Die Uhr tickt. Laut dem Professional-Services-Dienstleister Genpact und dem Analystenhaus HFS Research haben Unternehmen nur zwei Jahre Zeit, um das volle Potenzial von generativer KI auszuschöpfen, bevor Wettbewerbsnachteile für sie entstehen. Das ist das Fazit einer aktuellen Umfrage (PDF) unter 550 Führungskräften aus Unternehmen mit mehr als einer Milliarde Dollar Jahresumsatz aus zwölf Ländern (davon 13 Prozent Teilnehmer aus Deutschland) und acht Branchen.
Wie die Umfrage ergab, befinden sich die meisten Unternehmen zwar noch in der Anfangsphase ihrer KI-Reise, die große Mehrheit investiert aber bereits kräftig in die Erforschung und Erweiterung von KI-Funktionen. "Die GenAI-Innovation schreitet in atemberaubendem Tempo voran, und wir stehen erst am Anfang dieser Entwicklung", so Phil Fersht, CEO und Chief Analyst von HFS Research.
Unterschiedliche Reifegrade
Die Studie unterteilt Unternehmen hinsichtlich ihrer Investitionen und dem Umfang der KI-Implementierung in vier KI-Reifegrade:
Pioniere (5 Prozent) nehmen bei der Integration und der Festlegung von Benchmarks eine Vorreiterrolle ein, weil sie sich von KI-Technologien direkte Effekte auf ihr Wachstum versprechen, etwa einen höheren Marktanteil und Wettbewerbsvorteile.
Fast Followers (27 Prozent) setzen KI strategisch ein, um Effizienzsteigerungen zu erzielen, und konzentrieren sich darauf, KI zur Verbesserung der Kundenerfahrung zu nutzen.
Zögerer und Beobachter (45 Prozent) schieben Investitionen auf, weil sie KI hauptsächlich zur Steigerung der betrieblichen Effizienz und Produktivität nutzen wollen.
Verweigerer (23 Prozent) stehen der generativen KI skeptisch gegenüber und verpassen potenzielle Innovationen.
Zwar verfügen nur 5 Prozent der untersuchten Unternehmen, die Pioniere, über ausgereifte GenAI-Initiativen, laut Studie haben jedoch 61 Prozent der Führungskräfte bis zu 10 Prozent ihrer Technologiebudgets für die beschleunigte Einführung von GenAI vorgesehen und rechnen für das kommende Jahr mit einem weiteren Anstieg um 30 Prozent.
Der Einsatz ist hoch: Laut Studie schichtet gut die Hälfte der Unternehmen Mittel für andere Investitionen um, vor allem aus der IT-Infrastruktur und der Softwareentwicklung, oder verfügt über spezielle Mittel für GenAI.
Gleichzeitig planen 42 Prozent, die erwarteten Effizienzgewinne zu reinvestieren. Dies gilt vor allem für das Gesundheitswesen, den Einzelhandel und die High-Tech-Branche, während es Unternehmen aus dem Banken- und Finanzmarktsektor sowie Versicherungen vorziehen, zusätzliche Mittel für ihre KI-Initiativen bereitzustellen.
GenAI ist mehr als ein Productivity-Tool
"Die beträchtlichen Investitionen in generative KI, die in dieser Studie vorgestellt werden, unterstreichen ihre zentrale Rolle als primärer Katalysator für die zukünftige Wertschöpfung", so HFS-Chef Fersht. Der Beginn des GenAI-Zeitalters bedeute jedoch nicht nur Effizienzsteigerungen, sondern auch die Schaffung eines greifbaren Geschäftswerts, mahnt er an: "Unternehmen sollten den Einfluss von GenAI anhand der Fähigkeit messen, damit Erfahrungen vorherzusagen und anzupassen, bevor sie sich ausschließlich auf Produktivitätssteigerungen konzentrieren."
Diese Erkenntnis ist leider noch nicht bei allen Unternehmen angekommen, wie die Studie ergab: So sehen drei Viertel der Befragten in GenAI zwar einen Beschleuniger für mehr Wertschöpfung, betrachten jedoch die Produktivität nach wie vor als wichtigsten Vorteil. Und (nur) 52 Prozent sind der Meinung, dass eine alleinige Fokussierung auf die Produktivität irreführend ist und die breiteren Vorteile und Fähigkeiten der KI vernachlässigt. Sie befürchten in diesem Zusammenhang mögliche negative Auswirkungen auf die Mitarbeiterzufriedenheit.
"Unsere Untersuchungen zeigen, dass die Mehrheit der Führungskräfte generative KI als Katalysator für mehr Wertschöpfung betrachtet, der nicht nur die Produktivität fördert, sondern auch die Kundenzufriedenheit, das Umsatzwachstum und den Wettbewerbsvorteil", so Balkrishan Kalra, Präsident und CEO von Genpact. "Der grundlegende Wandel wird darin bestehen, wie Unternehmen über Daten und Technologie denken; dies wird die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit und den Erfolg von Organisationen weltweit prägen.