Für Skeptiker und Zweifler hat Roger Voland, Senior Vice President GK-Transformation bei der Telekom, eine klare Botschaft: "Die Telekom will bis Ende 2018 ihre gesamte Technik auf IP umstellen und bedeutet unwiderruflich das Ende von ISDN und klassischer Telefonie." Dabei ist die Telekom durchaus auch vom Markt getrieben, denn immer weniger Hersteller bieten noch ISDN-Equipment oder klassische Vermittlungstechnik an. Vereinzelt ist schon zu hören, dass zudem die Ersatzteilversorgung bereits Probleme bereite.
Betraf die All-IP-Umstellung anfangs primär Privatkunden, so geht die Telekom jetzt auch die Geschäftskunden an. So will der Konzern bis Ende 2015 22 Prozent seiner zwei Millionen Geschäftskunden, die drei Millionen Anschlüsse betreiben, auf die IP-Technik migrieren. Derzeit stellt der Konzern pro Woche rund 70.000 Anschlüsse auf IP um.
All-IP-Migration
Eine Migration, die auch im Business-Umfeld nicht ohne Probleme abläuft. Deshalb hat die Telekom ein 5-Punkte Migrationskonzept entworfen, das unter anderem auch zwei Kundenworkshops vorsieht. Schwierigkeiten bei der Umstellung erwartet die Telekom etwa bei Prozess-Schnittstellen, Alarmanlagen, Aufzügen, älteren Kassensystemen etc. Über den Daumen gepeilt geht man davon aus, dass auf die Anwender wohl Kosten in Höhe von 200 bis 300 Euro zukommen, um solche Legacy-Anwendungen für die IP-Welt fit zu machen. Je nach Unternehmensgröße und Zahl der Anwendungen könnten von Fall zu Fall auch mehrere Tausend Euro anfallen. Ein Invest, den die Telekom nicht mitträgt. Grundsätzlich empfiehlt Transformationsspezialist Voland: "Wir raten All-IP richtig nativ zu machen und in IP-Equipment zu investierten, statt auf Zwischenkrücken zu setzen."
- Versteckte Fallen bei der VoIP-Migration vermeiden
Die Tage der klassischen TK-Anlage sind gezählt. Läuft der Vertrag aus, dann soll meist auf VoIP migriert werden. Johann Deutinger, Vorstand Ferrari electronic, zeigt die potenziellen Problemfelder und gibt dazu Tipps. - 1. Pilotinstallation
Wie kann ein kleineres Unternehmen zu maßvollen Kosten evaluieren, ob die IP-Telefonie alle Ansprüche erfüllt? Die beste Möglichkeit ist hier eine Pilotinstallation. Eine vorkonfigurierte Lync-Appliance kann helfen, mit geringen Kosten und wenig Aufwand die Lösung im eigenen Unternehmen zu erproben. Solche Appliances ("Lync-in-a-box") gibt es von verschiedenen Herstellern und sie eignen sich über den Test hinaus auch, um eine begrenzte Zahl an Anwendern, etwa einen Standort oder eine Abteilung dauerhaft auf IP zu migrieren. - 2. Migration
Es gibt Beispiele für generalstabsmäßig geplante Migrationen auf Lync über Nacht, im Regelfall gehen Unternehmen jedoch nach einer Pilotinstallation inkrementell vor. Sie prüfen in der Praxis, ob alle Systeme eine immer weiter erhöhte Zahl an Benutzern bei gleichbleibender Qualität unterstützen. Traditionell schaltet man dabei die IP-Telefonanlage hinter die TK-Anlage - 4. Türöffner
Zu den analogen Endgeräten, die durch klassische TK-Anlagen gesteuert werden, gehören nicht selten Tür- oder Schrankenöffner. Es sieht einfach und alltäglich aus, auf einen Knopf zu drücken, um eine Tür zu entriegeln. Aber auch mit diesen Endgeräten kann Lync nicht kommunizieren, genauso wenig wie andere IP-Telefonanlagen. - 5. Fax
Laut einer Umfrage von Ferrari electronic halten selbst heute 82 Prozent der Unternehmen den Kommunikationsweg Fax für unverzichtbar. Dabei geht es selten um Papierfaxgeräte, sondern meist um Computerfax und Faxserver. Hier gibt es bei einer Migration grundsätzlich die Alternativen, eine eigene Amtsleitung für das Fax beizubehalten oder neben der Telefonie auch das Fax auf IP zu migrieren (Fax-over-IP). - 6. Alarmanlage
Technisch gesehen ist auch die Alarmanlage nur ein weiteres analoges Endgerät, und die Liste dieser Endgeräte ließe sich beispielsweise mit Frankiermaschinen auch noch erweitern. Doch die Alarmanlage ist in vielen Branchen ein besonders heikler Punkt. Es gibt nur wenige für IP zertifizierte Modelle. - 7. Unified Communications
Zusammengefasst: Nur weil die Telefonie in Zukunft auf IP basiert, heißt das noch nicht, dass man auf analoge Technologien bereits komplett verzichten kann. Bei vielen typischen Migrations-Herausforderungen geht es um die intelligente Übersetzung von SIP in analoge Signale und umgekehrt.
Anwender, die der vielbeschworenen ISDN-Zuverlässigkeit nachtrauern, beruhigt Voland: "Die All-IP-Anschlüssen für Geschäftskunden haben eine Verfügbarkeit von 98,x Prozent." Gegen Aufpreis könne der Business-Kunde auch All-IP-Verträge mit einer höheren Verfügbarkeit erhalten. Im Störungsfall verspricht die Telekom der Business-Klientel eine garantierte Entstörung innerhalb von acht Stunden. Optional mit anderen SLAs ist eine Entstörfrist von vier Stunden erhältlich.
Nicht so gut sieht es dagegen in Sachen TK-Anlagen-Unterstützung und Cloud-Telefonie aus. Eine SIP-Trunk-Lösung für die Anbindung von TK-Anlagen soll laut Voland erst zur CeBIT 2016 verfügbar sein. Und eine Cloud-Lösung, bei der Telekom als Cloud PBX bezeichnet, folgt erst zur IFA 2016. Ihr All-IP-Angebote vermarktet die Telekom unter dem Label "DeutschlandLAN".
DeutschlandLAN der Telekom
Mit "DeutschlandLAN IP Start" und DeutschlandLAN IP Voice/Data" stellt dieTelekom ihren kleinen und mittelständischen Geschäftskunden entsprechende lP-basierte Anschlüsse bereit. Bei "DeutschlandLAN IP Start" erhalten die Kunden eine Internet-Flatrate mit Maximalgeschwindigkeiten von bis zu 200 Mbit/s (Download) und bis zu 100 Mbit/s im Upload. Dazu gehört eine Flatrate für Telefonate ins deutsche Festnetz sowie zwei Sprachkanäle. Telefonate ins deutsche Mobilfunknetz kosten 13,9 Cent netto pro Minute. Ferner sind mit "Mail & Cloud M" E-Mail-Postfächer mit einer Größe von 15 GB plus 50 GB Online-Speicherplatz im Telekom Mediencenter inbegriffen. Ebenfalls neu ist das Komplettpaket "DeutschlandLAN IP Voice/Data" in den drei Varianten S, M und L, jeweils inklusive drei Flatrates: für Telefonate ins deutsche Festnetz, ins Festnetz 18 weiterer Länder sowie für den Internet-
Zugang. Je nach Paket runden Flatrates für Telefonate ins Mobilfunknetz den Leistungsumfang ab.