Manager im Stress

Social Media kann E-Mail nicht ersetzen

16.06.2016
Von 
Werner Kurzlechner lebt als freier Journalist in Berlin und beschäftigt sich mit Rechtsurteilen, die Einfluss auf die tägliche Arbeit von Finanzentscheidern nehmen. Als Wirtschaftshistoriker ist er auch für Fachmagazine und Tageszeitungen jenseits der IT-Welt tätig.
Die E-Mail-Flut nervt Manager und Mitarbeiter. Soziale Netzwerke können laut Studien zwar entlasten, aber sie können die E-Mail in absehbare Zeit nicht ersetzen.
  • Sogar junge Mitarbeiter halten E-Mail für effektiv
  • In 90 Prozent der Firmen quellen aber die Postfächer über
  • 62 Prozent der Führungskräfte sind genervt von sinnfreien Meetings
  • Berater empfehlen stattdessen Kurzbesprechungen im Stehen
Die Grafik zeigt, wie die E-Mail den Arbeitsalltag vieler prägt.
Die Grafik zeigt, wie die E-Mail den Arbeitsalltag vieler prägt.
Foto: Sopra Steria

Die Bundeskanzlerin hat über Jahre einen Begriff geprägt, der für viele zum Unwort schlechthin geworden ist: Alternativlosigkeit. Die Kritik an dem omnipräsent gewordenen Verdikt versteht sich leicht: Alternativen gibt es eigentlich immer, in der politischen Sphäre zumal. Gegen diese Kritik würden Merkelianer einwenden, dass aber womöglich sämtliche Alternativen fatale Folgen haben könnten - und eben deshalb Alternativlosigkeit herrscht. In jedem Fall alternativlos, zumindest auf absehbare Zeit, ist die E-Mail als vorherrschendes Kommunikationstool in den Unternehmen.

E-Mails überfordern Führungskräfte

Man muss genau das im Lichte zweier Studien als Quintessenz betonen, weil ein flüchtiger Blick auf die Studienergebnisse das Gegenteil nahezulegen scheint. In der "Potenzialanalyse Ease Unlimited" nämlich hat Sopra Steria Consulting ermittelt, dass die E-Mail-Flut viele Fach- und Führungskräfte überfordert. Und in einem wissenschaftlichen Artikel von Peter W. Cardon, University of Southern California, und Bryan Marshall, Georgia College, wird in Aussicht gestellt, dass Web 2.0-Kanäle die elektronische Post in Sachen Nutzung überholen könnten.

Passieren könnte das - man achte auf den Konjunktiv - in einem Zeitraum von zehn Jahren. So lange herrscht naturgemäß bei allen Mängeln Alternativlosigkeit, was ja nicht gleich bedeutend ist mit Perfektion. Zumal Cardon und Marshall, die 227 Business-Profis befragten, alles in allem zu überraschenden guten Zensuren für die E-Mail kommen: "Im Allgemeinen zeigen die Resultate, dass traditionelle Kommunikationskanäle häufiger genutzt werden [als soziale Netzwerke] und für die Team-Kommunikation als effektiver gelten."

83 Prozent finden E-Mail effektiv

Neben dem direkten Gespräch und dem Telefonat zählt die E-Mail längst zu den traditionellen Kanälen. Zumindest in den kommenden Jahren bleibt sie laut Cardon und Marshall am Arbeitsplatz der kommunikative Königsweg. Dafür sprechen die Zahlen: Auch von den Mitarbeitern mit Zugang zu sozialen Netzwerken nutzen 85 stündlich ihr elektronisches Postfach, 83 Prozent aus dieser Gruppe finden die Mail-Kommunikation effektiv.

Generation X und Generation Y unterscheiden sich kaum

Wichtiger noch sind zwei andere Zahlen. Man muss vorab einen weiteren zentralen Befund der Studie aus den USA kennen, die unter anderem nach Altersgruppen differenziert. Aus Sicht von Befragten aus der Generation X (31 bis 50 Jahre) und aus der Generation Y (21 bis 30 Jahre) ist es demnach wahrscheinlich, dass in Zukunft Social Media-Tools das wichtigste Werkzeug in der Team-Kommunikation sein werden. Nur: 90 Prozent aus eben diesen Altersgruppen geben selbst im Vergleich der E-Mail den Vorzug, nur 42 Prozent halten Texting oder Instant Messaging für ein effektives Mittel der Kommunikation mit Kollegen. Nur ein Viertel aller Befragten übrigens arbeitet momentan in einem Unternehmen, das eine Infrastruktur für Social Networking überhaupt bereithält.