Anwender der Oracle Cloud Infrastructure (OCI) sollen zwischen mehr Betriebssystemen auswählen können. Kunden könnten künftig Red Hat Enterprise Linux (RHEL) auf zertifizierten Konfigurationen von virtuellen Maschinen in der Oracle Cloud betreiben, hieß es. Zudem sei es möglich, vorhandene Workloads, die bereits auf RHEL liefen, sicher auf die Linux-Plattform in OCI zu migrieren, versprechen die Anbieter. Oracle wurde dazu in das Red Hat Certified-Cloud-and-Service-Provider- (CCSP-)Programm aufgenommen.
Künftig sollen die aktuellen Release-Stände 7.9, 8.7 und 9.0 von RHEL in der Oracle-Cloud laufen. Die virtuellen Maschinen in der OCI ließen sich je nach Prozessor - im Angebot sind Intel-, AMD- und ARM-Chips - granular in einzelnen CPU-Schritten von einem bis zu 80 Rechenkernen einrichten und skalieren, hieß es. Allerdings läuft RHEL 7.9 ausschließlich auf Intel-Systemen in der Oracle-Cloud. An Arbeitsspeicher würden zwischen 1 und 1024 GB je CPU unterstützt.
RHEL werde als unterstütztes Gast-Betriebssystem auf der Oracle Cloud Infrastructure im Bring-Your-Own-Subscription-(BYOS-)Modell angeboten, sobald die Aktivierungsarbeiten abgeschlossen seien, hieß es bei Red Hat. Die Partner wollen darüber hinaus ihre Kooperation ausbauen. So haben die Planungen für die Zertifizierung von RHEL auf den Bare-Metal-Servern von OCI ebenfalls begonnen, hieß es. Anwender sollen damit eine bessere Isolierung ihrer Cloud-Instanzen und eine mit On-Premises-Umgebungen vergleichbare Performance erhalten.
Über weitere Produkte wird noch verhandelt
Inwieweit andere Produkte und Cloud-Konfigurationen künftig von beiden Seiten unterstützt werden, ist noch nicht absehbar. Zum jetzigen Zeitpunkt sei RHEL das einzige Red-Hat-Produkt, das zertifiziert und vollständig unterstützt werde, verlautete von Seiten des Linux-Spezialisten. Man wolle aber den gemeinsamen Kunden aufmerksam zuhören, um deren Interesse an der Einführung weiterer Red-Hat-Produkte und -Dienstleistungen bei OCI zu ermitteln.
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Red Hat zufolge können Anwender "Red Hat Satellite" und "Smart Management" verwenden, um Ihre RHEL-Umgebungen in OCI zu verwalten. Über die "Red Hat Ansible Automation Platform" lasse sich die Oracle-Cloud auch als Teil von Hybrid-Cloud- und Multi-Cloud-Automatisierungsstrategien steuern und managen. Aber: "Kunden sollten sich darüber im Klaren sein, dass diese Zusammenarbeit erst am Anfang steht", warnen die Red-Hat-Verantwortlichen. "Das bedeutet, dass wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht an Integrationen mit der Oracle Cloud oder zertifizierten Ansible Playbooks gearbeitet haben."
Vorsicht bei Datenbank-Konfigurationen
Auch sonst bleiben die neuen Partner erst einmal auf Abstand, beispielsweise was den Datenbankbetrieb angeht. Zwar gebe es Red Hat zufolge getestete Kombinationen von Oracle-Datenbankversionen auf RHEL-Versionen. Derzeit biete Oracle Engineering jedoch keine explizit unterstützte Konfiguration von Oracle Database on RHEL auf OCI Compute an. "Wenn Kunden die Oracle-Datenbank unter RHEL auf OCI Compute ausführen möchten, müssen sie in der Oracle-Support-Dokumentation nachsehen, welche Version der Oracle-Datenbank geeignet ist und welche RHEL-Versionen zusammen unterstützt werden", rät der Linux-Anbieter. Außerdem müssten die Kunden RHEL auf einer zertifizierten OCI-Compute-Konfiguration ausführen.
Oracle Cloud Infrastructure Dedicated Region: Die Cloud in meinem Rechenzentrum
Auch beim Support gehen Oracle und Red Hat noch getrennte Wege. Für Support und Abrechnungsfragen der Linux-Umgebung soll Red Hat der Ansprechpartner bleiben. Fragen, was die zugrundeliegende Cloud-Infrastruktur betrifft, kann nur der Oracle-Support beantworten. Auch an dieser Stelle heißt es, dass man beobachten wolle, was die gemeinsamen Kunden von ihren IT-Anbietern erwarteten.
Linux-Kooperation auf Drängen der Kunden
Es hat den Anschein, dass die Cloud-Linux-Partnerschaft zwischen Oracle und Red Hat in erster Linie auf Drängen der Kunden initiiert wurde. Die Unternehmen haben viele gemeinsame Kunden, die Red-Hat-Technologien On-Premises einsetzen und auch Interesse an der Nutzung von RHEL auf OCI bekundet haben. "Aufgrund dieser Nachfrage haben Oracle und Red Hat zusammengearbeitet, um RHEL auf OCI Wirklichkeit werden zu lassen", schreibt der Linux-Anbieter in einer FAQ zu der Kooperation mit Oracle.
Mit der Allianz erkennt Oracle die Realitäten im Linux-Markt an. Als Enterprise-Distribution ist Red Hat bei vielen Data-Center- und Cloud-Betreibern gesetzt. Oracle hatte 2006 selbst versucht mit einer eigenen Linux-Distribution in den Ring zu treten. Der damalige Oracle-CEO Larry Ellison versprach seinen Kunden mit "Unbreakable Linux" einen besseren und günstigeren Support als bei der Konkurrenz.
Während der Linux-Distributor Fehler in aller Regel erst in den neuen Versionen beseitige, biete der Oracle-Support Bugfixes auch für die aktuellen Linux-Varianten, warb Ellison damals für das eigene Angebot. Anwender müssten daher nicht auf eine komplett neue Version umsteigen, sondern könnten mit ihrer aktuellen Distribution weiterarbeiten. Dazu übernehme Oracle den Quellcode von Red Hat, ziehe ihn durch seine Source-Kontrollsysteme, entferne urheberrechtlich geschützte Teile, füge Bugfixes hinzu und kompiliere den Code, hatte es damals geheißen.
Doch der Erfolg von Oracles Linux-Vorstoß hielt sich in Grenzen. Branchenbeobachter hatten spekuliert, Ellison wolle Red Hat angreifen und den Börsenwert in Grund und Boden stampfen, um die Linux-Company dann günstig übernehmen zu können. Doch dazu kam es nicht. Jahre später wurde Red Hat von IBM für 34 Milliarden Dollar übernommen.
"Viele Kunden verlassen sich in ihrem IT-Betrieb sowohl auf Red Hat als auch auf OCI und benötigen heute mehr Auswahlmöglichkeiten für verteilte Cloud-Implementierungen als je zuvor", kommentiert Clay Magouyrk, Executive Vice President für Oracles Cloud-Infrastruktur, die Partnerschaft mit dem einstigen Rivalen. "Durch die Vertiefung unserer Zusammenarbeit werden wir in Zukunft weitere Produkte und Workloads auf OCI unterstützen, so dass Kunden mehr Flexibilität bekommen."