Glassdoor-Studie zum Equal Pay Day

Warum Frauen weniger verdienen

07.03.2023
Von 
Hans Königes war bis Dezember 2023 Ressortleiter Jobs & Karriere und damit zuständig für alle Themen rund um Arbeitsmarkt, Jobs, Berufe, Gehälter, Personalmanagement, Recruiting sowie Social Media im Berufsleben.
Weil nach wie vor vor allem Frauen Pflegeaufgaben übernehmen, werden sie gehaltstechnisch nie mit den Männern gleichziehen. Sie wünschen sich mehr Unterstützung vom Arbeitgeber und vom Staat.
Vor allem Frauen wünschen sich vom Staat und ihrem Arbeitgeber mehr Unterstützung und Verständnis, wenn es um Pflegeaufgaben geht.
Vor allem Frauen wünschen sich vom Staat und ihrem Arbeitgeber mehr Unterstützung und Verständnis, wenn es um Pflegeaufgaben geht.
Foto: kazoka - shutterstock.com

Der Equal Pay Day, der in diesem Jahr am 7. März 2023 stattfindet, macht wie jedes Jahr symbolisch auf das Lohngefälle zwischen Frauen und Männern aufmerksam. Jedoch besteht nicht nur bei bezahlter Arbeit Nachholbedarf: Schließlich wenden Frauen laut Gutachten der Bundesregierung pro Tag im Durchschnitt 52 Prozent mehr Zeit für unbezahlte Pflegetätigkeiten auf als Männer. Und dies hat wiederum Auswirkungen auf die Gender-Pay-Gap, auf die mit dem Aktionstag aufmerksam gemacht wird.

Für viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bedeutet das Ende eines Arbeitstages noch lange nicht Feierabend: Neben ihrer bezahlten Teil- oder Vollzeitstelle wenden sie zusätzlich Zeit für unbezahlte Pflegearbeit auf. Dazu zählen sämtliche Aufgaben, die die unentgeltliche Betreuung und Versorgung von Kindern oder anderen Familienmitgliedern oder Personen wie beispielsweise pflegebedürftigen Menschen, einschließen.

Eine von OnePoll im Auftrag von Glassdoor durchgeführte Studie befragte zwischen dem 16. Februar und 22. Februar 2023 1.000 Arbeitnehmer aus Deutschland, die in Voll- und Teilzeit erwerbstätig waren und zu einem gewissen Maße Verantwortlichkeiten im Bereich der Sorgearbeit hatten, welche Auswirkungen ihre Tätigkeit auf ihre Karriere und ihre Situation am Arbeitsplatz hat.

Großteil der Arbeit bleibt an Frauen hängen

Frauen machen den Großteil der Care-Arbeit - auch dann, wenn diese noch mit einer anderen Person geteilt wird: Von den Befragten, die sich die Care-Arbeit mit mindestens einer anderen Person teilen, sagen nur 16 Prozent der Frauen, dass die Verpflichtungen im Bereich der Sorgearbeit gleich aufgeteilt sind - von den Männern behaupten dies über ein Viertel (27 Prozent). Knapp vier von zehn der sorgearbeitenden Frauen gaben sogar zu, dass sie den Großteil übernehmen, obwohl sie sich die Arbeit mit einer anderen Person teilen können. Gerecht finden die Aufteilung offenbar beide Seiten nicht: Zwei Drittel der Frauen denken, Männer sollten mehr Sorgearbeit übernehmen, als sie es momentan tun. Aber auch sechs von zehn Männer stimmen dieser Aussage zu.

Ein Blick auf die Top-3-Gründe, warum die Sorgearbeit von Arbeitnehmerinnen selbst übernommen wird, zeigt, dass knapp ein Drittel sich nicht wohl dabei fühlt, jemand anderem die Care-Arbeit zu überlassen. Für drei von zehn (30 Prozent) der befragten Teil- und Vollzeitangestellten ist Care-Arbeit wichtiger als ihr Job und mehr als ein Viertel (28 Prozent) sagt, dass sie es sich nicht leisten können, andere dafür zu bezahlen, ihnen bei der Sorgearbeit zu helfen. Jeder Zehnte sagt außerdem, dass andere den Teil ihrer Sorgearbeit übernehmen könnten, aber die Arbeit trotzdem an ihnen selbst hängen bleibt.

Sorgearbeit führt zu Karrieresorgen

Dass Sorgearbeit einen negativen Einfluss auf die Karriere hat, zeigen auch die Umfrageergebnisse: Unter den Befragten, die den Großteil der Care-Arbeit übernehmen oder diese sogar allein stemmen, ist die Hälfte der Meinung, ihre Karriere leidet oder hat unter den Verpflichtungen im Bereich der Sorgearbeit gelitten (48 Prozent Frauen versus 52 Prozent Männer). 54 Prozent würden sich eigentlich gern mehr auf ihre Karriere konzentrieren, aber der Umfang ihrer Care-Arbeit hindert sie daran. Mehr als die Hälfte sagt außerdem, dass sie Schwierigkeiten hat, Qualifikationen und Fähigkeiten aufgrund ihrer Aufgaben im Bereich der Sorgearbeit auf dem aktuellsten Stand zu halten. All diese Faktoren führen dazu, dass sechs von zehn Frauen der Meinung sind, dass sie weniger wertvoll für den Arbeitsmarkt sind.

Auch am eigenen Arbeitsplatz gibt es Ängste in Bezug auf die Karriere: So fühlen sich 57 Prozent der Männer am Arbeitsplatz weniger wertgeschätzt aufgrund ihrer Verpflichtungen im Bereich der Sorgearbeit, bei den Frauen sind es 47 Prozent. Fast die Hälfte der Befragten hat sogar das Gefühl, dass sie diese vor ihrem Arbeitgeber verbergen müsse. Knapp über die Hälfte der Befragten, die einen Großteil der Care-Arbeit übernehmen oder diese sogar allein stemmen, haben außerdem das Gefühl, dass sie als unzuverlässig wahrgenommen werden.

Beschäftigte nehmen Arbeitgeber und Regierung in die Pflicht

Arbeitnehmer, die Care-Arbeit leisten, wünschen sich mehr Verständnis von ihren Arbeitgebern. Dieser Meinung waren ganze 78 Prozent der Befragten. Dieses mangelnde Verständnis und die anhaltenden Diskussionen um das Lohngefälle zwischen Männern und Frauen zeigen, dass Arbeitgeber gefordert sind, Strukturen zu schaffen, die Gleichberechtigung ermöglichen und fördern. Denn unabhängig davon, wie viel Care-Arbeit übernommen wird, denken fast sieben von zehn der Befragten, dass eine ausgeglichenere Aufteilung der Sorgearbeit-Verpflichtungen helfen würde, die Gender-Pay-Gap zu schließen - bei Frauen ist dieser Anteil höher als bei Männern.

Dass 61 Prozent der befragten Männer der Meinung sind, dass Männer mehr Sorgearbeit übernehmen sollten, als sie es momentan tun, zeigt, dass die Bereitschaft da ist. Jedoch gibt es laut der Befragten noch mehr Maßnahmen, wie Arbeitgeber ihre Angestellten, die Sorgearbeit leisten, unterstützen können: 71 Prozent wünschen sich mehr Fortbildungsprogramme für Menschen, die ihre Karriere aufgrund von Sorgearbeit zurückgestellt haben. Drei Viertel der Befragten denken, dass flexiblere Arbeitszeiten und eine bessere und flexiblere Kinderbetreuung helfen, um die ungleiche Verteilung der unbezahlten Sorgearbeit zwischen den Geschlechtern zu reduzieren.

Auch eine Frauenquote hilft weiter

Doch nicht nur Arbeitgeber sind in der Pflicht, sondern auch die Regierung: Vor allem Frauen (80 Prozent) sind der Ansicht, Sorgearbeit sollte vom Staat finanziell unterstützt werden. Mehr als die Hälfte sind außerdem überzeugt, dass eine gesetzliche Quote für Frauen in Führungspositionen zu einer ausgewogeneren Verteilung der Sorgearbeit beiträgt.

Die Umfrage von Glassdoor lässt somit Erkenntnisse zu einem Work-Life-Bereich zu, der oft vergessen wird: Nicht nur eine gleiche Bezahlung ist entscheidend für die vollständige Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen im Arbeitsleben - auch für die Verpflichtungen außerhalb des Jobs müssen entsprechende Strukturen geschaffen werden.