Noch vor zwei Monaten war beim Earnings Call von Amazon kaum eine Rede von künstlicher Intelligenz. Das hat sich mit der Ankündigung des neuen Service Bedrock sowie des GitHub-Copilot-Konkurrenten CodeWhisperer grundlegend geändert.
Dabei ist es natürlich nicht so, dass Amazon Web Services (AWS) zuvor nichts mit KI zu tun hatte - im Gegenteil: Der Konzern setzt seit Jahrzehnten auf die Technologie, war nach den Ankündigungen und (teilweisen) Erfolgen von Microsoft und Google aber unter Zugzwang geraten. Für RedMonk-Chefanalyt James Governor ist beispielsweise "OpenAI das neue AWS".
OpenAI als neues AWS?
Wenn Governor OpenAI als "das neue AWS" bezeichnet, meint er damit die potenziellen Auswirkungen großer KI-Sprachmodelle auf die Softwareentwicklung. Für den Analysten stellen insbesondere "AWS, Open Source und GitHub" bisherige Revolutionen der Entwicklerproduktivität dar. Mit LLMs befinde man sich nun erneut an einem solchen Punkt, weil die Sprachmodelle die Hürden für die Produktivität von Entwicklern absenkten - ähnlich wie Open Source und die Cloud. Dabei gehe es jedoch in erster Linie darum, den Bereich des Lernens zu optimieren: "Künstliche Intelligenz macht es einfacher als je zuvor, schnell neue Skills zu erlernen."
Geht es darum, der Produktivität der Developer mit künstlicher Intelligenz auf die Sprünge zu helfen, hat sich in letzter Zeit jedoch vor allem Microsoft - nicht AWS - hervorgetan. Der Kauf von GitHub und der Erfolg von Visual Studio haben Microsoft in Kombination mit der großangelegten Integration von ChatGPT in seine Services in die Pole Position befördert. Governor drückt es so aus: "Jeder Entwickler der ChatGPT verwendet, läuft auf Azure. Wie wäre es mit einer Toolchain, die Azure als Ausschlusskriterium für Entwickler eliminiert, um Anwendungen in GitHub und Visual Studio Code zu entwickeln?"
Microsoft habe mit Azure gute Arbeit geleistet, müsse aber gegenüber AWS noch aufholen. Indem es das Anwendungserlebnis verbessere und die "undifferenzierte Schwerstarbeit" des Nachsinnens über die zugrundeliegende Cloud-Infrastruktur beseitige, habe Microsoft die Möglichkeit, "ein einmaliges Entwicklererlebnis zu schaffen, das AWS endlich richtig zu schaffen macht", analysiert Governor.
Wie dieser Kampf auch ausgeht: Die Developer stehen schon jetzt auf der Siegerseite. (fm)
Dieser Beitrag basiert auf einem Artikel unserer US-Schwesterpublikation Infoworld.