Kyndryl ist der neue Name für den Bereich Managed Infrastructure Services von IBM, der bis Ende 2021 als eigenständiges Unternehmen ausgegliedert wird. Für die Kunden wird sich zunächst wenig ändern - außer vielleicht das Logo auf ihrer Rechnung. Mit der Zeit jedoch soll die Abspaltung jedoch IBM und Kyndryl die Möglichkeit geben, Innovationen zu entwickeln und mit neuen Partnern zu arbeiten. Wir versuchen, die wichtigsten Fragen zu Kyndryl zu klären.
Kyndryl - was kann es?
Im Wesentlichen macht Kyndryl genau das, was die Einheit für Managed Infrastructure Services des IBM-Segments Global Technology Services tat: es verwaltet die von Unternehmen ausgelagerte IT-Infrastruktur. Dabei spielt es keine Rolle, ob diese von IBM oder einem anderen Anbieter stammt.
Kyndryl gliedert sich in sechs globale Managed-Services-Praktiken und eine Kundenberatungspraxis, die Managed Services, Beratungsdienste und Implementierung kombiniert. Die sechs globalen Praktiken werden jeweils einen anderen Aspekt der Technologie verwalten:
Anwendungen, Daten und KI
Cloud
Core Enterprise und zCloud, das Mainframe-as-a-Service-Angebot von IBM
Digitaler Arbeitsplatz
Netzwerk und Edge
Sicherheit und Ausfallsicherheit
Laut Kyndryl ist der Firmenname von den Wörtern "kinship" (Verwandtschaft) und "tendril" (Ranke) abgeleitet. Er soll an neues Wachstum und Zusammenarbeit erinnern und keinesfalls auf eine Art von Medikament oder eine Figur im Online-Fantasy-Rollenspiel WoW hinweisen.
Kyndryl - was bedeutet die Abspaltung für IBM?
Auch nach dem Spinoff bleibt IBM eines der größten Technologieunternehmen der Welt. Der größte Geschäftsbereich wird dabei Cloud and Cognitive Software sein - er erwirtschaftete im Jahr 2020 23 Milliarden Dollar Umsatz. Danach kommt die Beratungseinheit Global Business Services, die 2020 immerhin 16 Milliarden Dollar einfuhr. Global Technology Services, das Segment, aus dem Kyndryl ausgegliedert wird, schrumpft auf etwa 7 Milliarden Dollar Umsatz, der von der verbleibenden Business Unit Technology Support Services kommt.
Kyndryl besitzt vielleicht etwas weniger Vokale als die verbleibenden IBM-Geschäftsbereiche, aber es geht mit 4.600 Kunden (einschließlich 75 der Fortune-100-Firmen) und mehr als einem Viertel der 350.000 IBM-Mitarbeiter (90.000) an den Start. Die übernommenen Aktivitäten sind laut IBM für 19 Milliarden Dollar Jahresumsatz gut, der Auftragsbestand, also langfristige Wartungsverträge von all diesen Kunden, beläuft sich auf rund 62 Milliarden Dollar.
Wo das Unternehmen in der weltweiten Rangliste steht, hängt davon ab, was man misst. Laut IBM wird Kyndryl der größte Anbieter von Managed Infrastructure Services sein und damit doppelt so groß wie alle anderen. Betrachtet man wie die IT-Channel-Publikation CRN die IT Service Provider, liegt Kyndryl nur auf Platz fünf hinter Accenture, dem verbleibenden Servicegeschäft von IBM, DXC Technology und Tata Consultancy Services.
Obwohl das Unternehmen rund 90.000 IBM-Mitarbeiter übernommen hat, stellte Kyndryl im Jahr 2021 mehr als ein Dutzend Führungskräfte ein und hat zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Berichts 1.509 offene Stellen auf unterer Ebene ausgeschrieben, davon mehr als 300 in den USA, aber auch viele in Ungarn, Brasilien, Tschechien, Polen und Costa Rica. Die Hälfte der offenen Stellen sind für technische Spezialisten, mit jeweils mehr als 100 Stellen in den Bereichen Systemarchitektur und Vertrieb. In Deutschland will Kyndryl nach eigenen Angaben in den nächsten Jahren Mitarbeiter im mittleren dreistelligen Bereich einstellen.
Wer arbeitet bei Kyndryl?
Die meisten Mitarbeiter von Kyndryl haben lediglich ihre E-Mail-Adressen gewechselt und arbeiten weiterhin für die Kunden, wie sie es vor der Aufspaltung bei IBM getan haben. Kyndryl hat sich bemüht, den Kunden zu versichern, dass sich ihre Hauptansprechpartner und die anderen Teammitglieder, mit denen sie zusammenarbeiten, nicht ändern werden - und dass das Unternehmen sogar wie bisher mit Experten aus anderen Abteilungen von IBM zusammenarbeiten wird. Aber das Unternehmen holt sich auch neues Blut für viele der leitenden Positionen, indem es entweder von anderen Unternehmen anheuert oder von anderen IBM-Abteilungen abwirbt.
CEO Martin Schroeter ist Ex-IBM: Er verließ das Unternehmen im Juni 2020, bevor die Abspaltung angekündigt wurde, und kehrte im Januar 2021 an die Spitze von Kyndryl zurück, das damals noch NewCo hieß. Zuvor war er Senior Vice President of Global Markets bei IBM und davor CFO des Unternehmens. Die nächsten hochrangigen Ernennungen im März waren Group President Elly Keinan, ebenfalls ein ehemaliger IBM-Mitarbeiter, der nach 33 Jahren im Unternehmen eine Auszeit nahm, um im Bereich Risikokapital zu arbeiten, und Chief Marketing Officer Maria Bartolome Winans, die direkt von ihrer Rolle als CMO für IBM Americas zum Spin-off kam.
Una Pulizzi, Global Head of Corporate Affairs, wurde im April neu eingestellt, nachdem sie zuvor eine ähnliche Funktion bei GE innehatte, während General Counsel Edward Sebold Chief Legal Officer für IBMs Watson Health Division war. Anfang Mai 2021 wurden weitere hochrangige IBM-Mitarbeiter abgeworben. Chief Transformation Officer Nelly Akoth war zuvor bei IBM Global Business Services tätig; Leigh Price wechselte von einer Führungsrolle im Bereich Strategie und Unternehmensentwicklung in eine andere; und Vineet Khurana wurde Controller bei Kyndryl, nachdem er fünf Jahre lang in drei verschiedenen CFO-Rollen bei IBM tätig war.
Erst in der zweiten Maihälfte begann Kyndryl, seine technischen Spitzenkräfte zu benennen:
CIO Michael Bradshaw ist neu bei IBM, nachdem er zuvor als CIO bei NBC/Universal und als CIO für Missionssysteme und Training bei Lockheed Martin tätig war.
CTO Antoine Shagoury ist ein ehemaliger CIO der US-Bank State Street und von Börsen in London und den USA. Zuletzt arbeitete er bei der strategischen Beratungsgesellschaft Ridge-Lane.
Weitere hochrangige Kyndryl-Mitarbeiter, die nicht von IBM kommen, sind:
Vic Bhagat, ein ehemaliger CIO von Verizon Enterprise Solutions, EMC und mehreren Einheiten von GE, als Leiter der Kundenberatungspraxis
Personalchefin Maryjo Charbonnier, früher bei Wolters Kluwer tätig
CFO David Wyshner, der zuvor das Finanzwesen bei XPO Logistics, einem Outsourcer für Lieferkettenmanagement, leitete und davor Wyndham Worldwide bei der Aufspaltung in separate Unternehmen half
COO Harsh Chugh, zuletzt CFO beim SaaS-Anbieter PlanSource
Hierzulande ist Markus Koerner seit dem ersten September 2021 Präsident von Kyndryl Deutschland. Zuvor war er General Manager von IBM Global Technology Services in Deutschland, Österreich und der Schweiz und Mitglied der Geschäftsführung der IBM Deutschland.
Wie ist Kyndryl in Deutschland aufgestellt?
Kyndryl Deutschland legt neben dem Geschäft mit deutschen, global agierenden Großkunden, einen starken Fokus auf den in Deutschland sehr erfolgreichen Mittelstand, der sich ebenfalls auf dem internationalen Markt behauptet. So sieht sich das IBM-Spinoff gut positioniert, um speziell Kunden aus diesem Marktsegment in ihrer digitalen Transformation zu begleiten, auch international. Die Kunden profitierten davon, dass Abläufe standardisiert und automatisiert sind und Skalierungseffekte durch den Betrieb zahlreicher unterschiedlicher Systeme erzielt würden. Außerdem sollen sich durch die globale Ausrichtung von Kyndryl deutliche Kostenreduzierungen erzielen lassen.
Zweiter wichtiger Bestandteil bei Kyndryl Deutschland neben dem IT-Betrieb ist das IT-Projekt- und -Beratungsgeschäft. Mithilfe der zahlreichen lokalen IT-Spezialisten und IT-Berater will Kyndryl IT-Modernisierungsprojekte in den folgenden Bereichen schnell projektieren, begleiten und umsetzen:
Aufbau hybrider Infrastrukturen
Migration von Infrastrukturen in die Cloud
Erhöhung der Ausfallsicherheit kritischer Infrastrukturen
Erhöhung des Schutzes vor Cyberangriffen und
Netzwerk und Egde-Computing
Die Kundenbedürfnisse nach Anwendungsdiensten und Infrastrukturdiensten divergieren, so dass die Ausgliederung von Kyndryl es IBM ermöglicht, sich auf den Ausbau seiner offenen Hybrid-Cloud-Plattform und seiner KI-Fähigkeiten zu konzentrieren, sagte IBM-CEO Arvind Krishna im Oktober 2020. Durch die Abspaltung wird IBM von einem dienstleistungsorientierten Unternehmen zu einem Unternehmen, das mehr als die Hälfte seines Umsatzes mit Software und Lösungen erzielt. Doch bis dieses Wachstum einsetzt, werden Kyndryl und IBM eng beieinander bleiben, da sie ihr Leben als die größten Kunden des jeweils anderen beginnen werden.
Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag der US-Schwesterpublikation CIO.com.