Mobile Apps aus der Cloud

Telekom verkauft Salesforce – und hostet es auch

07.07.2014
Von 
Karin Quack arbeitet als freie Autorin und Editorial Consultant vor allem zu IT-strategischen und Innovations-Themen. Zuvor war sie viele Jahre lang in leitender redaktioneller Position bei der COMPUTERWOCHE tätig.
Der Cloud-Anbieter Salesforce.com hat die Deutsche Telekom AG beziehungsweise deren Dienstleister T-Systems als Vertriebs- und Hosting-Partner für Deutschland, Österreich und die Schweiz ausgewählt.

Vor einigen Monaten angekündigt, ist die Partnerschaft jetzt aktiv. Die Papierarbeit ist getan, der erste Referenzkunde soll demnächst angekündigt werden.

Demzufolge wird T-Systems ab dem kommenden Jahr ein deutsches Data-Center für die Plattform "Salesforce 1" bereitstellen. Zudem wird sie die in Form mobiler Apps bereitgestellten Lösungen aus Customer-Relationship-Management, Service-Management und Marketing auch vermarkten - vorzugsweise an bestehende Kunden, so Michael Müller-Berg, bei T-Systems für das Thema Partner Sales verantwortlich,

RZ-Standort ist ein emotionales Thema

Viele Marktbeobachter vermuten, dass Salesforce auf diese Weise versucht, Vertrauen bei der notorisch Cloud-kritischen deutschen Kundschaft zu gewinnen. Als Telekom-Tochter genießt der IT-Dienstleister T-Systems einen guten Ruf. Und das deutsche Datenschutzrecht ist ein starkes Argument zugunsten eines heimischen Rechenzentrums. Wo genau die Kapazität bereitgestellt werden soll, ist angeblich noch nicht spruchreif. Aber als ein heißer Kandidat wird aber das neue Telekom-Rechenzentrum in Biere bei Magdeburg gehandelt.

Joachim Schreiner, Senior Vice President für die DACH-Region bei Salesforce.com, hält das Argument der vertrauensbildenden Maßnahme für überstrapaziert.Das Thema RZ-Standort habe zwar "emotionalen", aber keinen "technischen" Wert. Wichtiger sei das "Go to Market", sprich: der Vertriebsteil des Abkommens. "Wir sehen uns nicht mehr als amerikanische Marke", schickt der deutsche Salesforce-Chef hinterher: "Aber eine deutsche Identität hat nicht unbedingt mit Sicherheit zu tun."

In den rund 15 Jahren seines Bestehens hat sich Salesforce.com von einem Anbieter Cloud-basierender CRM-Werkzeuge zum Mittelpunkt eines "Ökosystems" aus Entwicklungs- und Dienstleistungspartnern entwickelt. Auf diese Weise gräbt das immer noch junge Unternehmen etablierten Softwareanbietern allmählich das Wasser ab. Mit Wachstumsraten von mehr als 30 Prozent pro Jahr gewinnt es mittlerweile auch eingeschworene SAP-Anwender als Nutzer. Vorzeigekunden wie CocaCola und Roche Diagnostics betreiben im Back-end durchaus SAP-Lösungen, am Kunden-Frontend hingegen Salesforce-Werkzeuge.

10.000 Vertriebler auf einen Schlag

Die Telekom bedeutet auch insofern eine gute Partnerwahl, als sie seit längerem schon einen Cloud-Marktplatz für Softwarelösungen betreibt. "Gemeinsam mit Salesforce.com erweitern wir unser Angebot für einfache und wirtschaftliche Cloud-Lösungen, insbesondere für den starken Mittelstand in unserem Land", so der Telekom-Vorstandsvorsitzende Timotheus Höttges anlässlich der "Salesforce World Tour" in München. Schreiner dagegen freut sich über 10.000 potenzielle Vertriebsmitarbeiter auf einen Schlag, die er bei Salesforce.com "so schnell nicht hätte einstellen können".

In Großbritannien und Frankreich hat sich Salesforce.com für andere Partner entschieden. Dafür soll aber das Abkommen mit der Telekom mittelfristig auch auf den Mittleren Osten und Afrika ausgedehnt werden.

Stefan Ried, Vice President und Principal Analyst bei Forrester Research, hat sich in seinem Blog (http://blogs.forrester.com/stefan_ried/14-07-03-deutsche_telekom_and_salesforcecom_the_advent_of_a_saas_colocation?cm_mmc=RSS-_-BT-_-71-_-blog_1882)

intensiv mit dem Abkommen auseinandergesetzt. Er verweist unter anderem darauf, dass T-Systems ähnliche Partnerschaften auch mit anderen Partnern wie Microsoft (Office 365) und SAP (Hana) unterhält. Dank dieser "Colocation" könnte der Dienstleister nicht nur effizient arbeiten, sondern seinen Kunden auch ein ganzes Portfolio von Lösungen anbieten. Zudem sei die Telekom in der günstigen Lage, das Risiko der Investition weitgehend Salesforce.com überlassen zu können.