Personalarbeit in einem IT-Startup

Unser Maßnahmen-Mix hat Headhunter-Kosten drastisch reduziert

16.09.2019
Von 
Silvia Hänig ist Kommunikationsberaterin und Geschäftsführerin der iKOM in München.
Das Startup Auxmoney sucht digitale Talente und findet sie mit dank E-Recruiting, Mitarbeiterempfehlungen und Active Sourcing. Ein Gespräch mit Personalchefin Yasmin Kurzhals über neue Wege in der Personalsuche.

Die Personalarbeit in einem Startup gestaltet sich ja vermutlich anders als in Großkonzernen. Was war für Sie die bisher größte Herausforderung in Ihrer jetzigen Funktion?

Yasmin Kurzhals: Wie Sie ja wissen, geht es bei Start-ups vor allem darum, schnell zu wachsen. Dafür brauchen wir natürlich entsprechendes Personal, also die vielgesuchten "digital talents". Und davon benötigen wir nicht etwa 2-3 sondern gleich 10 bis 20 Leute auf einmal. Das ist eine große Herausforderung, zumal ja der Bewerbermarkt so gut wie leergefegt ist. Hinzu kam der Umstand, dass wir am Anfang nur eine Recruiterin hatten, die sich um eine Vielzahl äußerst schwer zu besetzender Vakanzen kümmern musste. Zudem kamen die Fachbereiche im Verlauf des Jahres immer wieder mit neuen Stellenanforderungen auf uns zu, so dass wir gar nicht die Chance hatten, einen vernünftigen Personalplanungs- und Rekrutierungsprozess aufzusetzen.

Und wie sind Sie dieser Herausforderung begegnet?

Yasmin Kurzhals: Ich habe mir diesen Zustand nicht lange angeschaut, sondern gehandelt und eine systematische Personalbedarfsplanung eingeführt. Die sich jetzt als eine Art rollierendes System darstellt, damit wir davon wegkommen, nur einmal im Jahr auf die Planung zu schauen. Zudem haben wir ein Inhouse Recruiting-Team aufgebaut, das uns mittelfristig unabhängig von der Zusammenarbeit mit Personalberatern gemacht hat.

Yasmin Kurzhals, Vice President Human Resources bei Auxmoney GmbH: "Ich habe mir diesen Zustand nicht lange angeschaut, sondern gehandelt und eine systematische Personalbedarfsplanung eingeführt. Die sich jetzt als eine Art rollierendes System darstellt, damit wir davon wegkommen, nur einmal im Jahr auf die Planung zu schauen."
Yasmin Kurzhals, Vice President Human Resources bei Auxmoney GmbH: "Ich habe mir diesen Zustand nicht lange angeschaut, sondern gehandelt und eine systematische Personalbedarfsplanung eingeführt. Die sich jetzt als eine Art rollierendes System darstellt, damit wir davon wegkommen, nur einmal im Jahr auf die Planung zu schauen."
Foto: J. Rolfes

Gab es Bereiche, in denen Sie anfangs improvisieren mussten?

Yasmin Kurzhals: Ja klar, die gab es in der Tat. Aber darauf muss man gewissermaßen vorbereitet sein, wenn man sich auf die Arbeit in einem Startup einlässt. Hier gibt es keine gewachsenen und erprobten Personalkonzepte. Entscheidend ist immer die aktuelle Situation, die morgen schon wieder ganz anders aussehen kann und andere Maßnahmen bedarf. Wir mussten beim Etablieren des Recruiting-Teams improvisieren. Dabei ging es unter anderem auch darum, die Rolle des Talent Acquisition Managers gemeinsam mit dem Team zu entwickeln.

Welche Erfahrungen haben Sie bei der Rekrutierung gemacht (z.B. in der Bewerberansprache oder auch bei den Erwartungen der neuen Mitarbeiter)?

Yasmin Kurzhals: Insgesamt kann man sagen, dass viele Talente ein sehr gutes Qualifikationsprofil haben und sich aufgrund dessen bereits selbst darüber im Klaren sind, wie gut ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt sind. Sie wissen, wenn mir dieser Job nicht taugt, gehe ich zu einem anderen Arbeitgeber. Den meisten kommt es bei der Wahl des Arbeitgebers darauf an, dass diese einhalten, was sie über ihre Netzwerke und Webseiten versprechen. Ein guter Teamspirit, eine tolle Unternehmens- und Arbeitskultur, aber auch die Gestaltungsräume sind den Mitarbeitern wichtig. Nicht zu vergessen ist auch die Führung. Einen Kontroll-Freak als Chef tun sich viele gar nicht mehr an. Die Führungskultur muss einfach zeitgemäß sein und zu den Arbeitsbedürfnissen passen.

In welchen Bereichen setzen Sie auf digitale Tools zur Unterstützung der Personalarbeit?

Yasmin Kurzhals: Wir haben gute Erfahrungen mit dem E-Recruiting Tool Personio gemacht, welches sowohl Rekrutierung als auch HR-Prozesse gut abbildet, zudem können wir damit wichtige KPIs erfassen. Darüber hinaus setzen wir aber auch Online-Sourcing Tools wie Linked-In-Recruiter oder auch XING TalentManager ein.

Und wie gestaltet sich Ihr Rekrutierungs-Mix, um überhaupt eine Bewerber-Pipeline entwickeln zu können? Das kann ja schließlich kostentechnisch auch schnell ausufern.

Yasmin Kurzhals: Bei den Recruiting-Kanälen setzen wir auf einen intelligenten Recruiting-Mix, also einer Mischung aus Active Sourcing, Mitarbeiterempfehlung, einem eigenen Talent Pool, Stellenausschreibungen und Personalberatern. Denn es gibt Positionen, für die wir keine Personalberater brauchen, da es am Markt genügend verfügbare Kandidaten gibt. Suchen wir aber einen Data-Analyst oder PHP Entwickler, kombinieren wir Stellenausschreibungen, Active Sourcing und Mitarbeiterempfehlungen.

Ein intelligenter Recruiting-Mix kann eine Mischung aus Active Sourcing, Mitarbeiterempfehlungen, einem eigenen Talent Pool, Stellenausschreibungen und Personalberatern sein.
Ein intelligenter Recruiting-Mix kann eine Mischung aus Active Sourcing, Mitarbeiterempfehlungen, einem eigenen Talent Pool, Stellenausschreibungen und Personalberatern sein.
Foto: This Is Me - shutterstock.com

Kann man da schon etwas über den Return-on-Investment sagen?

Yasmin Kurzhals: Da auxmoney die Besetzung vakanter Positionen durch eigene Talente fördert und "belohnt", sind die Kosten hier natürlich überschaubar. Was sich insgesamt positiv ausgewirkt hat durch unseren Rekrutierungs-Mix war eine drastische Reduktion der Kosten für Personalberater. So konnten, ausgelöst durch die veränderte Strategie und den Aufbau eines erfolgreichen Inhouse-Recruiting-Teams, die Kosten für externe Headhunter um mehr als 70 Prozent reduziert werden. Über Active Sourcing, Mitarbeiterempfehlungen und den eigenen Talent Pool konnten im vergangenen Jahr insgesamt 60 Prozent unserer offenen Stellen (ca. 100 ) besetzt werden. Und das ist für ein Start-up wirklich ein beachtlicher Erfolg.

Diskussion auf der Zukunft Personal Europe in Köln

Die COMPUTERWOCHE diskutiert am Donnerstag, 19. September auf der HR-Messe Zukunft Personal Europe auf dem Forum Women in Tech ebenfalls über das Thema Personalarbeit in IT-Startups.

Von 12:00 - 12:45 Uhr erzählen drei Personalchefinnen erfolgreicher Startups, mit welchen HR-Strukturen Wachstum gelingen kann: Neben Yasmin Kurzhals Verena Lanzinger von Auxmoney werden Verena Lanzinger von Tadound Susanne Wolf von der Alexander Thamm GmbH mit von der Partie sein.

Vom 17. bis 19. September werden in Köln 20.000 Besucher zur größten HR-Messe Zukunft Personal Europe erwartet. Die COMPUTERWOCHE diskutiert am Donnerstag 19. September auf dem Forum Women in Tech (Halle 3.2.) auch über das Thema Personalarbeit in IT-Startups.
Vom 17. bis 19. September werden in Köln 20.000 Besucher zur größten HR-Messe Zukunft Personal Europe erwartet. Die COMPUTERWOCHE diskutiert am Donnerstag 19. September auf dem Forum Women in Tech (Halle 3.2.) auch über das Thema Personalarbeit in IT-Startups.
Foto: Peter Porst Zukunft Personal