestellter zu Gleichgestellter gemeint. Bezogen auf die wirtschaftliche Zugehörigkeit stimmt das wohl auch. Denn in diesem Sharing Economy-Modell handeln Privatpersonen untereinander. Eine Person besitzt ein Gut oder bietet eine Dienstleistung an, die sie teilen möchte. Hierhin gehört das Angebot, andere Person im eigenen Auto mitzunehmen (Mitfahrgelegenheit) oder zum Beispiel ein Zimmer in der eigenen Wohnung kurzzeitig zu vermieten (Airbnb). Daneben gibt es noch sogenannten dezentralen Sharing Economies, die jedoch einen Sonderfall darstellen. Kryptowährungen und die Blockchain-Technologie gehören in diesen Bereich. Denn im Unterschied zu den bisher genannten Modellen gibt es bei der dezentralen Sharing Economy eben keine übergeordnete Instanz, die für die Verifizierung zuständig ist.

Positive Auswirkungen der Sharing Economy

Unternehmen können von der Sharing Economy profitieren, denn diese Art des Wirtschaftens ermöglicht ganz neue Chancen. Durch sogenannte disruptive Geschäftsmodelle kann es manchen Unternehmen gelingen, sich eine Nische zu erarbeiten und sich in bereits bestehenden Märkten zu etablieren.

Wenn die eigenen Kunden auf Sharing Economy setzen, kann das darüber hinaus Vorteile für das eigene Marketing bedeuten. Denn gerade die digitalen Tools bieten Möglichkeiten, eine große Menge von Daten über das Kaufverhalten oder die Interessen und Bedürfnisse der Bestands- und Neukunden zu sammeln. Dadurch entstehen auch neue Berufsfelder. Personen, die mit großen Datenmengen umgehen können, werden in Zukunft vermutlich noch stärker gesucht werden. Aktuell haben die meisten Unternehmen ohnehin schon Probleme, Fachkräfte zu finden, die diese Skills mitbringen.

Es ist längst kein Geheimnis mehr, dass Personen, die eine Ausbildung in einem MINT-Fach oder anderweitig erworbene IT- oder Technikkenntnisse haben, in Zukunft keine Probleme haben werden, einen Job zu bekommen. Die jüngsten Entwicklungen des maschinellen Lernens, wie zum Beispiel ChatGPT, dürften diesen Trend noch verstärken.

Daneben können Arbeitgeber Tools der Sharing Economy nutzen, um ihr Employer Branding voranzutreiben. Nachhaltigkeit spielt eine entscheidende Rolle bei der Sharing Economy, da Dinge nicht neu gekauft, sondern geteilt werden können. Dieser Ressourcen schonende Ansatz kommt besonders bei Personen gut an, die sich für den Umweltschutz und ein Bewusstsein für den Klimawandel einsetzen. Unternehmen, denen es gelingt, den Nachhaltigkeitsaspekt der Sharing Economy zu betonen und geschickt einzusetzen, könnten davon bei der Personalsuche profitieren.

Sharing Economy und die Gefahren für Arbeitnehmer

Auf der anderen Seite stellt die Sharing Economy eine Gefahr für traditionelle Wirtschaftszweige und Branchen dar. Und davon können letztlich auch Arbeitsplätze betroffen sein.

Eine Variante der Sharing Economy ist das sogenannte Crowdworking, auch Clickworking oder Crowdsourcing genannt. Die Idee hinter diesem Modell: Unternehmen lagern bestimmte Tätigkeiten, sogenannte Mikrojobs, an Freelancer aus. Die Aufträge werden dabei über spezielle Plattformen vergeben.

Der Trend stammt - wie so viele andere - aus den USA. Die NASA rief im Jahr 2000 Privatpersonen dazu auf, anhand von öffentlich zugänglichen Fotoaufnahmen nach Kratern auf der Marsoberfläche zu suchen. Und weil das so gut funktionierte, nutzten auch andere Firmen dieses Modell. Vor allem in den USA vergeben Unternehmen kleinere Jobs an Selbstständige - meist nur gegen geringe Bezahlung. Jedoch ist das Modell mittlerweile auch bei uns angekommen.

Interessierte können zum Beispiel kurze Texte schreiben, Fotos von Sehenswürdigkeiten in ihrer Umgebung machen oder im Supermarkt die Platzierung bestimmter Produkte checken. All das wird zwar bezahlt, jedoch in vielen Fällen nicht wirklich gut. Hinzu kommt, dass die Personen als Selbstständige arbeiten, was bedeutet, dass sie sich um ihre Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung selbst kümmern müssen. Das senkt den ohnehin schon niedrigen Verdienst noch weiter.

Im Zuge der Sharing Economy gewinnen außerdem die eher neueren Arbeitsmodelle wie Remote Work oder Work Life Blending an Wichtigkeit. Denn dank Collaboration-Tools wie Slack, Asana oder Zoom müssen die Kollegen nicht mehr gleichzeitig in einem Büro sein. Möglich ist auch, dass sie an verschiedenen Orten der Welt arbeiten. Es ist schließlich ganz einfach, über diese Tools in Kontakt zu bleiben und Aufgaben zu verteilen.

Diese Einfachheit ist jedoch nur eine Gefahr unter vielen. Da mit ein paar kurzen Klicks auf dem Handy der Kollege schnell erreicht werden kann, ist die Versuchung groß, mal eben im Feierabend oder am Wochenende ein paar Aufgaben zu verteilen oder eine Mail abzuschicken. Die Trennung zwischen Beruf- und Privatleben verwischt damit sehr schnell. Und welche Auswirkungen das haben kann, belegen unzählige Studien: Angefangen bei Schlaf- und Konzentrationsstörungen bis hin zum Burnout.

Arbeitnehmer und vor allem Selbstständige sollten daher auf sich achtgeben und eine gesunde Arbeitsroutine sowie vor allem regelmäßige Pausen in ihren Arbeitsalltag integrieren. Ansonsten kann sich die Sharing Economy sehr nachteilig auf die Gesundheit und das Privatleben auswirken. (pg)