Corona-Arbeitsrecht

Verpflichtendes Fiebermessen am Arbeitsplatz?

23.02.2021
Von 
Hans Königes war bis Dezember 2023 Ressortleiter Jobs & Karriere und damit zuständig für alle Themen rund um Arbeitsmarkt, Jobs, Berufe, Gehälter, Personalmanagement, Recruiting sowie Social Media im Berufsleben.
In drei Verfahren haben Arbeitnehmer gegen Fiebermessen, Maskenpflicht und Corona-Tests ihrer Arbeitgeber geklagt – dreimal gingen sie leer aus.
Vor der Arbeit zum Pflicht-Fiebermessen - ob diese und andere Maßnahmen von Arbeitgebern im Zuge der Corona-Pandemie zulässig sind, wurde vor Gericht verhandelt.
Vor der Arbeit zum Pflicht-Fiebermessen - ob diese und andere Maßnahmen von Arbeitgebern im Zuge der Corona-Pandemie zulässig sind, wurde vor Gericht verhandelt.
Foto: Robert Kneschke - shutterstock.com

Solange ein Impfstoff noch nicht flächendeckend zur Verfügung steht, verlangen einige Unternehmen verpflichtende Fiebermessungen oder Corona-Tests vor dem Betreten des Betriebsgeländes. Ein erstes Arbeitsgericht hatte nun über die Rechtmäßigkeit von verpflichtenden Corona-Tests zu entscheiden. Es wies den Antrag des Arbeitnehmers auf Zugang zum Betrieb ohne Corona-Test zurück. Michael Fuhlrott, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Professor in Hamburg, kommentiert dieses und weitere Urteile.

Fiebermessen als Obligatorium?

Arbeitgeber trifft eine Fürsorgepflicht für ihre Mitarbeiter. Infizierte Mitarbeiter, die krankheitsbedingt ausfallen, stellen damit nicht nur eine finanzielle Belastung für Unternehmen dar, sondern können Infektionsketten im ganzen Betrieb auch zu einer Stilllegung und Betriebsschließung führen. "Teilweise messen Unternehmen daher bei ihren Mitarbeitern die Temperatur vor dem Betreten des Betriebs und denjenigen mit erhöhter Temperatur wird dann kein Zutritt zum Betrieb gewährt", beobachtet Fuhlrott.

Michael Fuhlrott, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Professor in Hamburg: "Corona-Tests sind ein weitaus größerer Eingriff in die körperliche Unversehrtheit als reines Fiebermessen."
Michael Fuhlrott, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Professor in Hamburg: "Corona-Tests sind ein weitaus größerer Eingriff in die körperliche Unversehrtheit als reines Fiebermessen."
Foto: FHM Rechtsanwälte

Diese Mitarbeiter werden sodann regelmäßig durch den Arbeitgeber freigestellt, bis die Symptome abgeklärt sind. "Fiebermessen ist ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers. Gleichzeitig werden dadurch Gesundheitsdaten der Mitarbeiter verarbeitet. Dies ist arbeits- und datenschutzrechtlich nur zulässig, wenn das Interesse des Arbeitgebers das Persönlichkeitsinteresse des Arbeitnehmers überwiegt", so Fuhlrott.

Arbeiten die Mitarbeiter aber eng beisammen und können Sicherheitsabstände aufgrund der Arbeitsabläufe nicht immer eingehalten werden, sprechen gute Gründe dafür, dass der Arbeitgeber eine solche Messung einseitig auch gegen den Willen des Arbeitnehmers anordnen darf. "Besteht ein Betriebsrat, ist dieser allerdings bei der Maßnahme zu beteiligen. Auch müssen die Ergebnisse der Fiebermessung sogleich nach der Zutrittsgewährung gelöscht werden", kommentiert Fuhlrott. Einem Arbeitnehmer, der sich dann einer Temperaturmessung verweigert, kann der Arbeitgeber den Zutritt zum Betrieb aber verwehren. Auch eine Lohnfortzahlung erhielte dieser dann nicht.

Ist ein Pflicht-Corona-Test zulässig?

Einen weitaus intensiveren Eingriff als das Fiebermessen stellen hingegen Corona-Tests dar. Anders als Fiebermessungen können diese nicht kontaktlos erfolgen, sondern setzen einen geringen körperlichen Eingriff in Form eines Abstrichs in Nase oder Rachenraum voraus. Solche verpflichtenden Tests sah ein Unternehmen im Raum Offenbach vor, das mit dem Betriebsrat dazu eine Betriebsvereinbarung über verpflichtende PCR-Tests abgeschlossen hatte.

Der Arbeitnehmer widersetzte sich der entsprechenden Anweisung, einen solchen Test durchzuführen. Er sah sich in seinem Recht auf Selbstbestimmung durch den invasiven Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit verletzt, wie das Arbeitsgericht Offenbach über ein laufendes Eilverfahren berichtet.

Die Klage gegen verpflichtende Corona-Tests wurde zurückgewiesen, weil keine besondere Eilbedürftigkeit dargelegt wurde.
Die Klage gegen verpflichtende Corona-Tests wurde zurückgewiesen, weil keine besondere Eilbedürftigkeit dargelegt wurde.
Foto: Alexander Raths - shutterstock.com

Gerichtlich machte der Arbeitnehmer daher im Wege eines Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz den Zugang zum Betrieb und sein Recht auf Beschäftigung geltend. Mit seinem Antrag war der klagende Arbeitnehmer aber nicht erfolgreich. Die Richter wiesen den Antrag unter anderem deswegen zurück, weil eine besondere Eilbedürftigkeit für eine Entscheidung im Wege vorläufigen Rechtsschutzes nicht dargelegt worden war.

"Verpflichtende Corona-Tests sind von der Eingriffsintensität weitaus höher zu beurteilen als reine Fiebermessungen", so Fuhlrott. "Sie können daher nur zulässig sein, wenn der Arbeitgeber ein besonderes berechtigtes Interesse nachweisen kann. Dies könnte etwa dann der Fall sein, wenn sich der Arbeitnehmer zuvor in einem Risikogebiet aufgehalten hat", erläutert der Hamburger Fachanwalt.

Keine Beschäftigung selbst mit "Maskenattest"

Erst jüngst hatte sich zudem das Arbeitsgericht Siegburg (Urt. v. 16.12.2020, Az.: 4 Ga 18/20) mit der Beschäftigungspflicht eines Arbeitnehmers zu befassen, der aufgrund eines ärztlichen Attests seine Arbeit ohne Maske oder Gesichtsvisier verrichten wollte. Auch dort hatte der Arbeitgeber die Beschäftigung des Arbeitnehmers aus Gründen des Schutzes von weiteren Arbeitnehmern und Kunden abgelehnt und den Arbeitnehmer nach Hause geschickt.

Hiergegen hatte sich der Arbeitnehmer zur Wehr gesetzt und im Wege einstweiliger Verfügung beantragt, ihm die weitere Tätigkeit vor Ort ohne Maske oder Gesichtsvisier zu gestatten. Das Gericht gab auch hier dem Arbeitgeber Recht. "Selbst in Fällen, in denen ein Arbeitnehmer aus medizinischer Indikation keine Mund-Nasen-Bedeckung oder ein Gesichtsvisier zu tragen braucht, kann der berechtigte Infektionsschutz für übrige Mitarbeiter und Besucher das Beschäftigungsinteresse des Einzelnen überwiegen. Der Arbeitnehmer darf dann dem fraglichen Mitarbeiter den Zutritt zur Arbeit verwehren", erklärt Fuhlrott.

Für den Hamburger Arbeitsrechtler macht das Urteil auch deutlich, dass eine pauschal ärztlich attestierte Maskenbefreiung nicht ausreicht, um einen Beschäftigungsanspruch zu begründen. Bemerkenswert an dem Urteil sei zudem, dass nach dem Gericht selbst in Fällen medizinisch begründeter Befreiungen ein Arbeitgeber aus Gründen seiner Schutzpflicht für die übrige Belegschaft einen Arbeitnehmer aussperren dürfe.

Arbeitsrechtliche Fragen während Corona

Weitere Infos rund um Arbeitsrechtsthemen sind erhältlich beim VDAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V.