In Zusammenarbeit mit Alexander Böhm, Jörg Pfannenberg und Katharina Ariane Beyersdorfer.
Geschäftsberichterstattung
Die Relevanz gedruckter Geschäftsberichte nimmt ab. Sie werden in immer geringerer Stückzahl aufgelegt und oft nur noch an einen ausgewählten Personenkreis verteilt.
Dagegen rückt der digitale Geschäftsbericht zunehmend in den Fokus. Dabei hat die Entwicklung digitaler Geschäftsberichte vielfältige Formen angenommen. Die Schweizer Geschäftsberichts-Bibliothek systematisiert die Berichtstypen beispielsweise wie folgt: vom PDF (zum Beispiel bei Palfinger) über Online-Berichte (zum Beispiel bei Geberit) bis hin zur Berichts-App (zum Beispiel bei Bertelsmann). Dazwischen gibt es unterschiedliche Mischformen - beispielsweise reduzierte, Image-lastige Online-Berichte plus Komplett-PDF wie bei Deutsche Post DHL.
Die Wahl der richtigen Medienauswahl ist vom Medienverhalten der Zielgruppen abhängig. Institutionelle Investoren und Analysten wollen vor allem effizient mit einem Bericht arbeiten. Sie setzen auf gewohnte Strukturen und einfache Weiterverarbeitung der Daten. Empirisch (vgl. Thomson Reuters, 2010) hat sich gezeigt, dass sie vor allem auf PDF zurückgreifen und sich dort die Zahlen ziehen.
Privatanleger interessieren sich hingegen eher für den freien Teil, das Vorwort, das Management-Kapitel, aber auch für den Konzernabschluss und die Bilanz (vgl. Breitenberger-Cerny, 2012). Bei Apps ist zu beachten, dass iPhone und iPad bei Financial Professionals deutlich beliebter sind als in der Gesamtbevölkerung. Gleichzeitig ist das überdurchschnittlich hohe Alter von Privatanlegern einzukalkulieren, die abseits technischer Innovationen noch traditionelle Online-Medien wie Desktop-PC oder klassische Notebooks bevorzugen (vgl. Zerfaß et al., 2012).
Spezifische Einflussfaktoren wie bereits bestehende technische Lösungen oder Image-Komponenten geben im Einzelfall den Ausschlag für ein (weiteres) Medium. Generisch lässt sich die Bedeutung einzelner Medien in einer Relevanzmatrix abhängig von der Aktionärsstruktur bewerten.
Multimediale Earnings Presentation
Earnings Calls oder Bilanzkonferenzen können im Zeitalter des Social Web auf der IR-Website zum Download zur Verfügung stehen - gerade für Investoren aus anderen Zeitzonen, die der Präsentation nicht beiwohnen können. Webcasts liefern synchronisiert die Folien der Präsentation mit den Statements der Unternehmensführung. Die Audio- und Video-Elemente verleihen der sonst sehr technischen Vorstellung Human Touch.
In den USA entwickeln sich die Ergebnisberichterstattungen hin zu interaktiven Video-Livestreams, beispielsweise bei Netflix oder Yahoo. In Deutschland bieten unter anderem Daimler, ThyssenKrupp und Siemens Video-Livestreams von IR-Events an.
Begleitung Hauptversammlung
Zwischen den stark formalisierten Kommunikationsformaten der Investor Relations sticht die Hauptversammlung als Diskursplattform heraus. Für Unternehmen, die diesen offenen Diskurs schätzen, bieten sich soziale Medien zur Unterstützung an. Die organisatorischen Voraussetzungen für einen intensiven Austausch stehen grundsätzlich - in Gestalt des Back Office - bereits zur Verfügung. Durch die Integration von Social Media lässt sich der Diskursraum aber über die Versammlungsöffentlichkeit hinaus erweitern.
Verschiedene Medien und Formate wurden dazu bisher verwendet:
Der Webcast bietet einen Livestream der HV und liefert allen Zugang, die nicht vor Ort sein können - zu sehen etwa bei Lufthansa.
Über Twitter liefern IR-Manager zeitgleich zum aktuellen Geschehen Beiträge für Retweets und gehen gegebenenfalls auf Nutzerkommentare ein. Ein eigener Hashtag zum Event ordnet die Online-Diskussion. Über Twitterwalls wird der Diskurs geordnet, wie dies beispielsweise RWE macht.
Im IR-Blog ordnen IR-Manager die Ereignisse der Veranstaltung ein oder legen Verbindungslinien zu anderen Unternehmensthemen der Hauptversammlung dar. Dell hat dies über mehrere Jahre praktiziert.
In Communities werden das Stimmungsbild und auftauchende kritische Themen erfasst, sodass IR darauf entweder direkt oder in eigenen Kanälen reagieren kann.
Online-Q&A-Session
Livestreams der Earnings Presentations oder auf Hauptversammlungen erlauben Online-gestützte Q&A-Sessions. Sie lassen sich transparent über Hashtags (Twitter) oder Cashtags (Stocktwits) organisieren, gut zu sehen bei Ford, Zillow oder Twitter.
Wer sicherstellen will, dass nur Investoren Feedback-Möglichkeiten bekommen, kann die Einladung mit Login-Code per E-Mail verschicken und einen Chat auf der IR-Website einrichten. Die eingehenden Fragen der Online-User werden anschließend zu einer überschaubaren Zahl von übergeordneten Fragen verdichtet und am Ende der Q&A-Session vom Vorstand beantwortet. Gängige Praxis ist es zudem, schon mehrere Tage im Voraus Fragen entgegenzunehmen.