Nicht jedes IT-Verfahren ist für die Cloud geeignet
Eigene Wege beschreiten Fachbereiche und einzelne Nutzer aber auch dann, wenn die eingesetzten Cloud-Services nicht zu den internen Abläufen, Rollen und Aufgaben passen. Wenn eine bestimmte Cloud-Anwendung eine Tätigkeit eher erschwert oder langsamer macht, dauert es nicht lange und die Nutzer suchen sich Alternativen. Das gilt für IT-Verfahren im Allgemeinen, ist aber bei Cloud-Services besonders einfach.
Wie die zuvor genannte IDC-Studie ergab, haben die Fachbereiche deutliche Probleme bei der Anpassung der Geschäftsprozesse auf organisatorischer Ebene sowie bei der Standardisierung und Konsolidierung der Betriebsabläufe, wenn Cloud-Lösungen eingesetzt werden. Das gilt insbesondere dann, wenn Unternehmen aus Kostengründen auf Standardlösungen aus der Cloud setzen, die die individuellen Anforderungen nicht berücksichtigen können.
Ob bestimmte Cloud-Services für das eigene Unternehmen geeignet sind oder nicht, hängt somit auch davon ab, wie speziell bestimmte IT-Verfahren sind, die in die Cloud verlagert werden sollen. Zudem davon, wie die genauen Anforderungen an die Vertraulichkeit und Integrität der Daten sowie an die Verfügbarkeit der Daten und Anwendungen sind.
Ob die notwendige Verfügbarkeit und Schnelligkeit eines IT-Verfahrens auch bei Cloud Computing realisierbar sein wird, hängt unter anderem von der lokalen IT-Infrastruktur ab, darunter die verfügbare Internetbandbreite und die Versorgung mit mobilen Internetverbindungen. Das wird gerne vergessen.
Aufgabenkatalog 2
Welche Services genau aus der Cloud bezogen werden können, hängt von der Eigenart der IT-Verfahren im Unternehmen ab. Die konkreten IT-Verfahren entscheiden über notwendige Privilegien-Systeme, Nutzerrollen, fachliche Funktionen, aber auch über die notwendige Verfügbarkeit und Ausfallsicherheit des Cloud-Services (Service Level Agreements, SLAs).
- Checkliste Cloud-SLAs
Um zu beurteilen, ob ein Cloud-Provider kundenfreundliche SLAs anbietet, lassen sich folgende Kriterien anlegen und überprüfen: - Punkt 1:
Kurze und klare Gestaltung von Inhalt, Struktur und Formulierung. - Punkt 2:
Version in der Landessprache des Kunden. - Punkt 3:
Klare Definitionen von Fach- und Produktbegriffen zu Beginn. - Punkt 4:
Detaillierte Ankündigung und Planung der Wartungsfenster (Beispiel: "Viermal im Jahr an vorangemeldeten Wochenenden"). - Punkt 5:
Leistungsbeschreibung in Tabellenform (Übersicht!). - Punkt 6:
Klar definierte Bereitstellungszeiträume für neue Ressourcen (Beispiele: Bereitstellung virtueller Server bei Managed Cloud in maximal vier Stunden; Bereitstellung kompletter Umgebungen oder dedizierter Server in fünf bis zehn Tagen). - Punkt 7:
Bereitstellung von klar abgegrenzten Konfigurationsoptionen für Ressourcen (Beispiel: Konfiguration von Servern nach Gigahertz, Gigabyte). - Punkt 8:
Einfach unterscheidbare Service-Levels (Beispiel: Silber, Gold, Platin); Abgrenzungskriterien können sein: Verfügbarkeit, Bereitstellungszeiten, fest reservierte Kapazitäten ja/nein, Support-Level (Telefon, E-Mail). - Punkt 9:
Bei IaaS-Angeboten unbedingt auf Netzwerk-Konfigurationsmöglichkeiten und Bandbreite achten (Volumen? Im Preis inkludiert ja/nein?). - Punkt 10:
Kundenfreundlicher Reporting- beziehungsweise Gutschriftenprozess (am besten aktive Gutschriften auf Kundenkonto; kein bürokratischer, schriftlicher Prozess; möglichst einfache Beweis- und Nachweispflicht für Kunden). - Punkt 11:
Reaktionszeiten und Serviceverfügbarkeit klar beschreiben (zentrale Hotline; Reaktionszeiten auf Incidents in Stunden). - Punkt 12:
Nennung der Rechenzentrumsstandorte mit Adresse und sonstigen Informationen wie Zertifizierungen und Tier. - Punkt 13:
Definition der Verfügbarkeiten: Unterschiede hinsichtlich Verfügbarkeit Server/VM und Verfügbarkeit Admin-Konsole definieren. - Punkt 14:
Erläuterung zu Möglichkeiten der SLA-Überwachung beziehungsweise des Incident-Reportings für den Anwender (Beispiel: Link auf Monitoring-Dashboard).
Bei der Suche nach passenden Cloud-Services gilt es, die Eigenheiten und besonderen Anforderungen der IT-Verfahren zu bestimmen und nach Cloud-Lösungen zu suchen, die dem entsprechen können. Dabei sollte auch an die Anforderungen an die verfügbare Internetverbindung gedacht werden, die nicht an jedem Unternehmensstandort vorausgesetzt werden kann.
Da es generell einfacher ist, weniger anspruchsvolle IT-Verfahren in die Cloud zu bringen, starten viele Unternehmen mit solchen Cloud-Services, die nicht geschäftskritisch sind. Es ist zu bedenken, dass oftmals das höchste Optimierungspotenzial bei den zentralen und kritischen IT-Verfahren besteht. Beschränkt sich also ein Unternehmen auf weniger wichtige Services aus der Cloud, muss man damit rechnen, dass die erzielten Vorteile auch eher gering ausfallen.
Die Cloud muss organisatorisch eingebunden werden
Cloud Computing wird häufig als ein rein technisches Thema gesehen. Deshalb besteht bei vielen Unternehmen die Gefahr, dass die organisatorischen Anpassungen und Vorbereitungen vergessen werden.
Die Veränderungen für den IT-Administrator erscheinen offensichtlich: Der interne Administrator wird zu einem Cloud-Administrator, gleichzeitig auch zu einem IT-Service-Manager und Provider-Manager. Die Verwaltung der internen IT-Infrastruktur wird erweitert um die Administration der Cloud-Services und meist auch der Cloud-Anbieter. Es darf aber nicht übersehen werden, dass es weiterhin interne IT-Aufgaben gibt, denn Cloud Computing wird in der Regel in der hybriden Form genutzt, als Mischung aus internen IT- und externen Cloud-Ressourcen, so auch die Ergebnisse der IDC-Studie "Hybrid Cloud in Deutschland 2014".
Welche Aufgaben der internen IT bleiben
Welche Aufgaben auch weiterhin intern in der IT-Abteilung verbleiben, führen wir im Folgenden auf:
Aufstellung, Umsetzung und Kontrolle interner IT-Richtlinien, die auch Maßstab für den externen Cloud-Provider sind
Definition und Überwachung der notwendigen Qualität der Cloud-Dienste (SLA, Service Level Agreement)
Planung, Durchführung und Pflege eines Identitätsmanagements, um den Zugang zu und den Zugriff auf die Cloud-Dienste zu sichern
Installation und Aktualisierung von Anti-Malware-Lösungen, Firewalls und anderen lokalen Sicherheitskomponenten, um eine sichere Verbindung zum Cloud-Provider gewährleisten zu können
Konfiguration der Sicherheitseinstellungen und Schutz der lokalen und mobilen Endgeräte, mit denen auf die Cloud zugegriffen wird
Gewährleistung der internen Netzwerksicherheit (LAN, WLAN) und der Sicherheit der Gateways zur Cloud
Sicherstellung des Backups für lokale Daten und Cloud-Daten
Überwachung der Cloud-Dienstleistung durch Berichte (Reporting) und Kontrollen
Vertragsgestaltung
Eine wichtige Orientierung zu den IT-Sicherheitsanforderungen bei der Cloud-Nutzung liefern das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) sowie der BITKOM-Leitfaden zum sicheren Cloud Computing. Neben den IT-Administratoren bzw. den IT-Sicherheitsbeauftragten müssen sich auch der Einkauf und die Vertragsabteilung auf den Einstieg in die Cloud vorbereiten. Hilfreiche Tipps zur Vertragsgestaltung gibt es unter anderem von BITKOM sowie von dem Projekt Trusted Cloud.
- Regel 1: Verschlüsselung ist Pflicht!
Einen Cloud-Anbieter ohne sichere Verschlüsselung sollten Sie unbedingt meiden. Denn werden Ihre Daten auf dem Weg zum Anbieter nicht verschlüsselt, so kann sie jeder abhören, der den Kommunikationsweg belauschen kann. Das können Geheimdienste oder polizeiliche Stellen sein, aber auch Cracker und sonstige Bösewichte. Besondere Vorsicht ist geboten, wenn Sie sich in einem öffentlichen Netzwerk befinden – etwa im Gratis-WLAN eines Cafés oder in einem Hotelnetzwerk. Hier kann schon der freundliche Herr mit dem Laptop am Nebentisch Ihre privaten Nachrichten und Bilder mitschneiden, wenn diese nicht verschlüsselt sind. <br /><br /> Verschlüsselung auf Webseiten ist leicht zu erkennen – neben der Internet-Adresse (URL) wird ein Schloss-Symbol eingeblendet und oft verfärbt sich auch die Adresszeile. So können Sie prüfen, wer sich hinter Ihrem Cloud-Provider verbirgt. <br /><br />Viele Anbieter versprechen, dass auch nach der Übertragung alle Daten verschlüsselt sind – dieses Versprechen ist aber oft irreführend. Meist reklamiert der Cloud-Provider nämlich für sich die Möglichkeit, mit einem Zweitschlüssel den Klartext Ihrer Daten zu errechnen – viele Funktionen in der Cloud wären sonst nämlich gar nicht möglich.<br /> - Regel 2: Made in Germany ist das Maß aller Dinge
Der deutsche Datenschutz gehört zu den strengsten Regelwerken der Welt. Und was vielen ausländischen Cloud-Anbietern Kopfschmerzen bereitet, ist für Sie als Anwender ein unschätzbarer Vorteil. Hält sich Ihr Provider nämlich an das deutsche Datenschutzgesetz, so können Sie davon ausgehen, dass Sie auch konform sind. Das ist für Heimanwender weniger wichtig als für Unternehmen, die verschiedene Aufbewahrungs- und Geheimhaltungspflichten zu beachten haben. <br /><br /> Geben Sie Ihre Daten in die Cloud, sollten Sie das bei einem deutschen Anbieter tun, der die Daten in einem deutschen Rechenzentrum ablegt. Das bringt mehr Sicherheit vor dem Zugriff durch ausländische Behörden und hat noch einen weiteren positiven Nebeneffekt: Durch die geographische Nähe Ihrer Daten zu Ihnen erhöht sich oft auch die Performance Ihrer Cloud-Anwendung.<br /> - Regel 3: Anbieterbindung vermeiden
Der Weg in die Cloud mag steinig sein, der Weg aus ihr heraus (oder in eine andere Wolke) ist oftmals ganz verbaut. Nicht wenige Anbieter nehmen gespeicherte Daten in eine Art Geiselhaft und machen einen Wechsel unmöglich. Diese Praxis – auch „Vendor Lock-In“ genannt – ist oft nicht einmal Absicht – es fehlen häufig Export-Routinen und vielfach (etwa bei CRM-Systemen oder anderen Enterprise-Anwendungen) sind die Daten ohne die dazugehörige Anwendungslogik schlicht unbrauchbar. <br /><br /> Bei der Auswahl eines Cloud-Anbieters sollten Sie also darauf achten, dass er Ihnen auf Anforderung Ihre Daten wieder herausgibt – idealerweise in einem standardisierten Exportformat wie etwa XML. Zusätzliche Gebühren sollte dieser Service keinesfalls kosten.<br /> - Regel 4: Sicherheitskonzept prüfen!
Ein guter Cloud Provider ist stolz darauf, alle notwendigen Vorkehrungen für sichere Datenübertragung und -speicherung getroffen zu haben. Er wird sein Sicherheitskonzept also nicht geheim halten. Prüfen Sie vor einem Vertragsschluss, wie der Anbieter es mit der Sicherheit hält: Besonders die verschlüsselte Datenübertragung, ausfallsichere und möglichst verschlüsselte Datenspeicherung und ein zertifiziertes Rechenzentrum für die Cloud-Server sollten selbstverständlich sein.<br /><br />Zertifizierungen wie die ISO9000-Serie zum Qualitätsmanagement oder die ISO27001-Zertifizierung für sichere Rechenzentren liefern gute Anhaltspunkte. Veröffentlicht ein Anbieter keine Übersicht über sein Sicherheitskonzept, fehlen Zertifizierungen oder wird auch auf Anfrage keine Auskunft gegeben, ist Vorsicht geboten.<br /> - Regel 5: Einen "Plan B" haben
Geben Sie Ihre Firmen- oder persönlichen Daten in die Cloud, geben Sie sie aus der Hand und machen sich vom Anbieter abhängig. Aufgrund der Vielzahl von Unwägbarkeiten im Cloud Computing sollten Sie also vorher einen "Plan B" aufstellen und umsetzen. Dazu gehört, immer ein aktuelles Backup der Cloud-Daten anzufertigen, wo möglich, und dieses Backup entweder auf den eigenen Computern oder bei einem anderen Cloud-Anbieter abzulegen.<br /><br /> Schließlich können Datenverluste jederzeit passieren – oder Ihr Cloud-Provider stellt den Geschäftsbetrieb im schlimmsten Fall gar ganz ein. Das ist in der Vergangenheit aus verschiedenen Gründen bereits mehrfach passiert. So hat der E-Mail-Dienstleister Lavabit aus Protest gegen NSA-Schnüffelvorhaben <a href="http://www.computerwoche.de/a/lavabit-gruender-zur-schliessung-verpflichtet,2544385" target="_blank">seinen Dienst quittiert</a> und der Linux-Anbieter Canonical hat seinen Speicherdienst „Ubuntu One“ hat aus wirtschaftlichen Gründen aufgegeben. <br /><br /> Um vorzusorgen, müssen sie also Redundanz schaffen – entweder mit einem zweiten Cloud-Anbieter oder einem lokalen Backup Ihrer Daten. Sonst geraten Sie in Schwierigkeiten, wenn die Familienfotos oder Steuerunterlagen plötzlich unwiderbringlich verloren sind.<br />
Ein wesentlicher Punkt bei den Cloud-Verträgen ist, dass es sich bei Cloud Computing in aller Regel um Auftragsdatenverarbeitung handelt. Ist die Verarbeitung personenbezogener Daten in der Cloud geplant, sollte grundsätzlich der betriebliche Datenschutzbeauftragte in die Cloud-Vorbereitungen einbezogen werden. Wichtige Hinweise zum Datenschutz in der Cloud liefern die Datenschutz-Aufsichtsbehörden in ihrer Orientierungshilfe Cloud Computing.
Aufgabenkatalog 3
Die organisatorischen Folgen von Cloud Computing müssen ebenso berücksichtigt werden wie die technischen. Betroffen sind nicht nur die direkten Anwender in den Fachbereichen und die IT-Administratoren, sondern auch der Einkauf, die Rechtsabteilung und der oder die Datenschutzbeauftragte. Diese Personen sollten deshalb Teil des Cloud-Vorbereitungsteams sein.