Universitätskliniken haben die Besonderheit, dass sie Hochleistungsmedizin, Lehre und Forschung vereinen. Entsprechend hoch sind auch die Erwartungen, was Entwicklung, sowie Innovationen in der Krankenhauswelt angeht. Diesem Anspruch gerecht zu werden, ist für das Universitätsklinikum Frankfurt (UKF) allerdings nicht einfach.
So befand sich das UKF – wie generell drei von vier Krankenhäusern in Deutschland – zuvor lange in einem "Investitionsstau". Das gesamte IT-Budget ist gerade so ausreichend für den IT-Betrieb des Universitätsklinikums, so dass innovative Projekte nur über Förder- oder Drittmittelfinanzierungen möglich sind. "Erschwerend kommt hinzu, dass wir uns mitten in der Bankenmetropole befinden, weshalb wir als öffentliche Institution im Personalmanagement das Nachsehen haben und die Branche Gesundheitswesen generell kaum wahrgenommen wird", erklärt CIO Jens Schulze.
Digitalisierung ist kein Selbstzweck
Umso wichtiger war es bei dem 2018 gestarteten Projekt "Digitales Universitätsklinikum Frankfurt – Aus Wissen wird Gesundheit", die Digitalisierung nicht als Selbstzweck zu sehen: Nur was einen medizinischen Vorteil bringt oder Ressourcen spart, wird umgesetzt, so die Devise. Außerdem werden die späteren Nutzer zu jedem Zeitpunkt in die Entwicklungsprozesse eingebunden, um den Mehrwert der jeweiligen Projekte aus erster Hand zu beurteilen.
"Die Integration der zukünftigen Anwender beginnt bei der Ausarbeitung der Ideen in gemeinsamen Workshops, geht über regelmäßige Reviews in den Projekten bis hin zur gemeinsamen Steuerung der Inbetriebnahme", erläutert Chief Medical Information Officer Michael von Wagner. Das Universitätsklinikum Frankfurt ist eine der ersten Universitätskliniken in Deutschland, die neben dem CIO parallel einen CMIO haben. Somit wird im Universitätsklinikum Frankfurt die grundlegende IT-Strategie aus der Anwendungsvertretung in Form des CMIO und der IT-Vertretung in Form des CIO gemeinsam festgelegt.
Digitales Universitätsklinikum Frankfurt
Das vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst mit 21,3 Millionen Euro unterstützte Projekt läuft bis 2022 und besteht aus 14 Teilprojekten, die verschiedenste Facetten der Patientenversorgung, Forschung und des Hintergrundbetriebs des Universitätsklinikums abdecken. Zahlreiche davon konnten mittlerweile bereits auf den Weg gebracht oder weitestgehend abgeschlossen werden, viele weitere sind in der Realisierung und erfahren durch den technologischen Wandel kontinuierliche Veränderungen beziehungsweise Anpassungen.
Ein wesentliches Ziel war es, mit dem "Digitalen Universitätsklinikum Frankfurt" weg von den einzelnen hochspezialisierten Insellösungen hin zu einer zentralen Interoperabilitätsplattform zu kommen. Diese soll das Andocken aller an der Versorgung beteiligten Akteure ermöglichen, um den digitalen Datenaustausch zu realisieren.
Als zentrale Basis für diese Plattform wurde dazu mittels einer standardisierten IHE-Infrastruktur eine herstellerunabhängige Plattform zum digitalen standardisierten Datenaustausch aufgebaut. Über diese Plattform bildet die Uniklinik auch die Datenintegration für Forschung und Lehre – ein weiteres der 14 Teilprojekte – als Anwendung ab.
Weitere Anwendungen, die über die zentrale Interoperabilitätsplattform abgebildet werden, sind zum Beispiel das Patientenportal zur Interaktion des Universitätsklinikum mit seinen Patienten und der Ende-zu-Ende-verschlüsselter Messenger-Dienst für die simultane Übertragung von Chats in die bereits 2013 eingeführte zentrale elektronische Patientendokumentation (Patientenakte). Mit dieser in Deutschland erstmalig in einem Krankenhaus realisierten Chat-Funktion wird sichergestellt, dass relevante medizinische Informationen zur Patientenbehandlung nicht mehr verloren gehen.
Das sagt die Jury:
"Ein holistisches Projekt, welches sich durch eine hohe Prozesskomplexität auszeichnet." |
Vorreiter in Sachen SAP APM Fiori
Auch in der Verwaltung kommt die digitale Prozessoptimierung zum Tragen: Im Rahmen eines Teilprojekts führte das UKF im Februar 2021 als Deutschlands erstes Krankenhaus SAP APM Fiori ein. Waren zuvor noch verschiedene Programme oder Papierdokumente notwendig, um bei den verschiedenen Stellen im Haus zu ordern, bündelt die Anwendung nun alle Anforderungen digital - von der Büroklammer über die Pipette bis hin zum Medikament. In den weiteren Ausbaustufen soll außerdem die digitale Stationsdokumentation beispielsweise von Betäubungsmitteln, Implantaten und übrigem medizinischen Sachbedarf möglich sein. (kf/rs)
Die 14 Teilprojekte
|