Distributed Ledger

Wann lohnt sich der Einsatz einer Blockchain?

07.09.2018
Von 
Wolfgang Herrmann ist IT-Fachjournalist und Editorial Lead des Wettbewerbs "CIO des Jahres". Der langjährige Editorial Manager des CIO-Magazins war unter anderem Deputy Editorial Director der IDG-Publikationen COMPUTERWOCHE und CIO sowie Chefredakteur der Schwesterpublikation TecChannel.

Eine Blockchain für die Bankenprüfung

Die Bostoner Notenbank hat mittlerweile drei Proof-of-Concepts (PoC) für den Blockchain-Einsatz erarbeitet. In einem Fall geht es um die Frage, ob sich damit das Hauptbuch (General Ledger) ersetzen lässt, über das die Fed mehr als sechs Milliarden Dollar an Reserveguthaben der regionalen Banken verwaltet. In einem anderen Szenario prüft das Institut, wie es seinen Prüf- und Regulierungsaufgaben gegenüber den angeschlossenen Banken mithilfe von Distributed-Ledger-Technik (DLT) besser nachkommen kann.

"Wir müssen eine Art Spinnennetz zwischen Banken weben, um am Ende alle Transaktionen über eine sehr mächtige Blockchain-Umgebung kontrollieren zu können", beschreibt IT-Manager Brassill das ehrgeizige Ziel. Die damit einhergehenden Herausforderungen seien immens; doch nur so könne man lernen, wie sich die Blockchain in der Praxis auf die Finanzmärkte auswirke.

Schon etwas näher am praktischen Einsatz liegt eine Blockchain-Initiative für einen Teilbereich der Personalverwaltung. Die daraus entstandene HR-Anwendung auf Blockchain-Basis sei nicht geschäftskritisch, wie Brassill erläutert. Sie laufe aber im 24x7-Betrieb und solle dabei helfen, Probleme zu erkennen, die bei einem kontinuierlichen Betrieb etwa hinsichtlich der Skalierbarkeit auftreten könnten. In den kommenden zwölf Monaten will die Bostoner Fed außerdem verstärkt mit anderen Notenbanken zusammenarbeiten, um Finanzanwendungen in einer geschützten Umgebung zu testen.

Blockchain und die Hürden in der Praxis

Forrester-Expertin Bennett hält solche Ansätze generell für richtig, mahnt aber dennoch zur Vorsicht. Auch wenn ein Unternehmen ein Blockchain-Netzwerk mehrmals getestet habe, bedeute das noch lange nicht, dass es reif für den produktiven Einsatz sei: "Es könnte immer noch nicht ausreichend skalieren, es muss mit bestehenden Business-Systemen integriert werden und es muss schließlich regulatorischen und Compliance-Anforderungen genügen, die in etlichen Branchen erst noch zu formulieren sind." Auch aus diesen Gründen wird es aus ihrer Sicht noch geraume Zeit dauern, bis sich Blockchain-Implementierungen auf breiter Front durchsetzen.

Last, but not least sollten Unternehmen sich gut überlegen, welche Gründe gegen ein einziges zentrales datenbankorientiertes System sprechen, gibt die Analystin zu bedenken. Denn eines sei schon heute absehbar: Mit der Blockchain nehme die Komplexität tendenziell zu. Und der geringe Reifegrad der Technik berge Risiken, die sich schwer kalkulieren ließen. Alleine die Vielzahl an konkurrierenden technischen Spezifikationen und Plattformen führe zu einer Unsicherheit im Markt bezüglich der weiteren Entwicklung. So gesehen scheint Abwarten dann doch nicht die schlechteste Option zu sein.

Mit Material von IDG News Service