Privatisierung

Toshiba wird für rund 15 Milliarden Dollar verkauft

24.03.2023
Von 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 
Eine Investorengruppe, angeführt von Japan Industrial Partners (JIP) will den Tech-Konzern Toshiba für 15,3 Milliarden Dollar kaufen und privatisieren.
Toshiba soll nach der Übernahme durch eine Investorengruppe privatisiert werden.
Toshiba soll nach der Übernahme durch eine Investorengruppe privatisiert werden.
Foto: max.ku - shutterstock.com

Der Vorstand von Toshiba stimmte einem Übernahmeangebot in Höhe von zwei Billionen Yen (15,3 Milliarden Dollar) zu. Die Käufer sind eine Investorengruppe unter der Führung von Japan Industrial Partners (JIP), wie Nikkei Asia berichtet. Dazu zählen 17 japanischen Unternehmen, darunter die Finanzdienstleistungsgruppe Orix, der Chiphersteller Rohm, Chubu Electric Power und sechs inländische Finanzinstitute sowie ausländische Investoren.

Die Privatisierung von Toshiba

Mit Annahme des Übernahmeangebots stellt der Toshiba-Vorstand die Weichen für eine Privatisierung des angeschlagenen Industriekonzerns. Dabei liegt das Kaufangebot zehn Prozent über dem Börsenpreis vom Donnerstag. Werden alle kartellrechtlichen und behördlichen Hürden gemeistert, soll Toshiba nach der Übernahme von der Tokioer Börse genommen werden.

Milliardenverluste

Vom Laptop-Pionier zum Sanierungsfall - Toshiba hat seit Jahren finanzielle Probleme.
Vom Laptop-Pionier zum Sanierungsfall - Toshiba hat seit Jahren finanzielle Probleme.
Foto: Sunshine Seeds - shutterstock.com

Für Toshiba könnte damit eine längere finanzielle Durststrecke enden, bei der das Unternehmen oft am Rande der Insolvenz stand. So geriet Toshiba 2015 in eine Finanzkrise als jahrelange Bilanzfälschungen aufflogen.

Offenbar gab es seit 2008 Anweisungen zur "kreativen Buchführung". 2017 sorgte dann die Insolvenz der US-amerikanischen Kernkraftwerkstochter Westinghouse Electric für ein finanzielles Loch in Höhe von neun Milliarden Dollar.

In der Folge musste sich Toshiba von seiner Speicherchipsparte trennen. Sie ging für rund 15 Milliarden Euro an ein Konsortium unter Führung des US-Investors Bain.

Die Japan-Connection

Danach geriet Toshiba, so die Darstellung eines Vorstandsmitglieds gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk Japan NHK, immer mehr unter den Einfluss von ausländischen Investoren. Sie würden mittlerweile etwa 25 Prozent der Anteile besitzen, mit negativen Auswirkungen auf das Unternehmen.

So hätten die ausländischen Investoren, von dem Vorstandsmitglied despektierlich "Aktivisten" genannt, die Unternehmensstrategie beeinflusst und das Management verwirrt. 2020 sei es dann auf der Hauptversammlung zum offenen Konflikt zwischen Anteilseignern und Management gekommen.

Ziel der Privatisierung sei es deshalb, den Einfluss der ausländischen Investoren zurückzudrängen. Unter dem Dach einer "Japan-Koalition", so berichtet NHK weiter, solle die Zukunft von Toshiba gesichert werden.

Auswirkungen auf die IT-Industrie

Auch bei der Festplattensparte von Toshiba läuft es nicht rund. 2022 verkauft Toshiba fast 40 Prozent weniger HDs.
Auch bei der Festplattensparte von Toshiba läuft es nicht rund. 2022 verkauft Toshiba fast 40 Prozent weniger HDs.
Foto: M. Age Bagaskoro - shutterstock.com

Offen ist, welche Auswirkung die Übernahme auf die IT-Industrie hat. So ist Toshiba neben Seagate und Western Digital einer der letzten verbliebenen Festplattenhersteller. Allerdings verkaufte Toshiba 2022 im Vergleich zum Vorjahr rund 39 Prozent weniger Festplatten.

Bereits 2019 hatte Toshiba seine SSD-Sparte verkauft. 2020 hatte sich Toshiba zudem nach 35 Jahren endgültig aus dem Notebook-Geschäft verabschiedet und die letzten Anteile an der Sparte an Sharp verkauft.

Ursprünglich war Toshiba einmal der Laptop-Pionier der Branche. So hatten die Japaner 1985 mit den T1100 den weltweit ersten Laptop auf den Markt gebracht - mit einem Gewicht von 4,1 Kilogramm, was ein Siebtel des Gewichts eines damaligen Desktop-Rechners war.