Broadcom braucht mehr Zeit

VMware-Übernahme verzögert sich

21.02.2023
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Der 61-Milliarden-Dollar-Deal geht offenbar nicht so leicht über die Bühne, wie sich das die Broadcom-Verantwortlichen gewünscht haben. Es hat den Anschein, dass sich nach wie vor die Kartellbehörden querstellen.
Broadcom kommt bei der Übernahme von VMware nicht so schnell voran wie geplant.
Broadcom kommt bei der Übernahme von VMware nicht so schnell voran wie geplant.
Foto: sergign_otolia - Fotolia.com

Es braucht offenbar noch mehr Zeit, um die Übernahme von VMware durch Broadcom abzuwickeln. Die Verantwortlichen beider Unternehmen wollen die Frist, um den Deal unter Dach und Fach zu bekommen, bis zum 26. Mai dieses Jahres verlängern. Das geht aus entsprechenden Anträgen an die Finanzbehörden hervor. Ursprünglich sollte das Geschäft bereits bis Ende Oktober vergangenen Jahres abgeschlossen sein. Doch daraus wurde nichts. Die Frist wurde immer weiter nach hinten verschoben, zuletzt bis zum 26. Februar 2023.

Broadcom hatte Ende Mai 2022 bekannt gegeben, VMware für rund 61 Milliarden Dollar übernehmen zu wollen. Mit der Übernahme würde der Halbleiterhersteller sein Standbein im Segment Business Software weiter festigen. Zuvor hatte Broadcom bereits CA Technologies und Symantec geschluckt.

Kartellbehörden prüfen den Deal

Über die Hintergründe der Fristverlängerung gibt es keine konkreten Angaben der beteiligten Firmen. Bei einer Transaktion dieser Größenordnung sei es üblich, sich mehr Zeit zu lassen, sagte ein Broadcom-Sprecher. Man gehe weiter davon aus, die Übernahme bis zum Ende des Geschäftsjahres im Oktober 2023 ganz abschließen zu können. Spekulationen, die Verzögerungen seien auf Widerstände bei den Kartellbehörden zurückzuführen, wies der Sprecher zurück. Man mache gute Fortschritte bei den Gesprächen mit Aufsichtsbehörden auf der ganzen Welt.

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Verschiedenen Medienberichten zufolge könnten die Verzögerungen jedoch durchaus auf die noch fehlenden Freigaben durch die Kartell- und Wettbewerbsbehörden der USA, Großbritanniens und der Europäischen Union zurückzuführen sein. In den USA beschäftigt sich die Federal Trade Commission (FTC) bereits seit Mitte vergangenen Jahres mit der Untersuchung des Geschäfts. Im November kündigte die britischen Wettbewerbsbehörde (CMA) an, die geplante Übernahme von VMware durch Broadcom zu prüfen. Auch die europäischen Kartellbehörden leiteten im Dezember 2022 eine eigene Untersuchung ein.

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Kurz vor Weihnachten ließ die EU-Kommission durchblicken, sie "befürchte insbesondere, dass das Vorhaben Broadcom in die Lage versetzen könnte, den Wettbewerb auf dem Markt für bestimmte, mit der Software von VMware interoperable Hardwarekomponenten einzuschränken". Broadcom könnte die Interoperabilität zwischen der VMware-Software und der Hardware der Wettbewerber zugunsten der eigenen Hardware verschlechtern oder Wettbewerber gar daran hindern, die Server-Virtualisierungssoftware von VMware zu nutzen oder den Zugang zu dieser Software zu beeinträchtigen. "Dies würde zu höheren Preisen, geringerer Qualität und weniger Innovation für die Abnehmer und letztlich auch für die Verbraucher führen", erklärte die oberste EU-Wettbewerbshüterin Margrethe Vestager.

Kunden befürchten Preiserhöhungen

Diese Befürchtungen sind nicht unbegründet. Bereits kurz nach der Ankündigung des Deals hatten VMware-Kunden Bedenken geäußert und auf die nicht gerade glänzende Erfolgsbilanz von Broadcom bei früheren Übernahmen von CA und Symantec verwiesen. Auch Tracey Woo, Senior Analyst bei Forrester, befürchtet, dass Broadcom die Preise erhöht, den Support verringert und nicht mehr in Innovationen investiert.

Broadcom-CEO Hock Tan hatte versucht, diese Befürchtungen bei den Kunden von VMware zu zerstreuen. In einem Ende Oktober 2022 veröffentlichten Blogbeitrag schrieb er, dass "der Geschäftsgrundsatz von Broadcom für diese Transaktion darin besteht, sich auf das Geschäftsmodell zu konzentrieren, die Forschung und Entwicklung zu verstärken und die Umsetzung so zu gestalten, dass die Kunden den Wert des gesamten Portfolios an innovativen Produktangeboten erkennen - und nicht darin, die Preise zu erhöhen".