Fokussierung auf das Wesentliche statt Goldene Henkel
Eine Möglichkeit herauszufinden, ob eine fachliche Funktion oder ein ganzes System nützlich sein könnte, ist die Beschreibung und die Kalkulation des Business Case. Bei einzelnen Anforderungen im Sinne eines Eintrags im Backlog genügt oftmals die Kategorisierung in T-Shirt-Größen (S, M, L, XL) und die Erkenntnis des Product Owners, auf welche Funktionen er/sie gegebenenfalls verzichten muss, weil Zeit und/oder Budget ausgereizt sind.
Bei umfangreicheren Themenstellungen hilft den Stakeholdern die Gegenüberstellung der konkreten Kosten bei Realisierung der Anforderung oder Aufrechterhaltung des Status quo. Bei Letzterem sind unbedingt die Prozesskosten zum Beispiel für Personal bei manuellen Tätigkeiten zu berücksichtigt.
- Retrospektive und Feedback in Scrum-Projekten
Scrum Manager haben die Möglichkeit, den Projekterfolg durch die Analyse des Sprints zu verbessern. Zielführend sind dabei die Retrospektive und das Feedback der Teammitglieder - ein Vorgang, den der Scrum Manager mit Diplomatie moderieren muss. Folgende Methodik mit Arbeitsblättern hat sich bewährt. - Feedback - Schritt 1
Für die Retrospektive erhält jedes Teammitglied ein vorbereitetes Blatt mit seinem Namen und zwei Fragen: "Was kann man von mir erwarten?" und "Was erwarte ich vom Team?" - Feedback - Schritt 2
Der Feedback-Bogen wird um zwei Bereiche ergänzt: "Was ich an Deiner Arbeit schätze ..." und "Was ich Dir wünsche, das Dir besser gelingt ..." - Feedback -Schritt 3
Der Feedback-Bogen wird an den Tischnachbarn weitergegeben, von diesem ausgefüllt und so lange weitergegeben, bis jeder Teilnehmer wieder sein persönliches Blatt vor sich liegen hat – jetzt mit dem schriftlichen Feedback aller beteiligten Teammitglieder. - Selbstreflexion
Zwei weitere Bereiche kommen hinzu – sie dienen der eigenen Reflexion des erhaltenen Feedbacks: "Darauf bin ich stolz ..." und "Das nehme ich mit ..." - Vorgehensmuster
Nach diesem Grundmuster lassen sich Retrospektiven zu einem späteren Zeitpunkt erneut wiederholen.
Performance früh im Fokus behalten
Eine nicht nur in agilen Projekten gerne vernachlässigte nicht-funktionale Anforderung betrifft die Performance des zukünftigen Systems. Es ist keine gute Idee, erst kurz vor dem geplanten Livegang Last- und Performancetests durchzuführen.
Unter Umständen sind beachtliche Aufwände für Korrekturen erforderlich, weil Basisbereiche, zum Beispiel Datenbankzugriffe/Datenmodelle, angepasst werden müssen und dies Auswirkungen auf weite Teile des Systems hat. Daher ist eine frühzeitige Betrachtung von Last- und Performanceaspekten inklusive prototypischer Realisierungen angeraten.
Migrationsarbeiten berücksichtigen
Die Mehrheit der heutigen Software-Projekte löst Legacy-Systeme durch moderne Implementierungen ab. Die meist über Jahre oder Jahrzehnte entstandenen Daten werden in den seltensten Fällen nicht mehr benötigt, sondern sind in die neue Welt zu migrieren. Auch hier ist es sinnvoll, frühzeitig mit den Arbeiten zu beginnen.
Diese sind nicht nur technisch durch die Datenbank getrieben; vielfach beeinflusst die Migration die fachliche Realisierung und umgekehrt. Um in agilen Projekten der Volatilität der entstehenden Systeme Rechnung zu tragen, können ETL-Werkzeuge (Extract, Transform, Load) hilfreich sein. Dabei werden Transformationslogiken grafisch modelliert, welche im Bedarfsfall relativ einfach anpassbar sind.
- Scrum in Two Days
Agiles Projekt-Management erlebten die Teilnehmer des Workshops bei der Karlsruher Diva-e Netpioneer GmbH. - Minecraft als Parabel auf die Projektwelt
Das Besondere: Die Teilnehmer müssen Aufgaben im Open-World-Spiel Minecraft erledigen und organisieren sich dabei nach der Scrum-Methode. - Unser Ziel
Der Investor Ultimative Green Car will in einer unberührten Landschaft eine Fabrik bauen, die nachhaltige Autos produziert und Mitarbeitern wie Anwohnern Raum für Freizeitaktivitäten bietet. - Scrum-Coach Björn Radon ...
... brachte uns als Scrummaster die agilen Grundprinzipien nahe. - Zwei wichtige Scrum-Prinzipien
Crossfunktionales Team: In ihm sind nicht nur Entwickler, sondern auch Designer, Tester oder Business Analysten vertreten. Alle, die für die Entwicklung eines Produkts nötig sind. Timeboxing oder der Zeitplan ist heilig. Sind für einen Sprint 10 Tage eingeplant, darf er nur zehn Tage dauern. - Daily Stand up
Auch im Workshop-Format tauschten sich die Teilnehmer während eines Sprints im Stand up aus. Das half Probleme nicht nur zu erkennen, sondern auch eine Lösung dafür zu finden. - Wie lange dauert es, eine Empfangshalle zu bauen?
Nach dem ersten Sprint und einer gewissen Entwicklungserfahrung wissen die Teilnehmer, dass sie eine Stunde gebraucht haben, um ein Firmenschild mit grünem Logo auf weißem Grund zu bauen. Aufgrund dieser Erfahrung geben sie ihre Einschätzung ab, um wie viel aufwendiger es ist, die Empfangshalle zu bauen. - Zum Glück gibt es Schokolinsen ...
Die Schale leerte sich zusehends, als das Scrum-Team in einem Sprint nicht alle Aufgaben schaffte, da sich plötzlich die Rahmenbedingungen änderten. In der Minecraft-Welt waren es die Monster, die es zu bekämpfen galt. - Zusammen sind wir stärker
In komplexen Projekten fällt es dem Einzelnen oft schwer, den Überblick zu behalten. Arbeitet das Projektteam nicht Hand in Hand und hilft sich gegenseitig, etwa indem erfahrene Spieler ihr Wissen an Einsteiger weitergeben, ist das Scheitern programmiert.
Personal dediziert einsetzen
Der Mensch ist nachweislich nicht für Multitasking-Tätigkeiten geeignet. Zwar mögen Frauen diesbezüglich über evolutionsbedingte Vorteile gegenüber Männern verfügen. Sicher ist, dass beide Geschlechter schnellere und bessere Ergebnisse erzielen, wenn sie sich auf eine Aufgabe konzentrieren können.
Viele Firmen neigen jedoch dazu, ihre Mitarbeiter aufgrund von Ressourcenengpässen und Kopfmonopolen gleichzeitig in mehreren Projekten zu platzieren - mit entsprechend negativen Konsequenzen. Bei dediziert eingesetztem Personal dankt es jeder Einzelne mit größerer Zufriedenheit und höherer Motivation, wovon nicht nur das Projekt, sondern das ganze Unternehmen profitiert.
Fazit
Um die eingangs gestellte Frage zu beantworten: Ja, der Hype um agile Vorgehensmodelle ist absolut begründet und eine Umstellung ist rentabel, wenn man nicht allein auf die Methode vertraut, sondern weiterhin die Grundsätze professioneller Softwareentwicklung berücksichtigt.
Unternehmen, die mit dem Gedanken zur Umstellung ihrer Projektprozesse spielen, sollten sich bewusst sein, dass die Einführung von Scrum und Co. für viele Menschen einen ausgeprägten kulturellen Wandel zur Folge hat, der nicht von heute auf morgen vollzogen werden kann (siehe auch: Radikales Umdenken nötig).
Entgegen der klassischen Methoden bedeutet agiles Arbeiten mehr Eigenverantwortung, Selbstorganisation, ständige Reflexion und vor allem Transparenz bezüglich der Tätigkeiten jedes einzelnen und das zu jeder Zeit. Wer dies in seinen Projekten berücksichtigt und die Menschen aktiv an den Change-Prozessen beteiligt, wird mit zufriedeneren Mitarbeitern und besseren Projektergebnissen belohnt. (hal)