Das Personalkarussell in den Chefetagen der IT-Konzerne drehte 2019 viele Runden. Vor allem in der Zentrale der SAP in Walldorf gab es etliche prominente Zu- und Abgänge. Im Februar kündigte überraschend Technikvorstand Bernd Leukert seinen Abschied aus SAPs Führungsriege an. Leukert hatte im Frühjahr 2014 die Verantwortung für die technologische Entwicklung übernommen, nachdem der bis dato amtierende Chief Technology Officer Vishal Sikka - damals ebenfalls überraschend - das Handtuch geworfen hatte. Als Technikchef hat Leukert in den folgenden Jahren maßgeblich die Entwicklungen rund um die In-Memory-Datenbank HANA sowie das neue ERP-Paket S/4HANA gelenkt.
Ende 2018 hatte SAP seine Organisation neu aufgestellt. Jürgen Müller, ein Eigengewächs aus dem Hasso-Plattner-Institut (HPI), wurde zum Chief Innovation Officer und zu Jahresbeginn 2019 in den SAP-Vorstand berufen. In dieser Funktion soll sich der 36-jährige Manager um den Bereich Technologie und Innovation und damit die technischen Grundlagen aller SAP-Produkte kümmern. Zuvor lag dies in Leukerts Verantwortung. Dieser sollte in der Folge gemeinsam mit Michael Kleinemeier den Bereich Digital Business Services leiten, und den Bereich dann ab 2020 allein übernehmen. Doch dazu kam es nicht mehr.
Im April folgte der nächste Paukenschlag. Mit Robert Enslin verließ ein weiterer langgedienter SAP-Manager den Softwarekonzern. Er hatte zuletzt im Vorstand die Cloud Business Group geleitet. Der Manager, der seit 1992 bei SAP arbeitete, gehörte seit 2014 dem SAP-Vorstand als Präsident der Vertriebsorganisation an. Die Leitung der Cloud Business Group übernahm Jennifer Morgan, die vorher gemeinsam mit Adaire Fox-Martin als President Global Customer Operations fungiert hatte.
Beide Ex-SAP-Manager tauchten nach ihrem Abschied aus Walldorf jedoch bald wieder auf. Leukert übernahm ab September den Vorstandsposten für Digitalisierung, Daten und Innovation bei der Deutschen Bank. Dort soll er die IT des Dax-Konzerns, die als veraltet gilt, modernisieren. 13 Milliarden Euro plant das Finanzhaus bis 2022 dafür ein. Enslin wechselte kurz nach seinem Abgang bei SAP zu Google und übernahm dort die Position als President der Google Cloud Global Customer Operations.
Mit Enslin gewann Google einen weiteren erfahrenen Manager für sein Cloud-Geschäft. Anfang 2019 hatte der langjährige Oracle-Manager Thomas Kurian die Verantwortung für das Cloud-Business von Google übernommen. Diane Greene, die bis dahin das Cloud-Geschäft beim Internet-Riesen geleitet hatte, zog sich erst in den Verwaltungsrat und dann ganz zurück. Kurian soll das Enterprise-Business von Google neu aufstellen, professionellere Vertriebsstrukturen schaffen und dabei die Cloud-Geschäfte breiter aufstellen. Der Manager hatte am 5. September 2018 überraschend eine "Auszeit" bei Oracle angekündigt, nachdem er sich einem Bericht von "Bloomberg" zufolge mit Konzerngründer Larry Ellison über den Kurs der Software-Company gestritten haben soll.
Auch danach kam der größte deutsche Softwarekonzern nicht zur Ruhe. Im Oktober trat überraschend Bill McDermott von seinem Chefposten bei SAP zurück. Der Manager, der 2002 zu SAP gekommen war und zunächst die Vertriebsregion Nordamerika geleitet hatte, löste 2010 gemeinsam mit Jim Hageman Snabe den glücklosen Léo Apotheker an der Spitze des deutschen Softwarekonzerns ab. Seit 2014 führte McDermott SAP als alleiniger Chef. Als Nachfolger bestimmte der Aufsichtsrat mit sofortiger Wirkung ein Duo, die beiden Vorstandsmitglieder Jennifer Morgan und Christian Klein. Morgan ist die erste Frau an der Spitze eines Dax-Konzerns und Klein mit 39 Jahren der jüngste Manger auf so einem Posten. Insgesamt vollzog sich damit in der SAP-Führung ein Generationswechsel.
McDermott sagte zum Abschied, für ihn sei der Moment gekommen, ein neues Kapitel aufzuschlagen. Was er damit meinte, wurde schon wenige Wochen später klar. Ende Oktober wurde bekannt, dass der US-Manager ab Anfang 2020 den Service-Management- und Workflow-Spezialisten ServiceNow führen soll. Dessen Chef John Donahoe wechselt zu Nike und übernimmt ab Mitte Januar 2020 den CEO-Posten bei dem Sportartikelhersteller.
Auch in anderen Unternehmen gab es reichlich Turbulenzen in den Chefetagen. Intel hat Anfang des Jahres Robert Swan zum neuen CEO ernannt. Damit endete eine siebenmonatige Phase, in der Swan das Unternehmen interimsmäßig geführt hat. Der Manager arbeitet seit 2016 bei Intel und war vor seiner CEO-Rolle als Finanzchef tätig. Swan folgte auf Brian Krzanich, der im Juni 2018 nach rund fünf Jahren an der Spitze des Unternehmens zurückgetreten war. Offizieller Grund: eine nicht erlaubte Beziehung zwischen Krzanich und einer Intel-Mitarbeiterin.
In den USA setzte die Deutsche Telekom im November ihren Starmanager John Legere bei T-Mobile US ab. Die Lederjacke und sein loses Mundwerk, das auch die Konkurrenz nicht verschonte, waren sein Markenzeichen. Telekom-Vorstandschef Tim Höttges dankte Legere dafür, die Kultur des Unternehmens grundlegend verändert zu haben. Der Verwaltungsrat von T-Mobile US ernannte Mike Sievert (50) zum Chief Executive Officer und Nachfolger.
"Ich gehe nicht in den Ruhestand", sagte Legere. "Ich bekomme bereits eine enorme Menge an Anfragen von Unternehmen, die kulturelle Transformationen, Führungsqualitäten und ähnliche Dinge gebrauchen könnten, wie wir sie hier demonstriert haben."
Veränderungen an der Spitze von Oracle hatten dagegen einen traurigen Hintergrund. Im Oktober verstarb im Alter von 62 Jahren überraschend Mark Hurd, einer der beiden CEOs des Datenbankspezialisten. Hurd war seit 2010 bei Oracle, 2014 wurde er zusammen mit Safra Catz auf den Chefposten befördert. Zuvor war er als Nachfolger von Carly Fiorina rund fünf Jahre lang Vorstandschef beim Computerhersteller Hewlett-Packard gewesen. Im September hatte der Manager eine Auszeit aus gesundheitlichen Gründen angekündigt. Die Aufgaben von Hurd übernahmen zunächst Oracle-Gründer und Tech-Vorstand Larry Ellison sowie Co-Konzernchefin Catz. Im Dezember gab der Konzern bekannt, dass Catz das Unternehmen als alleinige CEO weiter führen soll.
Neu begrüßen konnte die Oracle-Familie Vishal Sikka. Der ehemalige Chief Technology Officer von SAP und CEO von Infosys wird künftig einen Platz im Board von Oracle einnehmen.
Auch in Deutschland gab es Veränderungen bei Oracle. Country Leader Kenneth Johansen gab im September seinen Posten ab und wechselte auf die CEO-Position in Japan. Johansen hielt sich hierzulande gerade einmal gute zwei Jahre auf seinem Posten. Auch sein Vorgänger Frank Obermaier war nur wenig länger Country Leader von Oracle hierzulande. Interessanterweise hatte sich auch Obermaier im Sommer 2017 in Richtung Japan verabschiedet. Interimsmäßig leitet Oracle-Urgestein Jürgen Kunz die hiesigen Geschäfte. Man sei auf der Suche nach einem neue Country Manager, sagte er.
In Deutschland gab es 2019 etliche Veränderungen auf den Statthalterplätzen. Erst Anfang des Jahres wurde bekannt, dass Intel Deutschland in aller Stille seinen Landeschef ausgetauscht hat. Hannes Schwaderer führt seit November 2018 wieder das Geschäft des US-Konzerns in Deutschland. Christian Lamprechter wurde demzufolge bereits im Sommer 2018 abgelöst. Schwaderer führte daraufhin einige Monate kommissarisch die Landestochter. Im Herbst kehrte er offiziell in die Funktion zurück, die er bis zum Jahr 2011 schon einmal inne hatte.
Dell Technolgies verabschiedete im Laufe des Jahres ebenfalls seine Doppelspitze. Im Mai zog sich sich Dinko Error zurück. Als Nachfolger für die Betreuung des Großkundengeschäfts in Deutschland wurde Stéphane Paté ernannt. Kurz vor dem Jahresende übernahm Paté komplett. Nach dem Abgang von Doris Albiez, die in den Jahren zuvor gemeinsam mit Error die Dell-Geschäfte hierzulande geführt hat, verantwortet Paté als General Manager Germany die Deutschland-Geschäfte des IT-Urgesteins.
Bei Hewlett Packard Enterprise gab Heiko Meyer den Vorsitz der Geschäftsführung von HPE Deutschland sowie die Leitung der HPE-Geschäfte in der Region DACH und Russland ab und übernahm zum 1. November 2019 die Position als globaler Chief Sales Officer. Die Aufgaben von Meyer für die DACH-Region übernahm Johannes Koch. Der Österreicher ist bei dem Unternehmen seit Januar 2015 Managing Director für Central Eastern Europe, Middle East and Africa sowie Vice President of Sales für diese Region. Koch kam 2011 von IBM zu HP.
Einen Chefwechsel gab es auch bei HP Inc. - und zwar ganz oben an der Konzernspitze. Ende Oktober löste Enrique Lores den scheidenden Dion Weisler als President und CEO ab. Weisler hatte HP Inc. seit der Aufspaltung des Konzerns vor vier Jahren geführt. Der Australier gab persönliche und familiäre Gründe für seinen Abschied an. Lores als neuer Chef will den PC- und Druckerhersteller auf mehr Effizienz trimmen und Kosten senken. Dem Restrukturierungsprogramm könnten in den nächsten Jahren bis zu 9000 Jobs zum Opfer fallen.
Neben den neuen Gesichtern auf den verschiedenen Chefposten gab es 2019 auch einige prominente Abgänge von der großen IT-Bühne. 20 Jahre nach der Gründung von Alibaba hat Jack Ma den Vorsitz des Unternehmens abgegeben. Wie bereits vor einem Jahr angekündigt zog sich Ma anlässlich seines 55. Geburtstags am 10. September 2019 zurück. Die Nachfolge trat Daniel Zhang an, den Ma selbst ausgewählt hatte. Ma gilt als einer der reichsten Männer Chinas. Sein Vermögen wird auf über 38 Milliarden Dollar geschätzt.
Apple verlor seinen Designchef Jonathan 'Jony' Ive. Der Manager war fast 30 Jahre für Apple tätig und hat so wichtige Produkte wie den iMac, den iPod, das iPhone, die iPads und die Apple Watch entworfen. Ive gründet eine eigene Firma und will auch in Zukunft mit Apple in einzelnen Projekten zusammenarbeiten. Nachfolger von Ive werden Evans Hankey für die Hardware und Alan Dye für den Bereich Software.
Bei Alphabet rumort es
Einen regelrechten Management-Exodus erlitt die Google-Mutter Alphabet. Im Juni traten zwei Mitglieder des Vorstands von Alphabet von ihren Positionen zurück: die ehemalige Google-Cloud-Chefin Diane Greene und Ex-Google-CEO Eric Schmidt. Schmidt bleibe aber weiterhin in einer Beraterfunktion für das Unternehmen tätig, hieß es. Außerdem wolle er als Berater für diverse Regierungsprojekte und als Tutor außerhalb von Google arbeiten. Die Position des Cloud-Chefs hatte Greene bereits zuvor an den ehemaligen Oracle-Manager Thomas Kurian abgegeben.
Anfang Dezember erklärten überraschend die Google-Gründer Sergey Brin und Larry Page ihren Rückzug von der Konzernleitung bei Alphabet. Brin war bislang Präsident, Page CEO der Google-Muttergesellschaft. Fortan wollen beide nur noch im Verwaltungsrat sitzen und sich aus dem Tagesgeschäft heraushalten. Nachfolger an der Alphabet-Spitze wird Sundar Pichai, der bis dato Google geleitet hatte und nun beide Positionen in Personalunion bekleiden wird.
Hinter den Kulissen bei Alphabet rumort es. Sexismus-Vorwürfe und umstrittene Regierungsgeschäfte wie beispielswiese in China haben die Mitarbeiter gegen die Firmenleitung aufgebracht. Maßnahmen, die verhindern sollen, dass sich die Alphabet-Mitarbeiter organisieren, gossen zusätzlich Öl ins Feuer.
Ende September hat der Chef der Onlinehandelsplattform eBay, Devin Wenig, seinen Rücktritt eingereicht. Zum Nachfolger ernannte das Unternehmen Finanzchef Scott Schenkel. Dabei handele es sich jedoch nur um eine Übergangslösung, teilte eBay mit. Der Verwaltungsrat suche noch nach einem dauerhaften Ersatz. Wenig hatte den Spitzenposten 2015 übernommen, nachdem eBay die Payment-Tochter Paypal abgespalten hatte. Der Verlust dieses Wachstumstreibers und die verschärfte Konkurrenz im Online-Handel, wo Rivalen wie Amazon oder Alibaba immer stärker wurden, machten eBay zuletzt zu schaffen. Außerdem erhöhen die Investoren den Druck auf die Firmenleitung.
Heuschrecken machen Druck und viel Geld
Für Aufruhr in der internationalen IT-Branche sorgten auch 2019 einige aktionistische Investoren. So gilt Carl Icahn als treibende Kraft hinter dem Übernahmeangebot von Xerox an HP Inc. Der kleinere Xerox-Konzern will HP für rund 33 Milliarden Dollar übernehmen, wurde im Herbst bekannt. Die HP-Verantwortlichen haben die Offerte abgelehnt. Icahn unterstützt den Deal. Dem "Wall Street Journal" verriet der Investor, dass ihm 4,24 Prozent der Anteile an HP gehörten, die 1,2 Milliarden US-Dollar wert seien. Zudem besitze der 83jährige 10,6 Prozent der Aktien von Xerox. Der Kampf ist also möglicherweise noch nicht zu Ende.
Im April stieg mit rund 1,2 Milliarden Euro der Hedgefonds Elliott bei SAP ein. Das Engagement der "Heuschrecke" wurde mit gemischter Resonanz aufgenommen. Elliott-Gründer und Chef Paul Singer ist dafür berüchtigt, Renditen einzufordern und nicht gerade zimperlich mit den Führungsriegen der Firmen umzuspringen, die nicht liefern. Konzerne wie Bayer, Thyssenkrupp und Uniper können ein Lied davon singen.
Freuen konnte sich Warren Buffett. Berkshire Hathaway, die Investmentfirma des Milliardärs, strich allein mit Apple-Aktien 784 Millionen Dollar an Dividenden ein. Inzwischen ist Apple das größte Einzelinvestment von Buffett. Die Anteilsscheine des iPhone-Konzerns machen 15 Prozent des Buchwertes aus. Zum Ende des dritten Quartals besaß Berkshire Hathaway knapp 255 Millionen Apple-Aktien, das entsprach einem Gesamtwert von gut 68 Milliarden Dollar. Zwischen 2016 und 2018 gab Berkshire Hathaway rund 35 Milliarden Dollar nur für Apple-Aktien aus, der Wert soll sich gut verdoppelt haben.
Neben den Umtrieben der Hedgefonds und den Wechseln im nationalen und internationalen Management der IT-Konzerne sorgte 2019 vor allem das Social Web für Gesprächstoff.
Mit einem Video mit dem Titel "Die Zerstörung der CDU", das in der Woche vor der Europawahl millionenfach geklickt wurde, trat der Youtuber Rezo eine heftige Debatte um Meinungsäußerungen im Social Web los. In seinem 55-minütigem Video hatte er vor allem die deutsche Klimapolitik deutlich und in Teilen polemisch kritisiert. Die Reaktion der Volkspartei geriet zu einem Fiasko und offenbarte, wie hilflos die Politik im Umgang mit den neuen Medien agiert. Ein Antwort-Video des 26-jährigen CDU-Bundestagsabgeordneten Philipp Amthor wurde vom CDU-Vorstand kassiert und nicht veröffentlicht. CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer, die in der Folge Regeln für "Meinungsmache" im Internet in Wahlkampfzeiten ins Gespräch gebracht hatte, kassierte dafür heftigen Widerspruch. Kritiker warfen ihr vor, die Meinungsfreiheit einschränken und zensieren zu wollen.
Handfester wurde es im März. Der Aufruf von zwei rivalisierenden YouTubern im Internet löste eine Massenschlägerei auf dem Berliner Alexanderplatz aus. 400 Jugendliche und junge Männer versammelten sich dort. Nach Angaben der Polizei gerieten dann etwa 50 von ihnen in Streit und gingen mit Faustschlägen, Fußtritten und Pfefferspray aufeinander los. Erst einem Großaufgebot der Polizei gelang es nach Stunden, die jugendlichen Schläger zu trennen. Der Grund für die Auseinandersetzung lag wohl in einem schon länger andauernden Streit von zwei jungen Männern mit Videokanälen auf YouTube: dem Rapper Thatsbekir aus Stuttgart (rund 260.000 Follower) und Bahar Al Amood aus Berlin (13.000 Follower). Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) sprach von einer "Zusammenkunft von zu viel Testosteron, die mehr oder weniger so gewollt war".
Area 51 bleibt ein Geheimnis
Ein anderer Social-Media-Event verpuffte dagegen weitgehend wirkungslos. Nach einem Aufruf auf Facebook, das geheimnisvolle Area 51, wo das US-Militär angeblich Informationen über Aliens hortet, hatten sich über zwei Millionen Nutzer zum Sturm auf das Gelände in der Wüste Nevadas verabredet. Doch am 20.September kamen lediglich 100 Menschen vor den Toren der Anlage zusammen - drei von ihnen rannten zum Spaß auf die Tore zu und kehrten nach einem Plausch mit den wachhabenden Soldaten wieder um. Area 51 und sein Inhalt wird also weiter ein Geheimnis bleiben.
Für heftige Diskussionen sorgte im September ein Urteil des Berliner Landgerichts. Demzufolge muss sich die Grünen-Politikerin Renate Künast auf Facebook üble Beschimpfungen und Beleidigungen gefallen lassen. Äußerungen wie "Stück Scheiße", "Pädophilen-Trulla", "altes grünes Drecksschwein", "Geisteskrank", "kranke Frau", "Schlampe", "Gehirn Amputiert", "Drecks Fotze", "Sondermüll", "Alte perverse Dreckssau" seien im konkreten Fall von der Meinungsfreiheit gedeckt. Nach Ansicht des Gerichts seien die Äußerungen "zwar teilweise sehr polemisch und überspitzt und zudem sexistisch". Künast müsse aber "als Politikerin in stärkerem Maße Kritik hinnehmen". Da alle Kommentare einen "Sachbezug" aufwiesen, stellten sie keine Diffamierungen der Person der Antragstellerin und damit keine Beleidigungen nach Paragraf 185 des Strafgesetzbuches (StGB) dar.
Künast hat Berufung gegen das Urteil eingelegt. "Der Beschluss des Landgerichts sendet ein katastrophales Zeichen, insbesondere an alle Frauen im Netz, welchen Umgang Frauen sich dort gefallen lassen sollen", sagte die Politikerin.
Elizabeth Warren, demokratische Senatorin und Mitbewerberin für die Präsidentschaftskandidatur 2020 hat gefordert, Internet-Konzerne wie Amazon, Facebook und Google zu zerschlagen. Diese Firmen sollten geteilt werden: In einen Teil, der für die technische Infrastruktur zuständig ist und in einen Teil, der sich um die Inhalte kümmert. Diese müssten allen Interessierten diskriminierungsfrei zur Verfügung stehen, Daten dürften nicht mehr mit anderen Unternehmen geteilt werden. Warren schlug auch vor, dass Beteiligungen wie die von Amazon an der Supermarktkette Whole Foods oder die von Facebook an Instagram und Whatsapp wieder rückgängig gemacht werden. Sie begründet ihre Forderungen vor allem damit, dass die Plattformen zu mächtig geworden sind und zu starken Einfluss auf die öffentliche Meinungsbildung haben. Außerdem würden neue, aufstrebende Firmen gegen die geballte Marktmacht zu wenig Chancen zur Entfaltung haben.
Erfolgreicher Kampf gegen das Internet-Imperium
Dass man sich durchaus gegen die Übermacht der Internet-Riesen wehrten kann, bewies Peter Huber, seines Zeichens Wirt im Bräustüberl am Tegernsee. Der Gastwirt zog gegen Google vor Gericht. Der Vorwurf: Die Suchmaschine behaupte fälschlicherweise, man müsse in dem Gasthaus überaus lange auf einen freien Platz warten. Google zog daraufhin zurück und entfernte die Angaben zu Wartezeiten. Huber wollte jedoch auf Nummer sicher gehen und beharrte auf einer gerichtlichen Entscheidung. Dazu kam es allerdings nicht mehr. Im August erkannte Google den Unterlassungsanspruch offiziell an und bat um Aufhebung des Gerichtstermins. "Das Bräustüberl hat gewonnen!", teilte die Traditionsgaststätte daraufhin mit.
Wenigstens darf Tesla-Chef Elon Musk Twitter weiter nutzen, muss künftig aber gewisse Regeln befolgen. Aussagen über geschäftliche Entwicklungen des Elektropioniers hat der als impulsiv geltende Manager künftig vorher abzustimmen. Der Streit mit den Finanzbehörden hat seinen Ursprung in einem Vorfall vom August 2018. Dem Tesla-Chef Musk wurde damals Börsenbetrug vorgeworfen. Er berichtete auf Twitter, dass Tesla sich eventuell von der Börse zurückziehen wolle. "Ich überlege, Tesla für 420 Dollar pro Aktie von der Börse zu nehmen. Finanzierung gesichert", hatte er auf der Social-Media-Plattform geschrieben. Dagegen reichten einige Börsenhändler eine Klage ein.
Unter Druck stand 2019 auch Facebook-Chef Mark Zuckerberg, unter anderem wegen der Pläne, mit Libra eine eigene Digitalwährung herausgeben zu wollen. Im Zuge einer Anhörung vor dem US-Kongress bemühte sich Zuckerberg, Bedenken der Behörden zu zerstreuen. Die umstrittene Digitalwährung solle erst an den Start gehen, wenn alle Bedenken von Regulierern ausgeräumt seien, versicherte er. Zugleich zeigte er Verständnis dafür, dass Facebook nach Skandalen und Kritik der vergangenen Jahre einen schweren Stand als Urheber des Projekts hat. "Wir haben in den vergangenen Jahren viele Probleme gehabt. Und ich bin sicher, Leute wünschen sich, dass irgendjemand anderes mit der Idee kommt, nur nicht Facebook", erklärte Zuckerberg.
Regulierer und Politiker sehen unter anderem noch offene Fragen bei Vorkehrungen gegen Geldwäsche und Terror-Finanzierung. Zugleich befürchten sie aber auch eine mögliche Destabilisierung des etablierten Finanzsystems, wenn große Geldmengen in Libra und zurück getauscht werden. Nach der Kritik zogen sich namhafte Partner aus der Finanzbranche wie Mastercard, Visa und Paypal aus dem Libra-Projekt zurück.
Zu kämpfen hatte 2019 vor allem auch Huawei-Gründer Ren Zhengfei. In der Debatte um den Aufbau des 5G-Netzes in Deutschland warb der CEO des chinesische Telekom-Ausrüsters offensiv um Vertrauen. Immer wieder wurde Kritik laut, Huawei könnte mit chinesischen Geheimdiensten kooperieren und heimlich Hintertüren in seine Netzinfrastruktur-Produkte einbauen. Verschiedene Regierungen weltweit überlegen, den Netzausrüster von vornherein von Aufträgen für den Aufbau den neuen Mobilfunkinfrastruktur auszuschließen. Diese Kritik an seinem Unternehmen hat Ren Zhengfei vehement zurückgewiesen. Er könne "mit Sicherheit" versprechen, dass Huawei keine Daten an die chinesische Regierung weitergebe, beteuerte der Manager.
Kritisch äußerte sich der Bundesnachrichtendienst (BND). BND-Präsident Bruno Kahl sagte in einer Anhörung des Parlamentarischen Kontrollgremiums des Bundestags, man könne einem Konzern, der in sehr großer Abhängigkeit von der Kommunistischen Partei stehe, kein Vertrauen entgegenbringen. Huawei betonte indes seine Bereitschaft, ein Abkommen mit Deutschland zu unterzeichnen, das Hintertüren in seinen Produkten ausschließe.
Wikileaks-Gründer Julian Assange wurde im April in London in der Botschaft Ecuadors festgenommen. Der gebürtige Australier lebte dort seit Juni 2012 im selbstgewählten Exil. Der 47-Jährige wollte so einer Festnahme und der von ihm befürchteten Auslieferung an die USA entgehen. Vor der Festnahme entzog die Regierung Ecuadors Assange das diplomatische Asyl mit der Begründung, er habe gegen Regeln verstoßen. Die britische Polizei teilte mit, der Botschafter habe sie in die Botschaft "eingeladen".
Einen Schockmoment gab es Ende Oktober beim Digital-Gipfel in Dortmund: Nach seiner Rede ist Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier von der Bühne gestürzt und hat sich verletzt. Altmaier war zum Digitalgipfel gekommen, um das neue Projekt "Gaia X" vorzustellen, mit dem die Bundesregierung in Kooperation mit Frankreich und Industriepartnern eine europäische Alternative zu den überwiegend US-basierten Cloud-Anbietern schaffen will. Mit dem Projekt wollen die Regierungen Teile der digitalen Wertschöpfung wieder zurück nach Europa holen. Peter Altmaier erlitt bei dem Sturz einen Nasenbeinbruch und trug eine Platzwunde, Prellungen und Schürfwunden davon.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder will für eine große Forschungs- und Hightech-Offensive in den kommenden Jahren zwei Milliarden Euro ausgeben. Das ist doppelt so viel wie noch zuvor angekündigt worden war. Damit wolle man den "Forschungs-Turbo" zünden und den Freistaat in die Zukunft "beamen", sagte Söder in einer Regierungserklärung im Landtag. Konkret sollen mit den zwei Milliarden Euro bis 2023 bis zu 1000 neue Professoren, 10.000 neue Studienplätze unter anderem in Informatik, ein über ganz Bayern verteiltes Netzwerk für künstliche Intelligenz und mehrere neue Forschungsinstitute finanziert werden. Mit der "Hightech Agenda Bayern" wolle man dafür sorgen, dass Bayern auch in zehn Jahren noch in der Champions League mitspielen könne, sagte Söder. Man müsse sich dem weltweiten Wettbewerb um die klügsten Köpfe und technologische Dominanz stellen. "Ich möchte nicht, dass wir am Ende die Verlierer eines technologischen Wettbewerbs sind."
Oracle-CEO Hurd war 2019 nicht der einzige Todesfall, der in der IT-Szene betrauert wurde. Die FDP beklagte im November den Tod ihres Netzpolitikers Jimmy Schulz. Er sei "nach langer, schwerer Krankheit" gestorben, teilte die FDP-Fraktion auf Twitter mit. Sein Einsatz für Netzpolitik und Bürgerrechte bleibe unvergessen, hieß es. Schulz hatte im Juni 2019 seine Krebserkrankung in einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" öffentlich gemacht. Er war der erste Abgeordnete, der eine Rede im Bundestag nicht vom Papier, sondern von einem iPad ablas.
Die Behörde des Europäischen Datenschutzbeauftragten (EDPS) hat im August den Tod des Leiters der Institution, Giovanni Buttarelli, mitgeteilt. Demnach war Buttarelli mit 62 Jahren im Kreis seiner Familie verstorben. Seine Mitarbeiter bedauerten einen "tragischen Verlust" eines "freundlichen und brillanten Menschen". Er habe sich sein ganzes Leben lang für seine Angehörigen, den Dienst am Rechtswesen sowie die Europäische Gemeinschaft und ihre Werte eingesetzt. Während seiner Zeit an der Spitze der Behörde forderte Buttarelli, dass Europa etwa mit der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sowie der noch unerledigten E-Privacy-Verordnung einen globalen Standard für die Privatsphäre schaffen müsse. Nicht nur angesichts des "Jahrhundertskandals" in der Affäre zwischen Facebook und Cambridge Analytica sprach er sich dafür aus, die datengetriebene Wirtschaft stärker an die Kandare zu nehmen.
Posthume Ehrung für Alan Turing
Das Porträt des britischen Mathematikers Alan Turing soll auf der Rückseite der neuen 50-Pfund-Note abgebildet werden, die ab 2021 in den Zahlungsverkehr gebracht wird. Das hat die Bank of England nach einem langwierigen Auswahlprozess entschieden. Turing sei ein bedeutender Mathematiker, der einen enormen Einfluss auf unser heutiges Leben habe, so die Begründung. Er sei der Vater der Computerwissenschaften und habe die Grundlagen der Künstlichen Intelligenz geschaffen. Zudem sei er ein Kriegsheld, da er im Zweiten Weltkrieg einen wesentlichen Beitrag dazu geliefert habe, den Enigma-Code der Deutschen zu entschlüsseln.
Kyle "Bugha" Giersdorf hat die Fortnite-Weltmeisterschaft in New York gewonnen. Der 16-jährige US-Amerikaner, der für das Team Sentinels spielt, setzte sich gegen 99 andere Spieler durch. Der beste Fortnite-Spieler der Welt ging mit drei Millionen US-Dollar nach Hause. Das ist das höchste Preisgeld für einen Einzelspieler in der Geschichte des E-Sports. Fortnite-Entwickler Epic Games hat für die Fortnite-WM insgesamt Preisgelder in Höhe von 100 Millionen US-Dollar lockergemacht.
Amazon-Chef Jeff Bezos und US-Präsident werden in diesem Leben keine Freunde mehr. Bezos gehört die Trump-kritische Zeitung "Washington Post", der der Präsident Mantra-artig die Verbreitung von Fake-News unterstellt. 2019 hat Trump eine Möglichkeit gefunden, seinem Intimfeind eins auszuwischen. AWS, die Cloud-Tochter von Amazon, hatte sich um Projekt "JEDI" beworben, einen Auftrag des US-Verteidigungsministeriums. Dabei geht es um den Aufbau einer neuen IT-Infrastruktur für das Pentagon im Wert von rund zehn Milliarden Dollar. AWS galt als Favorit für den Auftrag, zumal das Unternehmen auch als einer der wenigen Provider die notwendigen Sicherheitszertifizierungen vorweisen kann. Im Sommer gab es plötzlich und unerwartet Verzögerungen. Die Auftragsvergabe müsse noch einmal untersucht werden, hieß es. Insider behaupten, dies sei von höchster Stelle im Weißen Haus angeordnet worden. Im Herbst erhielt Microsoft den Zuschlag für JEDI. Bezos kündigte postwendend an, die Vergabe gerichtlich anfechten zu wollen.
Auch privat war es kein gutes Jahr für den Amazon-Chef. Jeff Bezos und seine Ehefrau MacKenzie haben sich getrennt. Im Zuge der Aufteilung ihres gemeinsamen Vermögens erhielt Jeff Bezos 75 Prozent der Amazon-Aktien und zusätzlich die Stimmrechte seiner Ex-Ehefrau. Auch die Beteiligungen an der Washington Post und der Raumfahrtfirma Blue Origin gingen an Jeff Bezos. Damit behält er die Kontrolle über Amazon. Ehefrau MacKenzie Bezos wurde dem Milliardärs-Ranking Bloomberg Billionaires zufolge mit einem geschätzten Vermögen von rund 36 Milliarden Dollar zur viertreichsten Frau der Welt. Jeff Bezos bleibt mit 107 Milliarden Dollar der reichste Mensch der Welt.