Noch wenige Personaler haben Social Recruiting bisher wirksam und sinnvoll in ihre Prozesse integriert. In Summe ist das Ergebnis endloser Diskussionen, Fachkonferenzen und Denkschriften deshalb mehr als ernüchternd. Denn vielmehr als eine riesige verspielte Chance, die hellsten Köpfe und vielversprechendsten Talente per innovativen Ansatz an das eigene Unternehmen zu binden, ist bisher vom Buzzword "Social Recruiting" nicht geblieben. Das muss sich ändern.
Die Hauptursache für den schwierigen Stand von Social Recruiting ist meines Erachtens ein grundsätzliches Missverständnis des eigentlichen Konzepts. Viele Unternehmen glauben heute schon, dass sie wirksame Social-Recruiting-Prozesse etabliert haben. Stellenausschreibungen werden online gepostet, auf Facebook geteilt und möglicherweise sogar auf einem unternehmenseigenen Twitter-Kanal veröffentlicht. Was will man mehr? Social Recruiting in seiner reinsten Form. Eben nicht! Tatsächlich verlangt echtes Social Recruiting eine ganz neue Denke, einen Transformationsprozess, der die traditionelle Arbeitsweise von HR-Verantwortlichen auf den Kopf stellt.
Vier grundsätzliche Eigenschaften machen meines Erachtens eine echte Social Recruiting Strategie aus:
Regelmäßigkeit: Hie und da ein Jobangebot online zu stellen, oder mal einen Tweet zu senden, hat nichts mit Social Recruiting zu tun. Echtes Social Recruiting lebt von häufigen Beiträgen, in mehreren Netzwerken. Das schafft dauerhafte Sichtbarkeit und erhöht die Bekanntheit in der jeweiligen Zielgruppe nachhaltig.
Mundpropaganda: Social Recruiting ist vor allem eines: sozial. Arbeitgeber müssen über ihre sozialen Kanäle ein umfassendes Netzwerk aufbauen, das die Netzwerke aktueller und früherer Mitarbeiter verbindet und integriert. Das schafft ein vielversprechendes Social Recruiting Fundament. Die Qualität dieser Basis ist entscheidend für den Erfolg bei der Akquise neuer Talente.
Transparentes Anreizsystem: Mitarbeiter lassen ihre eigenen sozialen Kanäle nur dann in eine Social-Recruiting-Strategie einspannen, wenn sie selbst partizipieren können und ihr Engagement honoriert wird. Deshalb muss sichergestellt werden, dass Mitarbeiter für jede Empfehlung stets eine Gegenleistung, in welcher Form auch immer, erhalten.
Automatisierung: Die Schlüsselkomponente einer ernstzunehmenden und konkurrenzfähigen Social-Recruiting-Plattform ist die Möglichkeit zur Automatisierung einfacher und immer wiederkehrender Aufgaben wie etwa die aufwändige Erstellung von Reports. Nur so gewinnen Personalverantwortliche wertvolle Zeit, um sich mit komplexen Sachverhalten auseinanderzusetzen und sich vollumfänglich ihrer eigentlichen Aufgabe, der Identifizierung und Bindung von Talenten, zu widmen.
- Ganz klassisch
Früher lief Recruiting so: Stellenanzeige in einer überregionalen Zeitung und dann ... - Recruiting früher
... beten und auf passende Bewerbungen warten. - Bewerbungen
Unter diesen Bewerbungen konnte man dann den passenden neuen Mitarbeiter auswählen. - Zum Bewerber
So läuft es heute nicht mehr. Unternehmen müssen dorthin, wo die Bewerber sich aufhalten. - Direktansprache
Sie sprechen Bewerber zum Beispiel ganz gezielt über Xing an. - Active Sourcing
Besonders größere Unternehmen bauen Active Sourcing-Abteilungen auf, die gezielt Kontakt zu Kandidaten aufbauen. - Modernes Recruiting
Moderne Formate für eine gezielte Ansprache von möglichen Bewerbern sind zum Beispiel Programmierveranstaltungen.
Jobausschreibungen achtlos in den sozialen Äther zu kippen kann keine tragfähige Strategie sein. Social Recruiting lebt von Gesprächen zwischen Bewerbern und denjenigen, die das eigene Unternehmen am besten kennen und damit gleichzeitig seine größten Fürsprecher sind: die eigenen Mitarbeiter.
Trotz der damit verbundenen Herausforderungen und dem technischen Aufwand muss die Prämisse bei der Bewerberpflege in sozialen Netzwerken immer die menschliche und authentische Kommunikation, die individuelle Ansprache des Einzelnen, sein.
Social Recruiting ist beileibe kein Selbstläufer und bloße Theorie ist nicht genug. Ein tragfähiges Konzept bedarf steter Kontrolle und Verbesserung im Praxiseinsatz. Gemeinsam mit unseren Partnern feilt auch unser Unternehmen deshalb beständig an unserem Social Recruiting Ansatz. Regelmäßig überprüfen wir auf Live-Veranstaltungen vor Ort, wie Social-Recruting-Aktivitäten bei häufig adressierten Zielgruppen - etwa Studenten - wirklich ankommen. Neben dem Erfahrungsaustausch dienen diese "Social Slams" uns und den teilnehmenden HR-Professionals in erster Linie dazu, eine besonders wichtige Frage zu beantworten: Funktioniert unsere Social-Media-Strategie? Hört uns die Zielgruppe, die wir erreichen wollen - meist Millenials, zwischen 18 und 35 - überhaupt zu? Genau dieser Perspektivwechsel, hin zu den Bedürfnissen des adressierten Talentpools, macht den für wirksames Social Recruiting notwendigen Transformationsprozess im Personalwesen aus. (bw)