Informatik-Bachelor

Studieren im Akkord

13.08.2009
Von 
Ingrid Weidner arbeitet als freie Journalistin in München.
Florian Matthes lehrt an der TU München Informatik. Der Studiendekan erklärt, was sich durch Bachelor und Master verändert hat.

CW: Bieten Sie an der TU München in Informatik (Bachelor) die gleichen Inhalte wie im Diplomstudium, nur in kürzerer Zeit?

Florian Matthes, TU München: "Die Prüfungsordnung legt den Studenten Daumenschrauben an."
Florian Matthes, TU München: "Die Prüfungsordnung legt den Studenten Daumenschrauben an."
Foto: Florian Matthes

Matthes: Uns war wichtig, dass ein Bachelor-Studium berufsqualifizierend ist. Deshalb haben wir das Curriculum komplett überarbeitet. Einige Themen der höheren Mathematik wurden beispielsweise in das Master-Studium verschoben, um die Studienanfänger nicht abzuschrecken. Software-Engineering steht dafür schon im zweiten Semester auf dem Stundenplan. Wir möchten mit den neuen Studienabschlüssen auch die Abbrecherquote reduzieren und versuchen deshalb, das Fach so spannend wie möglich zu gestalten.

CW: Die TU9-Initiative erhebt den Master zum Regelabschluss für technische Studienfächer. Was empfehlen Sie den TU-Studierenden?

Matthes: Wir unterstützen die Initiative und empfehlen, den Master gleich anzuhängen. Momentan liegt die Quote der Studierenden, die sich nach dem Bachelor für ein Master-Studium bewerben, bei 80 Prozent; im kommenden Semester sind es hoffentlich 90 Prozent. Denn wer einige Jahre viel Geld verdient, dem fällt es schwerer, sich wieder an das Studentenleben zu gewöhnen. Nur im Fach Wirtschaftsinformatik ist es sinnvoll, nach dem Bachelor erst einmal Berufserfahrung zu sammeln.

CW: Mancher Berufsverband hört solche Empfehlungen nicht gerne, denn die Industrie wünscht sich junge Absolventen. Welche Argumente gibt es für den Master?

Matthes: Es sind die hochqualifizierten Jobs, die in Deutschland bleiben. Dafür benötigen wir gut ausgebildete Leute, die über das nötige theoretische Wissen verfügen, um Ideen und Projekte voranzubringen. Ich halte es für eine Vergeudung von Talenten, wenn wir den besten Studenten diese Option auf mehr Bildung ausreden.

CW: Neben der Wissensvermittlung soll eine Universität nach dem Bildungsideal von Humboldt auch zur Persönlichkeitsbildung beitragen. Bleibt den Studenten in Zeiten von engen Studienplänen und Credit Points noch Zeit, eine neue Sprache zu lernen, Berufserfahrung zu sammeln oder ein Auslandssemester zu absolvieren?

Matthes: Der Bologna-Prozess begünstigt eine Verschulung und reduziert die Chancen auf einen Auslandsaufenthalt. Die Prüfungsordnung legt den Studenten zusätzlich Daumenschrauben an. Hier brauchen wir mehr Flexibilität. Anderseits wundere ich mich über das hohe Sicherheitsbedürfnis, gerade was Auslandsaufenthalte angeht. Viele wollen vorab von mir genau wissen, welche Scheine ihnen anerkannt werden, und haben Angst, dass sie ein Semester verlieren könnten. Trotz zahlreicher komfortabler Förderprogramme zeigen nur wenige Interesse ins Ausland zu gehen. Dass Praktika notwendig sind, ist in den Köpfen der Leute fest verankert. Doch eine längere Lernzeit in einem anderen Land halten viele für überflüssig. Die Studenten sind sehr zielstrebig. Für das Ausland bleibt in ihrer Karriereplanung keine Zeit, was ich sehr schade finde, denn gerade dort könnten sie die gewünschten sozialen Kompetenzen trainieren.

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