Biden fordert mehr Schutz von Unternehmen

USA erwarten russische Cyberangriffe

23.03.2022
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Die Gefahr russischer Hackerangriffe auf kritische Infrastrukturen nimmt zu, warnt US-Präsident Joe Biden. Unternehmen müssten mehr für ihre Cybersicherheit tun.
US-Präsident Joe Biden befürchtet russische Cyberangriffe auf kritische Infrastrukturen in den USA und appelliert an die Unternehmen, ihre IT-Sicherheit zu schärfen.
US-Präsident Joe Biden befürchtet russische Cyberangriffe auf kritische Infrastrukturen in den USA und appelliert an die Unternehmen, ihre IT-Sicherheit zu schärfen.
Foto: Haditha26 - shutterstock.com

US-Präsident Joe Biden hat amerikanische Unternehmen vor russischen Cyberangriffen gewarnt und sie aufgefordert, ihre Schutzmaßnahmen zu verstärken. Dem Weißen Haus zufolge verdichten sich die Hinweise darauf, dass der Kreml als Reaktion auf die gegen Russland verhängten Wirtschaftssanktionen Cyberangriffe auf kritische Infrastrukturen in den USA starten könnte. "Russland verfügt über sehr ausgeklügelte Fähigkeiten", sagte Biden.

In einer offiziellen Pressemitteilung lässt sich Biden mit den Worten zitieren, böswillige Cyberaktivitäten seien ein "Bestandteil von Russlands Playbook". Vor allem die Betreiber von kritischen Infrastrukturen wie Energie- und Wasserversorgung sowie das Gesundheitswesen stünden im Visier der Hacker. Viele dieser Unternehmen befinden sich in den USA im Privatbesitz. Biden forderte die Verantwortlichen auf, ihre Cybersicherheit zu intensivieren. "Sie haben die Macht, die Kapazitäten und die Verantwortung, die Sicherheit und die Widerstandsfähigkeit der kritischen Dienste und Technologien zu stärken, auf die sich die Amerikaner verlassen."

Noch bleibt das Bedrohungsszenario allerdings theoretisch. Derzeit lägen keine Beweise für eine konkrete Bedrohung der kritischen Infrastruktur in den USA durch Russland vor, räumte die stellvertretende nationale Sicherheitsberaterin des Weißen Hauses, Anne Neuberger, ein. "Um es klar zu sagen: Es gibt keine Gewissheit, dass es einen Cybervorfall auf kritische Infrastrukturen geben wird", sagte Neuberger anlässlich eines Presse-Briefings.

Hacker suchen nach Schwachstellen

Es gebe jedoch erste Anzeichen, die auf einen Cyberangriff auf kritische US-Einrichtungen hindeuteten. Beispielsweise würden verstärkt Zielnetzwerke gescannt und es werde nach neuen oder bestehenden Software-Schwachstellen gesucht, so Neuberger. Das Weiße Haus habe ein geheimes Briefing mit Hunderten von Unternehmen in "Schlüsselsektoren" abgehalten, bei denen ein erhöhtes Angriffsrisiko zu erwarten ist, fügte die Sicherheitsexpertin hinzu. "Besonders besorgniserregend ist, dass bekannte Schwachstellen, für die wir Patches zur Verfügung haben, weiterhin von raffinierten Cyber-Akteuren genutzt werden, um Unternehmen in den USA und auf der ganzen Welt zu gefährden."

Der US-amerikanische Kongress hat erst kürzlich die Security-Regularien verschärft. Ein neues Gesetz verpflichtet Versorger, Banken und Betreiber anderer kritischer Infrastrukturen, die Regierung innerhalb von 72 Stunden über Cyberangriffe zu informieren. Das Gesetz wird jedoch erst in zwei Jahren in Kraft treten, wenn die Cybersecurity and Infrastructure Security Agency (CISA) des US-Ministeriums für Heimatschutz die Regeln für die Einhaltung der neuen Vorschriften fertiggestellt hat.

Cyberangriffe können echten Krieg verursachen

Dass Russland keine Scheu hat, auf Cyberangriffe zurückzugreifen, wissen die Amerikaner seit langem. Ende Juli 2021 warf US-Präsident Joe Biden Russland vor, sich in die Kongresswahlen 2022 einzumischen. Das Weiße Haus hatte den russischen Präsidenten Wladimir Putin wiederholt aufgefordert, Maßnahmen gegen Cyberattacken russischer Hacker zu ergreifen. Auch den Chinesen wirft die US-Administration vor, Auftragshacker einzusetzen, die für Millionen-Schäden in den Vereinigten Staaten verantwortlich seien.

Für den russischen Machthaber Wladimir Putin sind Cyberangriffe ein probates Mittel für seine aggressive Kriegsführung.
Für den russischen Machthaber Wladimir Putin sind Cyberangriffe ein probates Mittel für seine aggressive Kriegsführung.
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Beide Staaten wiesen die Vorwürfe scharf zurück und beschuldigten im Gegenzug die USA, selbst weltweit Cyberangriffe in großem Stil zu initiieren. Sollte dieser Streit weiter eskalieren, könnte das angesichts der militärischen Aufrüstung auf allen Seiten gravierende Folgen haben. Der US-Präsident selbst warnte vor der wachsenden Bedrohung durch einen echten Krieg. Er könne die Folge eines Cyberangriffs von großer Tragweite sein, so Biden. "Die Wahrscheinlichkeit dafür nimmt exponentiell zu."