Firmen brauchen Kompromissbereitschaft

Suche nach Datenexperten bleibt schwierig

26.06.2018
Von 
Silvia Hänig ist Kommunikationsberaterin und Geschäftsführerin der iKOM in München.
Mit Big Data liegen in vielen Industrien hinreichend Daten vor. Die Fähigkeit, diese sinnhaft zu kombinieren und zu interpretieren, ist allerdings Mangelware. Um daher geeignete Kandidaten zu finden, müssen Unternehmen kompromissbereit sein und auch auf Freiberufler zurückgreifen.
Daten sind das neue Gold. Nur fehlt es Unternehmen an qualifizierten Mitarbeitern, die die wertvollen Daten auswerten und interpretieren können.
Daten sind das neue Gold. Nur fehlt es Unternehmen an qualifizierten Mitarbeitern, die die wertvollen Daten auswerten und interpretieren können.
Foto: ESB Professional - shutterstock.com

Irgendetwas mit Computern zu machen, klingt schon mal nach einer guten Karriereempfehlung, wenn dann noch das Hantieren mit Daten hinzukommt, steht einer rosigen beruflichen Zukunft nichts mehr im Wege. "Die heutige Datenanalyse hat ihren historischen Ursprung in der IT. Das fing mit dem Speichern aller Informationen über Tabellensysteme an, woraus sich später das Thema Data Warehouse entwickelte", beschreibt Simon Alborz, der seine berufliche Laufbahn in der IT startete und jetzt für den Personaldienstleister Hays Datenspezialisten in Festanstellung vermittelt. "Mit den Trends Big Data und Data-Driven-Business kam schließlich die Intelligenz ins Datenmanagement." Diese Beobachtung dürfte zum Teil auch erklären, warum die Datenanalyse bis jetzt noch eng mit der IT verwoben ist. Und warum die Qualifikation, die man zum reinen Sammeln der Daten benötigt, bei der aktuellen Suche nach den Datenexperten keine große Rolle mehr spielt.

Der geschäftliche Wert der Daten steigt

Im Gegenteil, die Aggregation unzähliger Datenmengen in Unternehmen hat sich mittlerweile zu einem hoch automatisierten Bereich entwickelt. Was die Datensammlung verhältnismäßig günstig macht, dafür aber deren Volumen auf eine schier unermessliche Größe anwachsen lässt. Einschlägige Studien rechnen heute schon vor, dass es bis zum Jahr 2025 zu einer Datenexplosion von sage und schreibe 163 Zettabyte kommen wird.

Mit dieser zunehmenden Verfügbarkeit von Daten und Informationen wächst für die Firmen gleichzeitig auch der Druck, diese für die eigene geschäftliche Entwicklung zu verwenden - und dass möglichst gewinnbringend. Dabei scheinen die geschäftlichen Potenziale in nahezu jeder Branche ebenso riesig zu sein, wie die Menge der Daten an sich.

Die Hotelbuchungs-Plattform erhofft sich von der Datenanalyse spezifische Aussagen zu den Buchungsvorlieben der Nutzer. Das Krankenhaus möchte mittels eines verbesserten Datenmanagements mehr Kostenvorteile erzielen. Dafür braucht es Angaben zu den Durchlaufzeiten eines Patienten, um die Bettenkapazitäten besser zu planen. Die Mobilitätsanbieter erhoffen sich bei der Interpretation von Daten mehr Einblick in das individuelle Nutzungsverhalten ihrer Fahrzeughalter. "Für alle Vorgänge, in denen Daten aus der Interaktion von Nutzern entstehen, gibt es Muster, die es zu erkennen und deuten gilt", weiß Simon Alborz. Genau dafür suchen viele Unternehmen verzweifelt die entsprechende Expertise am Markt.

Dats Scientist, Daten-Analyst und Daten-Architket

Der Big Data,- oder Daten-Analyst formt sein Profil mit seiner Aufgabenstellung. Anders als beispielsweise ein Ingenieur, dessen Tätigkeitsfeld im Wesentlichen eine klar umrissene Ausbildung zugrunde liegt.
Der Big Data,- oder Daten-Analyst formt sein Profil mit seiner Aufgabenstellung. Anders als beispielsweise ein Ingenieur, dessen Tätigkeitsfeld im Wesentlichen eine klar umrissene Ausbildung zugrunde liegt.
Foto: everything possible - shutterstock.com

Wobei sich das Berufsbild gerade in Bezug auf die Analyse und Interpretation von Daten bereits entsprechend ausdifferenziert hat. "Es ist schwierig von einem festen Berufsbild zu sprechen, zumal ganz unterschiedliche Aspekte ineinanderlaufen", so der Bereichsleiter.

Was den Datenspezialisten anbelangt, hängt laut Personalvermittler die Qualifikation letztlich davon ab, in welcher Form die Rohdaten im Unternehmen bereits vorliegen oder aufbereitet wurden.

Ein Data Scientist geht zum Beispiel eher wissenschaftlich an die Sache heran. Ein Data Scientist verfügt erfahrungsgemäß über eine naturwissenschaftliche Ausbildung, da er mathematische sowie statistische Formeln und Grundlagen braucht, um die Datenmuster zunächst überhaupt herleiten zu können.

Suchen Firmen hingegen gezielt den Daten-Architekten, kommt es ihnen auf die Modellierung und Zuordnung der Datenmengen an. Diese sollte zudem immer in enger Absprache mit der IT erfolgen. Ohnehin sind IT-Kenntnisse für jede Art von Daten-Expertise nur von Vorteil. Man stelle sich nur vor, aus der IT werden seitenweise Quellcodes geliefert, die es auszulesen gilt.

Oder gesetzt den Fall, die Datenbanken der Server-Infrastruktur sind veraltet. Wenn der Experte den Betrieb der Datenerhebung dauerhaft sicherstellen soll, muss er auch infrastrukturtechnisch wissen, was zu tun ist. Daran lässt sich unschwer erkennen: ein Data-Architekt kümmert sich eher um das konzeptionelle Datenmanagement und ist in seiner Tätigkeit nah am Data-Scientist.

Ganz anders gestaltet sich wiederum das Tätigkeitsfeld des klassischen Daten-Analysten. Er kommt dann ins Spiel, wenn es darum geht, das Big Picture zu erkennen. Konkret bedeutet das, er muss die meist erfolgskritische Transferleistung zwischen den Zahlenkolonnen der Rohdaten und kryptischen Tabellen erbringen und so die Brücke zum Vorstandsmeeting und Business-Mehrwert schlagen. Sein Hauptaugenmerk gilt also Fragen wie: Haben wir alle relevanten Informationen zum Kunden, welche müssten wir zusätzlich erheben, um einen passgenauen digitalen Service entwickeln zu können?

Begehrte Daten-Analysten

Bevor das allerdings stattfinden kann, müssen die Firmen diese rare Spezies am Arbeitsmarkt erst einmal finden und ihren Bedarf an die Verfügbarkeit anpassen. Denn viele von ihnen haben noch kein Gespür dafür, welche Fähigkeiten überhaupt abrufbar sind. Besonders eng wird es, wenn Firmen vom gesuchten Datenanalysten neben seiner fachlichen Qualifikation ebenfalls fundierte Branchenkenntnisse in das Stellengesuch einpflegen. "Da wird es auch für uns als Vermittler schwierig", weiß Simon Alborz und fügt hinzu: "Wir müssen uns im Dreieck zwischen Fachkompetenz, Branchenwissen und realistischen Gehaltsvorstellungen bewegen."

Im Fall des Daten-Analysten muss der Personalvermittler aber an einer dieser drei Schrauben drehen, ansonsten wird es schwer, die Anforderungen der Kunden zu erfüllen. Nach den Erfahrungen von Alborz wächst die Kompromissbereitschaft der Firmen mit der Dringlichkeit, die Position zu besetzen. Je länger die Besetzung hinausgezögert wird, umso teurer wird es für die Auftraggeber. "Wir raten immer zum Kompromiss. Das Schließen eines Defizits, etwa durch fachliche Weiterqualifizierung, ist immer günstiger als langes Warten auf den Idealkandidaten." In solchen Notsituationen biete sich an, den Spezialisten-Engpass mit einem Freiberufler zu überbrücken. Das hat den klaren Vorteil, dass diese selbständigen Experten sofort eingesetzt werden und im Projekt arbeiten können, und zwar so lange, bis der Vermittler einen geeigneten Kandidaten für die Festanstellung gefunden hat.

Ohnehin dürfte sich der aktuelle Nachfrageüberhang in Bezug auf die Datenanalysten in Zukunft noch verschärfen. Denn gerade im Umfeld der großen Technologietrends wie Blockchain und Künstliche Intelligenz wird es immer stärker um die Analyse von Daten für mehr Effizienz sowie die Weiterentwicklung des Geschäftes gehen. Der Personaldienstleister Hays hat das erkannt und richtet seinen Expertenpool darauf aus. "Hier wollen wir unseren Fokus setzen, entsprechende Leute vorhalten, Netzwerke schaffen, um im Bedarfsfall schnell reagieren zu können", lässt Berater Alborz durchblicken.