Was genau bedeutet Kundenmanagement? In vielen Versicherungsunternehmen steht dieser Begriff für eine reine Kunden-Verwaltung, also eine Datenbank mit diversen Verträgen und Vorgängen der Kunden. Doch rein aufgrund laufender Verträge und weniger Kontaktpunkte, die sich über längere Zeit zwischen Vertragsabschluss und Schadenfall oder Vertragsende ergeben, sind die verfügbaren Daten oft veraltet.
Darüber hinaus existieren oft mehrere Datenbanksysteme für die verschiedenen Risikoträger parallel nebeneinander. Wichtige Lifetime-Events und potenzielle Ansatzpunkte für Vertriebsaktivitäten werden nicht systematisch erfasst; und es existieren nur wenige voll automatisierte Prozesse.
Das Resultat, wenn auf dieser Basis Marketing und Vertrieb ihre Kundenkommunikation und Vertriebsaktivitäten aufzubauen versuchen: Irrelevante Informationen, unpassende Kundenansprachen, falsch adressierte Kundenbedürfnisse oder auch mehrfach zugesendete Schreiben. Dies führt nicht nur zu unnötigen Kosten, sondern vor allem zu unzähligen verschenkten vertrieblichen Chancen - was einen deutlichen negativen Einfluss auf die Erträge der Versicherer hat.
Kunden werden anspruchsvoller
Darüber hinaus treffen Versicherer mit diesem internen Set-up nun auf Kunden, die immer anspruchsvoller werden. Denn die Versicherten haben sich in anderen Lebensbereichen an schnelle und unkomplizierte digitale Services und an automatisierte Empfehlungen gewöhnt. Die heutigen Konsumenten lassen sich immer schwieriger zur Interaktion bewegen, wenn sie nicht das Gefühl haben, einen konkreten Mehrwert zu erhalten.
Zeitgleich gelingt es der Versicherungsindustrie nur schleppend, signifikante Anteile des Versicherungsgeschäfts ins Internet zu verlagern.
Betrachtet man diese beiden Entwicklungen gemeinsam, dann entdeckt man erhebliche Risiken. Zum einen ist fraglich, ob die Versicherungsunternehmen Ihre Umsatzvolumina zukünftig aufrecht halten können, wenn Sie nicht auf diese Entwicklungen reagieren. Zum anderen besteht das Risiko, in Zukunft substanzielle Anteile des Geschäfts an potenzielle neue Marktteilnehmer zu verlieren, die den Versicherten tatsächlich ins Zentrum ihres Handelns stellen.
Die eigene Sicht des Kundenmanagements verändern
"Um diesen Herausforderungen zu begegnen, ist es für Versicherer zunächst wichtig, die eigene Sicht des Kundenmanagements zu verändern", sagt Christian Maier, Enterprise Account Executive bei ServiceNow. "Vereinfacht gesagt, von einer Erfassung hin zu einer aktiven Nutzung von Daten, um eine stetige, hochgradig automatisierte Kundeninteraktion zu ermöglichen, bei der die Interessen der Kunden in den Mittelpunkt stehen."
Christian Maier blickt auf eine mehr als zehnjährige Karriere in der Versicherungsbranche zurück, wo er unter anderem für die Allianz und den HDI in verschiedenen Führungspositionen und als Unternehmensberater tätig war. Sein besonderes Augenmerk liegt darauf, strategische Themen operationell erfolgreich zu verankern und damit Wettbewerbsvorteile für ServiceNow-Kunden zu erzielen.
Wie also kann sich die Versicherungsbranche in diese Richtung bewegen? Aus seiner Erfahrung heraus sieht Maier vor allem zwei Ansatzpunkte: "Erstens müssen wir die Interaktion mit dem Kunden auf ein neues Level heben, schneller reagieren und dabei sicherstellen, dass die gewonnenen Informationen auch genutzt werden. Zweitens ist es für ein jedes Unternehmen wichtiger denn je, das eigene Handeln konsequent nach den Kunden auszurichten - also echte Customer Centricity zu leben", sagt Maier.
Im Endeffekt bedeute dies, gar kein Kundenmanagement mehr zu betreiben, sondern es auf eine gewisse Weise zuzulassen, dass die Kunden das Unternehmen managen, also dass der Bedarf des Kunden die Entscheidungen des Unternehmens treibt und auch steuert. Und um dies zu schaffen, gilt es zunächst einmal wirklich zu verstehen, was die Kunden wollen.
Welche Erwartungen haben Kunden an ihre Versicherungen?
Diese Informationen im Detail zu gewinnen ist ein langwieriger und anhaltender Prozess, der eine intensive Kundeninteraktion erforderlich macht. Hierfür sind entsprechende operationelle Prozesse aufzusetzen, wie ein echtes Beschwerdemanagement kombiniert mit einer regelmäßigen Auswertung der erhaltenen Daten und einer aktiven Befragung der Kunden.
Christian Maier weist darauf hin, dass der Ausbau der bestehenden digitalen Prozesse die Datengewinnung zusätzlich unterstützt, da sich die Anzahl der Kundenkontaktpunkte in der Regel deutlich erhöht, sobald es dem Kunden leichter fällt, mit seinem Versicherer unkompliziert zu interagieren.
"An dieser Stelle stehen wir nun vor der Herausforderung, dass nicht sofort alle Details zur weiteren Schärfung der eigenen Dienstleistung vorliegen", sagt Maier. Daher empfiehlt er, zunächst auf einige wesentliche Verbesserungen zu fokussieren, die als universell betrachtet werden können. Dazu gehört, die Komplexität der angebotenen Lösungen zu reduzieren.
"Die meisten Kunden erleben viel zu komplizierte Prozesse, die oft nur in Teilen oder gar nicht digital verfügbar sind. Rückmeldungen auf Anfragen erfolgen meist erst nach mehreren Wochen. Eine Interaktion zwischen Abschluss und Schadenfall findet kaum statt und Beschwerden werden viel zu oft ignoriert, anstatt sie als wertvolles Kundenfeedback zu betrachten", so Maier. Dadurch seien Kundenkontaktpunkte selten und Kunden erlebten diese meist als kompliziert, zeitaufwendig und lästig.
Wie also kann ein Versicherungsunternehmen in dieser Situation agieren, um die genannten Initiativen aktiv voranzutreiben und die eigene Positionierung zu verbessern?
Workflows schaffen und IT-Ressourcen effizient einsetzen
Die Antwort hierauf sieht Maier in der Automatisierung von Prozessen auf der Basis einer einheitlichen Datenbasis, so sie es die Now Platform von ServiceNow bietet. Dadurch "fließt" die Arbeit besser, wie dies auch das englische Wort "Workflow" wunderbar ausgedrückt. Diese Workflows müssen mit Ihren Backend-Systemen der Versicherer verknüpft sein, damit sichergestellt ist, dass Daten automatisiert erhoben und prozessiert werden. Das Problem dabei: IT-Ressourcen sind knapp, und das erschwert die Umsetzung dieser Maßnahmen.
"Daher empfehlen wir zusätzlich die konsequente Implementierung von Low- und No-Code-Applikationen", sagt Christian Maier. "Diese ermöglichen es auch den Fachbereichen außerhalb der IT, schnelle und unkomplizierte Lösungen und Prozesse zu schaffen, um auf Kundenwünsche rasch regieren zu können und den Workload für die IT Teams erheblich zu reduzieren, da einfache unkomplizierte Lösungen direkt in den betroffenen Abteilungen geschaffen werden können." Doch auch echte IT-Spezialisten profitieren und können durch die Nutzung von Low-Code-Lösungen erhebliche Zeitersparnisse in Ihrer täglichen Arbeit erzielen, indem sie den Programmieraufwand reduzieren.
Wettbewerbsvorteile durch automatisierte Workflows
Christian Maier illustriert den Effekt seiner Vorschläge am Beispiel der Schadenabwicklung. "Schadenmeldungen könnten durch den Kunden in wenigen Minuten komplett abgeschlossen werden, nach der Erfassung in einem entsprechenden Portal, erledigen automatisierte darauf aufsetzende Workflows die weiteren Arbeitsschritte und beschleunigen die Schadensabwicklung. Eine unverzügliche Auszahlung wäre technisch möglich, dies schafft Vertrauen und Kundenzufriedenheit. Natürlich können dabei Maßnahmen zum Schutz der Versicherer implementiert werden wie zusätzliche Approvals oder Betrugserkennung."
Genau auf diese Weise hat übrigens die Basler Versicherung (Baloise) ihre Schadenbearbeitungsprozesse für ihren größten Kunden automatisiert, sodass die Bearbeitung von Versicherungsfällen in wenigen Stunden statt mehreren Tagen erfolgt. Einen ausführlichen Bericht darüber finden Sie hier.